In Harburg toben Gewitter, im Norden ist es schön – ein Starkregen spaltet die Stadt. Meteorologen erklären, wie es zu diesen Wetterunterschieden kommt.

Harburg. Südlich der Elbe tobt ein Unwetter – doch der Norden kommt glimpflich davon. Am Mittwochabend spaltete sich die Stadt in zwei Regionen: In Harburg musste die Feuerwehr nach einem schweren Gewitter pausenlos ausrücken, um die Wassermassen abzupumpen. Im Norden aber blieb die Lage ruhig, hieß es bei den Einsatzkräften.

Solche Wetterphänomene sind auch in Hamburg häufiger zu beobachten. In Wandsbek schüttet es aus Kübeln, während in Harburg alles trocken bleibt. Verfügt die insgesamt 1094 Kilometer lange Elbe über die Kraft einer Wetterscheide? Nimmt der Strom einen solchen Einfluss auf das Wetter, wie es sonst nur Gebirge vermögen? Dort kommt es auf der dem Wind zugewandten Luv-Seite zu stärkeren Niederschlägen als auf der Lee-Seite.

Fest steht: Die Feuerwehr hatte am Mittwochabend ausschließlich südlich der Elbe zu tun. Die Retter rückten zwischen 18 und 21.30 Uhr zu 124 sogenannten wetterbedingten Einsätzen aus, insgesamt waren 250 Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr und der Berufsfeuerwehr mit 50 Fahrzeugen beteiligt. Zum Vergleich: Als Orkantief Christian Ende Oktober über Hamburg fegte, rückte die Feuerwehr mit mehr als 1000 Rettern aus – allerdings im gesamten Stadtgebiet. „Für uns war es eine alles in allem angespannte, aber überschaubare Lage, eher Hamburger Alltagsgeschäft“, sagte Feuerwehrsprecher Martin Schneider.

Rund 100 Mal wurde die Feuerwehr alarmiert, weil mit Wasser vollgelaufene Keller ausgepumpt werden mussten oder das Wasser in den Straßen zentimeterhoch stand. Üblicherweise entfernt die Feuerwehr in solchen Fällen das Sieb aus dem Gully am tiefsten Punkt der Straße, sodass das Wasser schnell und ungehindert abfließen kann. 23 Mal drohten Äste oder Bäume auf Straßen oder in Gleise zu fallen.

Ob da unten die Elbe fließt, interessiert eine Kaltfront nicht

Am Ohrnsweg, nahe des S-Bahnhofs Fischbek, kippte ein Baum um und begrub einen VW-Bus unter sich, an der Haakestraße in Heimfeld stand ein Pflegeheim drei Zentimeter unter Wasser. Besonders aufwendig gestaltete sich der Einsatz in einer Tiefgarage am Hans-Dewitz-Ring, dort verzeichnete die Feuerwehr einen Wasserstand von mehr als 20 Zentimetern. 25 Feuerwehrleute waren rund vier Stunden im Einsatz, um das Wasser abzupumpen. In Hamburgs Norden dagegen? Nichts. Die Feuerwehr musste nicht ausrücken.

Wetterexperten wie Gerhard Lux, Sprecher des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach, und Frank Böttcher, Chef des Instituts für Wetter- und Klimakommunikation in Hamburg, sind sich einig, dass die Elbe einen kleinräumigen Einfluss auf das Wetter hat. Schon die große Freifläche, wo der Wind fast ungebremst wehen kann, führe zu lokal begrenzten Folgen. „Auch wirken die großen Wasserflächen im Frühling und Sommer geringfügig kühlend und im Herbst ein bisschen wärmend auf die Elbufer-Region“, sagt Böttcher. Ein weiterer Mikro-Effekt ist zum Beispiel im Herbst zu beobachten: Wenn das noch etwas warme Elbwasser verdunstet, bilden sich über dem Strom Nebelfelder, die über der Landfläche nicht auftreten. „Im Kleinen“, sagt DWD-Sprecher Lux, „hat die Elbe einen Einfluss auf das Wetter, im Großen aber nicht." Am Ende sei es dann vor allem Zufall, wo der stärkste Niederschlag fällt.

Am Ende ist es meistens Zufall, wo der stärkste Niederschlag fällt

Beide Meteorologen gehen aber davon aus, dass die Elbe keine Wetterscheide mit großräumigem Einfluss ist. „Ob da unten die Elbe fließt, interessiert eine Kaltfront nicht“, sagt Lux. Der Wetterverlauf werde in mehreren Kilometern Höhe entschieden. „Die Elbe ist jedenfalls keine Wettergrenze, wie oft angenommen wird“, sagt Frank Böttcher. Dass dies tatsächlich ab und zu der Fall ist, sei „ein Effekt der verlängerten Küstenlinien von Nord- und Ostsee – und Zufall.“

Das Gewitter mit Starkregen und heftigen Windböen hatte am Mittwoch gegen 18 Uhr begonnen. Augenzeugen berichteten, dass es immer wieder geschüttet habe wie aus Eimern, dass sich Straßen in Sturzbäche verwandelt hätten und zahlreiche Gullys übergelaufen seien. Die Schäden hielten sich allerdings in Grenzen. „Die Fahrbahnen und Gehwege, die heute von uns gereinigt wurden, waren nicht außergewöhnlich verschmutzt. Es gab auch keine außergewöhnlichen Reinigungseinsätze im Zusammenhang mit dem Gewitter“, sagte Reinhard Fiedler, Sprecher der Stadtreinigung Hamburg.