Unternehmer sprechen von „existenzbedrohenden“ Beeinträchtigungen durch Baustellen, Aufschlag von bis zu 80 Euro soll Mehrkosten ausgleichen. Senat befürchtet ernste Folgen für den Hafenstandort.

Hamburg. Den Transportunternehmen ist es ernst. Seit Jahren schon häufen sich die Stauzeiten, weil Straßen und Brücken marode sind und repariert werden müssen. Die Großprojekte zur Sanierung von Elbtunnel und Autobahn A7 sowie zum Bau eines Autobahndeckels im Hamburger Stadtgebiet werden die Situation auf Jahre hin weiter verschärfen. Die Transportunternehmen, die in der Fachgruppe Containerverkehre der deutschen Seehäfen zusammenarbeiten, wollen deshalb 20 bis 80 Euro Aufschlag für den Transport von Containern in und um Hamburg erheben.

„Es wurde festgestellt, dass die aus den Baumaßnahmen resultierenden Verkehrsbehinderungen sowohl eine gesicherte und planbare Disposition der Lkw unmöglich machen und dass durch die Staus die Produktivität der Lkw im Bereich des Hamburger Nahverkehrs um etwa 30 Prozent gesunken ist“, heißt es in einem internen Rundschreiben der Fachgruppe Containerverkehre der deutschen Seehäfen, das dem Abendblatt vorliegt. Der Vereinigung gehören 32 Mitgliedsunternehmen mit 1600 Lastwagen im Güterfern- und Nahverkehr an, darunter die Firmen Eurogate Internmodal, Kurt Kluxen Spedition oder Stapelfeldt Transport.

Die Spediteure wollen mit dem Zuschlag die Kosten an ihre Kunden weiterreichen, die ihnen durch Staus und Ausfallzeiten der Lastwagen in und um Hamburg entstehen. „Die Fahrzeuge, die Transporte von und nach Hamburg im erweiterten Nah- und im Fernverkehr durchführen, verlieren bei jeder Hamburger Berührung etwa eineinhalb Stunden“, heißt es weiter. „Die Beeinträchtigungen haben ein dramatisches Ausmaß erreicht, das die Existenz vieler Spediteure massiv bedroht“, sagt auch Frank Wylezol, Geschäftsführer des Verbandes Straßengüterverkehr und Logistik Hamburg (VSH). Neben den Baustellen trügen auch die Verspätungen von Containerschiffen an den Hafenterminals zu langen Wartezeiten und zusätzlichen Kosten bei. Jedes Unternehmen müsse aber selbst über die Höhe eines Aufschlags entscheiden.

Folgen für die Wirtschaft im Hafen

Der Senat ist alarmiert. Eine Verteuerung der Transporte auf der Straße könnte zu einer Verlagerung von Ladung in andere deutsche Seehäfen führen, vor allem nach Bremerhaven. Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) will am Dienstag mit den Verbänden des Straßengüterverkehrs über die Zuschläge und über Erleichterungen angesichts der Stausituation sprechen. „Mit der Sanierung der Infrastruktur und dem Ausbau der A 7 liegt insbesondere im Hamburger Süden und im Bereich des Hafens eine große Herausforderung vor uns, über die die Öffentlichkeit umfassend und frühzeitig informiert wurde“, sagte Horch dem Abendblatt. „Zu den Arbeiten gibt es keine Alternative.“

Für den Hafen sind die Aufschläge schlechte Nachrichten. Denn die Baustellen in und um Hamburg werden sich bis zu zehn Jahre hinziehen. Kostensteigerungen aber könnten Hamburgs Position im Wettbewerb mit anderen Seehäfen in der Nordseeregion beeinträchtigen. Horch will mit allen Beteiligten deshalb auch über die Optimierung von Abläufen sprechen. Zahlreiche Container etwa, die bereits am Sonntag auf den Terminals im Hafen verfügbar wären, werden von den Importeuren erst am Montagmorgen abgeholt, was zu erheblichen Verkehrsbelastungen führt. Hinter den Kulissen schieben sich Terminalbetreiber, Importeure und Transportunternehmen seit langer Zeit gegenseitig die Verantwortung für Mängel in den Transportabläufen zu.

VSH-Geschäftsführer Frank Wylezol sieht dagegen derzeit „keinen Ansatz, kurzfristige Entlastung für die Transportunternehmen zu schaffen.“ Der Verein der Hamburger Spediteure betont, dass die Unternehmen zwar die Notwendigkeit der zahlreichen Bauarbeiten anerkenne. „Die Koordinierung der Baustellen ist jedoch absolut mangelhaft und wirtschaftsschädigend“, so der stellvertretender Vorsitzende Stefan Saß.

Vor allem im Bereich des Finkenwerder Knotens sei die Situation schon jetzt hochproblematisch. „Die Lkw können dort nur über die derzeit einspurige Köhlbrandbrücke von den Höfen der Spediteure abfahren, im gesamten Bereich werden für 600 Meter Strecke mehr als eine Stunde benötigt.“ Die Folgen der mangelhaften Baustellenkoordinierung seien längst bis nach Bremen und Niedersachsen spürbar: „Dort fragen sich die Kollegen, was in Hamburg bloß vor sich geht.“ Saß sieht die Situation ebenfalls als geschäftsbedrohend für die Unternehmen an. „Unter diesen Voraussetzungen ist es ein Kraftakt, überhaupt kostendeckend zu fahren.“ Um kurzfristig eine Entlastung zu schaffen, könnte laut Saß der Altenwerder Hauptdeich durchgehend für den Güterverkehr geöffnet werden.

Weder beim Verein Hamburger Spediteure noch beim Verband VSH gibt es Pläne, ebenfalls einen pauschalen Aufschlag zu erheben. In der Hamburger Politik wird bezweifelt, ob die geplanten Zuschläge mit dem Kartellrecht vereinbar sind. Paragraf 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) untersage derartige Vereinbarungen.