Am Grömitzer Weg könnten noch Sprengsätze aus dem Zweiten Weltkrieg liegen, wie jetzt bekannt wurde. Die Sondierung sollen die Eigentümer selbst bezahlen. Einer von ihnen will das nicht hinnehmen.
Hamburg. 40 Jahre haben Helmut Rosenfelder und seine Frau in ihrem Reihenhaus an der Grömitzer Straße in Oldenfelde gewohnt, ohne sich groß Gedanken darüber zu machen, was da möglicherweise unter ihrem Grundstück im Boden schlummern könnte. „Dass hier eventuell Weltkriegsbomben im Boden liegen könnten, war nie ein Thema“, sagt der 71-Jährige. „Bevor die Häuser hier 1960 gebaut wurden, war auf dem Gelände eine Baumschule.“
Doch im vergangenen November bekamen die Rosenfelders dann Post aus der Innenbehörde: Die Auswertung von Luftbildaufnahmen habe ergeben, dass für ihr Grundstück Kampfmittelverdacht besteht.
Seitdem muss das Ehepaar nicht nur mit dem unguten Gefühl leben, dass ganz in der Nähe gefährliche Weltkriegsmunition unter der Erde schlummern könnte. Zu ihrem Ärger müssen die Rosenfelders auch auf eigene Kosten das Grundstück sondieren lassen, bevor sie in irgendeiner Weise bauliche Maßnahmen vornehmen. Denn dazu sind Eigentümer von Grundstücken, auf denen noch Kampfmittel vermutet werden, laut Hamburger Kampfmittelverordnung verpflichtet.
Kosten für Sondierung trägt der Eigentümer
Die Kosten für die Sondierung, die Freilegung von verdächtigen Objekten und die Wiederherstellung der Fläche trägt der Eigentümer selbst, heißt es dort. „Ja, so ist die Handhabe in Hamburg“, bestätigt auch ein Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes. Der Kampfmittelräumdienst beseitigte allein im vergangenen Jahr in Hamburg mehr als 3,8 Tonnen Kampfmittel, Tausende Blindgänger werden noch unter Hamburgs Erde vermutet.
Dass er als Eigentümer selbst für die Sondierung seines Grundstücks aufkommen soll, kann Helmut Rosenfelder nicht nachvollziehen. „Es kann doch nicht sein, dass ich als nichtsahnender Grundstücksbesitzer mehrere Tausend Euro bezahlen muss, weil für mein Grundstück plötzlich Kampfmittelverdacht gilt“, meint er. Bauliche Maßnahmen sind bei ihm zwar grad nicht in Planung, aber: „Was ist, wenn es hier mal Probleme mit Wasser- oder Gasleitungen gibt?“ Dann müsse schließlich auch in den Boden gegraben werden. Und noch eine Sorge beschäftigt ihn: „Was ist, wenn tatsächlich eine Bombe auf meinem Grundstück hochgeht? Dann könnte ich am Ende strafrechtlich belangt werden, weil ich nichts unternommen habe“, so seine Befürchtung.
„Wie soll ich das bezahlen?“
Rosenfelder würde daher gern sicherstellen lassen, dass sein Grundstück bombenfrei ist. „Aber was, wenn für die Sondierung am Ende das ganze Haus abgerissen werden muss? Wie soll ich das bezahlen?“ Allein für den Garten würde eine Sondierung mehrere Tausend Euro kosten, schätzt Rosenfelder. Ein Abriss des Hauses wäre natürlich noch deutlich teurer.
Ein Paragraf der Hamburger Kampfmittelverordnung ließ Rosenfelder in der Finanzierungsfrage zwischenzeitlich Hoffnung schöpfen. Denn danach kann der Eigentümer bei der Stadt einen Antrag auf Erstattung der Kosten stellen, wenn die Kosten für die Sondierung und Freilegung fünf Prozent des Grundstückswertes übersteigen. „Doch da gibt es einen Haken: Die Stadt übernimmt die Kosten nur dann, wenn die nötigen Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, es gibt keine Garantie“, sagt Rosenfelder. In einem Schreiben von der Innenbehörde habe er zudem erfahren, dass ein solcher Antrag erst gestellt werden kann, wenn die Höhe der tatsächlichen Kosten bekannt ist – also nach der Sondierung. Die Kosten müsste der Eigentümer demnach zumindest erst mal vorstrecken. „Und welche Bank würde dafür einen Kredit gewähren?“
Helmut Rosenfelder möchte nun eine Internetseite erstellen, auf der sich betroffene Eigentümer von Verdachtsgrundstücken über das Thema austauschen können. „Zusammen mit anderen Betroffenen möchte ich mich dann mit einer Petition an den Eingabeausschuss der Bürgerschaft wenden und mich für eine Änderung der Kampfmittelverordnung einsetzen“, sagt Rosenfelder. „Es kann ja nicht sein, dass Kriegslasten auf einzelne Leute abgewälzt werden.“