Experten haben für „Pro-Stadtbahn-Hamburg.de“ eine detaillierte Studie erarbeitet. Konzept geht von 726.000 Fahrgästen aus. Das gesamte Netz umfasst 98,6 Kilometer.
Hamburg. Knapp 100 Kilometer Gesamtstrecke auf 19 Linien; Kosten: 3,3 Milliarden Euro; Inbetriebnahme der ersten Teilstrecke: im Jahr 2020. Das sind die Eckdaten eines weiteren Stadtbahn-Konzepts, das am Mittwoch auf Einladung der CDU-Fraktion von der neuen Initiative „Pro-Stadtbahn-Hamburg.de“ im Rathaus vorgestellt wurde. Der Verein, in dem sich Bürger überparteilich für den Bau einer Stadtbahn einsetzen wollen, legte eine 48 Seiten umfassende Studie vor, die ehrenamtlich vom Nahverkehrsberater Dieter Doege und dem Oldenburger Mathematikprofessor Ulrich Knauer verfasst wurde.
„Wir wollen uns sachlich und neutral in die Diskussion einbringen“, sagte der Vorsitzende des noch in Gründung befindlichen Vereins, Klaus Tüpker. „Da wir keiner Partei verbunden sind, können wir eine seriöse Informationspolitik betreiben – und so das moderne, wirtschaftliche und vor allem ökologische Verkehrsmittel Stadtbahn den Hamburgern näherbringen.“
Die Stadtbahn soll fast 726.000 Passagiere pro Tag befördern
Die Initiative wies darauf hin, dass es im Hamburger öffentlichen Nahverkehr, anders als im Straßensystem, keine ausreichenden Ringverbindungen gebe. Die meisten Strecken führten durchs Zentrum, was zu unnötigen Verkehren und zu längeren Fahrzeiten führe. In dem Konzept habe man die zur Stadtbahn vorgelegten Vorschläge von CDU, Grünen, Hochbahn und Handelskammer berücksichtigt, so Mitinitiator Jens Ode. Sehr viel Wert sei auf eine „konservative Berechnung“ der Kosten gelegt worden. Dabei seien Inflation und Hindernisse auf Teilstrecken einberechnet worden, so Studienautor Doege. Es sei nicht davon auszugehen, dass es tatsächlich so teuer werde.
Für die 19 Teilstrecken prognostiziert die Studie jeweils exakt Geschwindigkeiten, Taktfrequenzen und Passagierzahlen. Dafür wurden Daten des Busverkehrs zugrunde gelegt. Das gesamte Netz, das von Klein Flottbek über Burgwedel, Poppenbüttel, Rahlstedt und Billstedt bis zum Wilhelmsburger Stübenplatz führt , umfasst 98,6 Kilometer. Die Bahn soll 726.000 Menschen pro Tag befördern. Insgesamt sind 685 Haltestellen geplant, 106 Züge sollen eingesetzt werden. Gegenüber dem Busverkehr steige die Beförderungsgeschwindigkeit um 30 Prozent, so die Studie. Es würden Betriebskosten eingespart, da im Busverkehr mehr Personal benötigt werde.
„Diese Studie ist das Beeindruckendste, was Hamburger Bürger als konkreten und fundierten Plan zur Gestaltung des Nahverkehrs der Zukunft ausgearbeitet haben“, sagte CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich bei der Vorstellung. „Es ist ein Geschenk an die Stadt. Hamburg sollte sich damit intensiv befassen.“ Jeden Tag stünden die Menschen im Stau oder in überfüllten Verkehrsmitteln. „Wir laufen nicht auf eine Verkehrskatastrophe zu, wir befinden uns bereits mittendrin“, so Wersich. „Das darf die SPD nicht länger ignorieren und fundierte Vorschläge zur Lösung diffamieren. Die Fantasie einer U-Bahn in 26 Jahren hilft uns heute nicht weiter.“ Wersich wies darauf hin, dass viele Metropolen wieder Stadtbahnen eingeführt hätten – und nannte als Beispiele Paris, London, Stockholm, Barcelona und Madrid.
„Die Studie bestätigt uns in unserer Auffassung, dass eine Stadtbahn die beste, schnellste und günstigste Lösung ist, um Hamburgs Verkehrsprobleme nachhaltig zu verringern“, sagte CDU-Verkehrspolitiker Klaus-Peter Hesse. „Populismus und Angst vor den Menschen sind schlechte Ratgeber für Politik, die gestalten will. Scholz und seine SPD sollten daher endlich anerkennen, dass für Hamburg statt einer Phantom-U-Bahn nur eine Stadtbahn finanzierbar ist.“
Für die SPD belegt die Studie vor allem, dass die Kosten einer Stadtbahn höher seien als von der CDU prognostiziert. „Die CDU musste zugeben, dass ihre Zahlen nicht stimmen. Noch Anfang März wurde eine Obergrenze von 20 Millionen Euro pro Kilometer genannt. Kaum drei Monate später reden wir schon von 33,3 Millionen Euro – eine Kostensteigerung um 65 Prozent“, sagt SPD-Verkehrspolitikerin Martina Koeppen. „Und das ist ganz sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange.“
Auf die Frage, ob aus der Bürgerinitiative irgendwann eine echte Volksinitiative mit dem Ziel eines Volksentscheids pro Stadtbahn werden solle, sagte Studienautor Doege, man sei erst einmal erschöpft von der Erstellung der Untersuchung. „Fragen Sie doch in vier Wochen noch einmal.“
Die gesamte Studie ist im Internet unter www.pro-stadtbahn-hamburg.de abrufbar.
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