Die Deutsche Flugsicherung (DFS) macht betroffenen Anwohnern wenig Hoffnung, dass es rund um den Hamburger Flughafen künftig leiser wird. Die Grünen üben scharfe Kritik an den Äußerungen der DFS.
Fuhlsbüttel. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hat den Einwohnern von Stadtteilen, die unter Fluglärm leiden, nur geringe Hoffnungen auf eine rasche Änderung des Zustands gemacht. An- und Abflugrouten von Flugzeugen müssten unter anderem mit einer Fluglärmschutzkommission, dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung und dem Bundesjustizministerium beraten werden, sagte Christine Schierhorn, DFS-Chefin in Hamburg, am Dienstag . Dieser Abstimmungsprozess, der gesetzlich vorgeschrieben sei, dauere gut und gern 18 Monate. „Es reicht nicht, dass der Hamburger Senat erklärt, wir möchten das.“
Die Grünen reagierten prompt mit scharfer Kritik: Die Äußerungen der DFS stehen im deutlichen Widerspruch zu den Ausführungen, die die DFS bei der Expertenanhörung im Umweltausschuss am 28. Januar gemacht hatte, wie Dr. Anjes Tjarks, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen Bürgerschaftsfraktion, erklärte: „Wir sind überrascht und verärgert über die Erklärungen der Deutschen Flugsicherung. Gerade in Bezug auf die verkürzten Anflüge unterscheiden sich die die Äußerungen erheblich. Alle Beteiligten waren guten Willens, einen tragfähigen Konsens zu finden. Dies steht aber in Frage, wenn die deutsche Flugsicherung sich nicht an die gemachten Aussagen hält. Sie hätte durchaus die Möglichkeit, die Zahl der verkürzten Anflüge zu senken. Für die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner ist der Rückzug der DFS in den Schützengraben eine herbe Enttäuschung.“
Die DFS hatte auf dem Umweltausschuss in Bezug auf die verkürzten Anflüge erklärt, dass die Wirtschaftsbehörde die neuen Anflugverfahren in das deutsche Luftfahrthandbuch einbringen müsse. Dieser Vorgang könne nach Einigkeit der Beteiligten „schnell gehen“. Die Deutsche Flugsicherung kündigte zudem an, dass sie in den Tagesrandzeiten die Vermeidung der verkürzten Anflüge durch „interne Vorgaben“ verändert habe.
„Es drängt sich zunehmend das Gefühl auf, dass die DFS sich ohne deutlich strengere politische Vorgaben nicht bewegt. Ohne klare und auch schärfere Spielregeln wird die Flugsicherung auch in Hamburg der Stadt weiter auf der Nase herumtanzen und machen, was sie will. Wir haben einen gemeinsamen Beschluss der Bürgerschaft und erwarten jetzt vom Senat, dass dieser auch entsprechend umgesetzt wird“, so Tjarks weiter.
Die Grünen erwarten von der SPD-Fraktion bis zum Senatsbericht im Oktober, dass konkrete Maßnahmen zum Lärmschutz umgesetzt werden.
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der von Anwohnern des Flughafens erhobenen Beschwerden über Fluglärm gestiegen. Im Jahr 2013 waren es mehr als 4500. Bewohner der Hamburger Stadtviertel Duvenstedt, Bergstedt und Poppenbüttel vermuten, dass Flugzeuge vermehrt ihren Anflug auf Fuhlsbüttel aus Zeit- und Kostengründen verkürzen und daher über ihre Stadtteile hinweg fliegen.
Der Umweltausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft beschloss Anfang April einen Zehn-Punkte-Plan zur Verbesserung des Lärmschutzes. Darin wird gefordert, auf verkürzte Lande- und Sichtanflüge zu verzichten. Von Airlines wird verlangt, leisere Flugzeuge einzusetzen. Zudem müsse der Flughafen seine Betriebszeiten zwischen sechs und 23 Uhr genauer einhalten und Landeentgelte noch mehr als bisher am Flugzeuglärm orientieren.
Die Forderung, verkürzte oder Sichtanflüge nur noch im Ausnahmefall zuzulassen, wies Schierhorn zurück. Das sei im Interesse eines sicheren und flüssigen Luftverkehrs nicht möglich. „Die Fluglotsen benötigen die Flexibilität eines breiten Korridors“, sagte Schierhorn und fügte hinzu: „Die Abschaffung von kurzen und Sichtanflügen ist ein Versprechen der Politik, das wir so nicht umsetzen können.“
Nach Angaben der DFS-Expertin fädeln 60 Prozent der Flugzeuge, die Hamburg anfliegen, ihren Endanflug gut 20 Kilometer vor Hamburg ein (siehe Grafik). Bei etwa 40 Prozent der Maschinen beginnt der Endanflug in einer Entfernung zwischen 7,5 und 13 Kilometern von der Landebahn. Die Bürger in den Walddörfern erhoffen sich von einem Verzicht auf die kürzeren Landeanflüge eine Minderung des Fluglärms.
Schierhorn verwies darauf, dass man derzeit sehr genau untersuche, ob eine Lärmminderung wirklich eintreten würde. Klar sei aber, dass der Fluglärm lediglich an einen anderen Ort außerhalb der Grenzen von Hamburg verlagert würde. „Lärm ist nicht minderbar, sondern nur verschiebbar“, sagte die Expertin. Dann müssten beispielsweise die Einwohner von Bargteheide mit mehr Fluglärm rechnen. „Die Belastung für Orte unterhalb des Endanflugs wird damit auf der gesamten Länge erhöht.“
Vor dem Beschluss des Umweltausschusses der Bürgerschaft habe es mehrfach Gespräche mit Politikern gegeben. Die DFS-Experten hätten deutlich gemacht, dass der Spielraum für eine Veränderung der Endanflüge gering sei. „Es war ein rein politischer Beschluss“, so Schierhorn. „Man ließ sich von Experten nicht beeinflussen.“
In der Fluglärmschutzkommission, der etwa 25 Mitglieder angehören, sind Hamburger Bezirke genauso vertreten wie schleswig-holsteinische Gemeinden, der Flughafen und Airlines. Die Kommission berät die DFS bei der Festlegung der An- und Abflugverfahren. Dabei spielen auch Schleswig-Holsteins Interessen eine Rolle.
DFS-Sprecher Axel Raab verwies darauf, dass Flugrouten durch mehrere Komponenten bestimmt würden. In Hamburg wehe beispielsweise an 70 Prozent der Tage im Jahr der Wind aus dem Westen. Da Flugzeuge aber „gegen“ den Wind landeten, seien Anflüge aus östlicher Richtung unvermeidbar.
Zudem setze die DFS bereits eine Reihe von Maßnahmen um, den Fluglärm zu reduzieren. So ermöglichten die Fluglotsen bei der Betreuung der Flugzeuge einen kontinuierlichen Sinkflug. Da hierbei die Triebwerkleistung auf 35 Prozent reduziert sei, entstehe weniger Lärm und werde weniger Kerosin verbraucht. Das funktioniere aber nur bei geringem Verkehrsaufkommen.
Nach den Worten von Schierhorn sind Kurzanflüge zwischen sechs und acht Uhr an Sonn- und Feiertage bereits untersagt. Nach 22.30 Uhr dürften die Fluglotsen den Piloten erst ab einer Flughöhe von 3000 Metern die Erlaubnis erteilen, die Route zu verlassen.
Der Hamburger Flughafen gilt neben dem Airport in Kopenhagen als wichtige Drehscheibe im Flugverkehr Nordeuropas. Im vergangenen Jahr wurde er im Durchschnitt von täglich rund 37.000 Passagieren genutzt. Pro Tag starteten oder landeten im Durchschnitt 394 Flugzeuge. Der Gewinn des Flughafens lag im Jahr 2013 bei 37,3 Millionen Euro. Die Stadt Hamburg hält 51 Prozent an dem Unternehmen.