Der SPD-Senat will Hamburgs Jugendämter personell verstärken, doch die CDU fordert eine grundlegende Prüfung des Systems. Die Linken-Fraktion spricht von „populistischem Schnellschuss“

Hamburg. Die Opposition begrüßt überwiegend, dass die Sozialbehörde den Kinderschutz verbessern will und dazu ein Konzept erstellt hat, das auch zusätzliche Stellen im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) vorsieht. Zugleich kritisieren sie jedoch, dass Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) zu spät und nicht umfassend reagiert habe.

Wie berichtet, will der SPD-Senat fünfeinhalb Monate nach dem gewaltsamen Tod der dreijährigen Yagmur mit einer Senatsdrucksache, in der diverse Veränderungen im Kinderschutzsystem beschrieben werden, einen Standard für die kommenden Jahre festlegen.

„Die angekündigten Notfallmaßnahmen zur personellen Aufstockung des ASD sind ein richtiger erster Schritt“, sagte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Christoph de Vries. Die Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) Yagmur zeige damit bereits nach wenigen Sitzungen, in denen gravierende Defizite und Probleme des Kinderschutzes aufgedeckt worden seien, erkennbar Wirkung. Christoph de Vries fordert jedoch, dass das System nicht nur verbessert, sondern „grundlegend auf den Prüfstand“ gestellt wird. „Einem Kind, das regelmäßig misshandelt wird, ist nicht damit geholfen, wenn es täglich eine Kita besucht, aber ansonsten in seinem Umfeld verbleibt und dort der täglichen Gewalt schutzlos ausgesetzt ist“, sagte er.

Auch die Grünen-Abgeordnete Christiane Blömeke kritisierte, dass die neuen Stellen für die Jugendämter nur ein Tropfen auf den heißen Stein blieben, wenn nicht bald eine verbindliche Fallzahlobergrenze eingeführt werde. „Das Umdenken der SPD kommt deutlich zu spät“, sagte sie. Schon vor zwei Jahren sei der Sozialbehörde attestiert worden, dass die Jugendämter nur eingeschränkt arbeitsfähig seien. Blömeke: „Senator Scheele hat dieses Warnsignal nicht ernst genommen.“

Mehmet Yildiz, Familienexperte der Linken, wies darauf hin, dass die Pläne des Senators nichts daran änderten, dass im ASD „immer noch hohe Fluktuation, schlechte Arbeitsbedingungen und bürokratische Hürden wie die Behörden-Software Jus-IT“ vorherrschten. Die Kita-Pflicht für Kinder, bei denen es einen Verdacht der Kindeswohlgefahr gibt, sieht Yildiz als einen „populistischen Schnellschuss.“

Dass nun zeitnah zusätzliche Mitarbeiter in den 35 ASD-Abteilungen eingestellt werden können, sieht die FDP-Bürgerschaftsfraktion skeptisch. „Der Sozialsenator steht offenbar unter starkem Druck, weil ASD-Mitarbeiter im PUA immer drastischer von der völligen Überlastung berichten“, sagte der FDP-Politiker Finn Ole Ritter. „Deshalb sollen nun hektisch neue Stellen bewilligt werden.“ Spätes Reagieren ersetze aber nicht gutes Regieren, von dem Detlef Scheele und die SPD ständig redeten.