Vor einem Jahr meldete die Baumarktkette Insolvenz an. Wettbewerber können Umsatz steigern. Die meisten guten Standorte sind in die Hände anderer Betreiber übergegangen, oft ebenfalls Baumärkte.
Hamburg. Für Albrecht Hornbach, Chef der drittgrößten Baumarktkette in Deutschland, haben die Pleiten von Praktiker und Max Bahr auch ihre guten Seiten. „Das hat Druck aus dem Markt genommen“, sagt Hornbach. Und weil die deutschen Heimwerker bei schönem Frühlingswetter eifrig pflanzten, hämmerten und sägten, verkündete der Firmenchef für das erste Quartal des Geschäftsjahres ein Umsatzplus von 16 Prozent. Der Gewinn stieg noch deutlicher. Ähnlich sieht es bei Hagebau aus: 16,7 Prozent flächenbereinigtes Umsatzplus der Märkte von Januar bis Mai. Mit den übernommenen Märkten von Praktiker und Max Bahr stieg der Außenumsatz um mehr als 35 Prozent. „Wir sind extrem gut in dieses Jahr gestartet“, sagt Heribert Gondert, Sprecher der Geschäftsführung.
Das Insolvenzverfahren dürfte erst in einigen Jahren abgeschlossen sein
Vor einem Jahr waren noch mehr als 300 Baumärkte unter den Namen Praktiker, Max Bahr sowie Extra-Bau+Hobby am Markt. Am 10. Juli meldete der Praktiker-Konzern, er sei überschuldet und zahlungsunfähig, am Tag darauf folgte der Insolvenzantrag. Der lange und kalte Winter 2013 hatte dem bereits ausgezehrten Unternehmen den Rest gegeben. Doch die wesentlichen Fehler hatten wechselnde Manager schon vorher gemacht. „20 Prozent auf alles“ – die Rechnung ging nicht auf. Mit der Rabattstrategie ruinierte sich Praktiker das Image und die Marke – und riss im Laufe langer Monate voller Rettungsversuche schließlich auch die Hamburger Tochtergesellschaft Max Bahr mit in den Abgrund.
Das Insolvenzverfahren läuft noch und wird erst in einigen Jahren abgeschlossen sein. Wie hoch der Schaden ist und welche Insolvenzquote am Ende für die Gläubiger herauskommt, ist offen. Die meisten guten Standorte sind in die Hände anderer Betreiber übergegangen, oft ebenfalls Baumärkte. Obi und Bauhaus, Hagebau und Globus haben sich die Rosinen herausgepickt und die Märkte auf ihre Marken umgeflaggt. Auch Hornbach übernahm sechs Standorte. Zudem griffen andere Interessenten zu – etwa Möbelhäuser, Küchenstudios oder Autohändler.
Christopher Seagon, einer der drei Insolvenzverwalter, schätzt, dass von den 230 Märkten, für die er zuständig ist, bis zur Sommerpause 150 einen neuen Betreiber haben. Für die Arbeitnehmer steht die Schlussbilanz noch aus. Sie soll Anfang August gezogen werden, bei einem Treffen der Geschäftsführer der Transfergesellschaften mit den Insolvenzverwaltern. Nach Erkenntnissen der Gewerkschaft Ver.di hatten 9500 Arbeitnehmer den Anspruch, in eine Transfergesellschaft übernommen zu werden. 7800 machten davon Gebrauch, von denen mehr als 60 Prozent in eine neue Arbeitsstelle vermittelt werden konnten.
An manchen Standorten wurden die Mitarbeiter der Praktiker- oder Max-Bahr-Märkte einfach von den Nachfolgern übernommen, an anderen gab es ein Bewerbungsverfahren. Wie viele letztlich arbeitslos wurden, lässt sich nicht sagen. Unter dem Strich haben wohl die meisten einen neuen Job. Für die Kunden ist das Verschwinden von Praktiker und Max Bahr ohnehin verkraftbar.
„Niemand vermisst Praktiker, niemand hat Versorgungslücken“, sagt Peter Wüst, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Heimwerken, Bauen und Garten (BHB) in Köln. „Ein überwiegender Anteil der Umsätze der Praktiker-Gruppe kann aller Voraussicht nach in den aktiven Unternehmen der Baumarktbranche gebunden werden, die individuell mit deutlichen Zuwachsraten für das Geschäftsjahr 2014 rechnen“, heißt es beim Verband. Wüst glaubt, dass die Zeit der Übernahmen erst einmal vorbei ist: „Mir scheinen die Marktstrukturen jetzt erst mal stabil.“