Im Prozess um den gewaltsamen Tod der kleinen Yagmur aus Billstedt schildert ein Polizist seine Eindrücke vom Tatort. Hämatome seien mit bräunlichem Puder überschminkt gewesen.

Dieser zarte Kinderkörper, von etlichen Hämatomen gezeichnet. Flüchtig wurden einige der Verletzungen überschminkt, und doch sind diese stummen Zeugen des Schmerzes noch sichtbar. Zeichen der Qualen, die die kleine Yagmur erleiden musste, auf Fotos dokumentiert. Doch kein einziger Blick der Mutter des getöteten Mädchens streift diese Bilder auch nur. Die Augen von Melek Y., die nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft ihre Tochter ermordet hat, bleibt im Prozess vor dem Schwurgericht auf den Tisch vor ihr geheftet. Der Vater Hüseyin Y. hält ebenfalls seinen Blick beständig gesenkt. Auch einander weichen die Eltern an diesem zweiten Verhandlungstag im Prozess um den Tod der kleinen Yagmur konsequent aus. Es wirkt, als habe sich eine unsichtbare Wand zwischen die Eheleute geschoben.

Was mag in der 27-Jährigen und ihrem 25 Jahre alten Mann vorgehen, als die Fotos ihres misshandelten Kindes als Beweismittel in dem Verfahren gezeigt werden? Nur diese Geste, mit der Melek Y. immer wieder über ihre Augen und ihre Stirn streicht, lässt ahnen, dass diese Momente nicht spurlos an der Frau vorübergehen. „Hass auf ihre Tochter“ soll die Mutter empfunden und das kleine Mädchen ermordet haben, ist die Staatsanwaltschaft überzeugt. Über Monate habe Melek Y. immer wieder das Kind verprügelt, gekniffen und geschüttelt, heißt es in der Anklage. Der Vater habe tatenlos zugesehen und nichts gegen die Angriffe unternommen. Dem 25-Jährigen wird Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen vorgeworfen. Das kleine Mädchen war am 18. Dezember vergangenen Jahres an den Folgen eines Leberrisses verstorben.

Wohnung „schmuddelig, aber nicht verwahrlost“

In Rückenlage habe das Kind damals dagelegen, erzählt als Zeuge ein Ermittler, der als einer der ersten in der Wohnung ankam, in der sich das tödliche Drama abgespielt hat. „Es war gleich klar, dass das kein normaler Sterbefall ist.“ Auch sei offensichtlich gewesen, dass jemand mit Schminke versucht habe, die zahlreichen Verletzungen des Kindes zu kaschieren und dass es „eine Vorgeschichte mit Gewalt“ gegeben haben muss. Allein im Gesicht hatte Yagmur Verfärbungen unter anderem am Kinn und im Jochbeinbereich, zudem eine Schwellung an der Stirn.

Die Wohnung der Familie sei „unordentlich und schmuddelig, aber nicht verwahrlost“ gewesen, fährt der Kriminalbeamte als Zeuge fort. In den Betten seien Teller mit Essensresten gefunden worden, an mehreren Stellen entdeckten die Ermittler Gegenstände, Kleidung oder Tücher mit Flecken, die nach Blut aussahen. Hinter einem Bett lag ein Kinderpulli, im Ärmel noch ein Kühlkissen. Insgesamt 83 Verletzungen stellten Rechtsmediziner später an dem Körper des misshandelten Mädchens fest. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.