Fehlende Kommunikation und schlecht informierte Einsatzkräfte: In der Antwort auf eine Kleine Anfrage benennt der Senat, was rund um die Einführung der Gefahrengebiete schief gelaufen ist.
Hamburg. Der Hamburger Senat räumt Fehler in Bezug auf die Umsetzung der Gefahrengebiete ein. Das geht aus der Antwort auf die Kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Antje Möller hervor. Darin bezieht sich der Senat auf die Ergebnisse einer Stärken- und Schwächenanalyse, die eine der Polizei unterstellte Arbeitsgruppe durchgeführt hat.
Das Ergebnis kurz gefasst: Die Umsetzung des Gefahrengebiets war schlecht organisiert. Laut Senatsantwort hat es gleich mehrere Schwachstellen gegeben: Die unzureichende Beteiligung der betroffenen Einheiten in den Planungs- und Entwicklungsprozess, sowie die mangelnde Information der Einsatzkräfte über die Ziele und die Maßnahmen. Ebenso habe man in der öffentlichen Kommunikation Fehler gemacht. Die Gesamtdokumentation des Einsatzgeschehens sei zudem nur unzureichend erfolgt.
Um diese Schwachstellen bei etwaigen künftigen Fällen zu vermeiden, prüft der Senat derzeit, was in Zukunft anders laufen muss. Der vielleicht wichtigste Punkt: In Zukunft solle nur noch der Polizeipräsident persönlich, beziehungsweise sein Stellvertreter ein Gefahrengebiet anordnen können - in Absprache mit dem Innensenator. Laut Frank Reschreiter, Sprecher der Innenbehörde, haben bisher auch untergeordnete Fachebenen das Recht dazu gehabt.
Weitere Punkte zielen insbesondere auf eine bessere interne- und externe Kommunikation ab.
Auch Datenschützer Caspar kritisiert Gefahrengebiete
Das Thema „Gefahrengebiete“ wird in diesen Tagen auch ohnehin vor einem anderen Hintergrund diskutiert: Der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar hatte sich mit einer abschließenden datenschutzrechtlichen Bewertung an die Öffentlichkeit gewandt, in der er die Rechtmäßigkeit der Gefahrengebiete grundsätzlich infrage stellt.
Caspar kritisiert unter anderem die Speicherung von Daten und stellt die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme infrage. Er geht sogar soweit, dass er den Verzicht auf die Einrichtung von Gefahrengebieten in Hamburg fordert, weil verfassungsrechtliche Aspekte berührt werden würden. Diese Bedenken müssten erst ausgeräumt werden.
Aus Sicht von Grünen-Abgeordneten Antje Möller habe es der Senat in der Nachbereitung der Gefahrengebiete versäumt, auch die Datenschutz-Aspekte zu untersuchen. „Es ist völlig unverständlich, warum Polizei und Innenbehörde diese Fragen bei der Nachbereitung des Einsatzes vollkommen ausklammern“, so Möller. Dass lediglich das polizeiinterne Chaos und die damit verbundenen massiven organisatorischen und kommunikativen Schwierigkeiten nachbereitet werden würden, ginge am Thema vorbei. „Die Antworten des Senats zur internen Nachbereitung lassen ebenso wie die Kritik des Datenschützers deutlich erkennen, dass es keine rechtlich saubere Begründung der Gefahrengebiete gab und damit auch keine Legitimation für den Eingriff in die Bürgerrechte.“
Bei der Innenbehörde schätzt man dies anders ein: "Das Verwaltungsgericht hat sich bereits mit dem Thema Gefahrengebiet befasst und die Rechtsnorm für gültig erklärt", sagt der Sprecher der Innenbehörde, Frank Reschreiter dem Abendblatt. In einem Urteil vom 2. Oktober 2012 hatte das Gericht keine "durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken" gesehen. "Gefahrengebiete, die in Hamburg in der Vergangenheit übrigens über 50-mal eingerichtet wurden, sind zudem keine Erfindung der Polizei oder der Innenbehörde, sondern aufgrund einer breiten parlamentarischen Mehrheit entstanden", sagt Reschreiter.
Das Gefahrengebiet war am 4. Januar eingerichtet worden und umfasste die Stadtteile Sternschanze, St. Pauli, Altona-Altstadt und Altona-Nord. Zuvor hatte es Übergriffe auf Polizisten und Polizeiwachen gegeben, bei denen Beamte auch schwer verletzt wurden.
Genau 78.209 gemeldete Einwohner und viele Besucher beispielsweise des Kiezes, waren von der Einrichtung des Gefahrengebiets betroffen. Grundlage für die Einrichtung war das Polizeigesetz. Es ermöglicht eingesetzten Beamten, verdachtsunabhängig Personen und deren mitgeführte Sachen wie Taschen zu kontrollieren und ihre Daten aufzunehmen.