Bis in den späten Abend hinein staute es sich in ganz Hamburg. Nicht nur auf den Autobahnen herrschte Stillstand, auch auf den Ausweichstrecken war kein Durchkommen mehr. Grund waren zwei schwere Unfälle.

Georgswerder/Waltershof. Autofahrer werden den gestrigen Donnerstag nicht so schnell vergessen: Vom frühen Nachmittag an stand praktisch die gesamte Stadt still. Alle Ausweichstrecken waren überlastet, und im Feierabendverkehr ging in und um Hamburg nichts mehr. Auf den Straßen herrschte Stau-Chaos. Grund für die Behinderungen waren zwei schwere Verkehrsunfälle auf Hamburger Autobahnen. Dabei kam ein Lkw-Fahrer ums Leben, elf Menschen wurden zum Teil schwer verletzt.

Am frühen Morgen war ein Reisebus auf der A 255 in ein Stauende gerast. Der Fahrer, 54, und ein Mitfahrer, 42, der durch die Frontscheibe auf die Autobahn katapultiert wurde, erlitten lebensgefährliche Verletzungen. Sieben Fahrgäste wurden leicht verletzt. Auf der A 7 vor Waltershof raste dann am Mittag ein Lastwagen ebenfalls in ein Stauende. Der 59 Jahre alte Fahrer konnte nur noch tot von der Feuerwehr geborgen werden. Zwei weitere Menschen wurden bei diesem Unfall leicht verletzt.

Um kurz nach 6.30 Uhr meldeten sich am Donnerstag mehrere aufgeregte Anrufer in der Einsatzzentrale der Feuerwehr. Auf der Autobahn in Richtung Elbbrücken habe es einen schweren Unfall gegeben. „Den ersten eintreffenden Einsatzkräften stellte sich die Lage so dar: Ein Reisebus war auf ein Baustellenfahrzeug, eine fahrbare Betonpumpe, aufgefahren. Der Fahrer des Busses wurde eingeklemmt. Außerdem war eine Person aus dem Bus geschleudert worden“, sagt Feuerwehrsprecher Manfred Stahl. Wie die Ermittlungen der Polizei später ergaben, hatte der Fahrer der Betonpumpe wegen eines Staus auf dem linken Fahrstreifen abbremsen müssen. Der spanische Reisebus konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen, sodass der Bus in den Lkw krachte und ihn in die Mittelleitplanke schob. Der Fahrer der Betonpumpe, 27, wurde dabei aber nicht verletzt.

Rettung nach mehr als einer Stunde

Die meisten Fahrgäste konnten den Bus aus eigener Kraft verlassen. Die Rettung des eingeklemmten Busfahrers gestaltete sich jedoch schwierig. „Wir mussten in zwei Einsatzabschnitten vorgehen“, sagt Stahl. „Der eine Einsatzabschnitt galt dem eingeklemmten Busfahrer, der gerettet werden musste. Parallel wurden die Fahrgäste rettungsdienstlich im Bus betreut.“ Fahrer Josef K., 54, konnte erst nach mehr als einer Stunde aus den Trümmern befreit werden. Manfred Stahl: „Bei solchen Einsatzlagen ist immer die massive Deformierung der Karosserie ein großes Problem, weil dann auch häufig Extremitäten eingeklemmt sind. Die Einsatzkräfte müssen vorsichtig vorgehen und genau darauf achten, dass der Eingeklemmte nicht noch zusätzliche Verletzungen erleidet, wenn man bestimmte Bleche freischneidet.“

Der verunglückte Bus ist auf ein spanisches Unternehmen zugelassen, wurde aber in Deutschland als Linienbus für Überlandfahrten eingesetzt und war gestern auf der Strecke Mannheim–Frankfurt–Hamburg unterwegs. Während des Unglücks waren zwölf Fahrgäste an Bord. Gegen 13 Uhr dann der zweite schwere Verkehrsunfall, wieder an einem Stauende. Ein Lastwagenfahrer war kurz hinter dem Elbtunnel vor der Anschlussstelle Waltershof auf einen anderen stehenden Laster gefahren, der gegen einen ebenfalls stehenden Lkw geschoben wurde.

Der Unglücksfahrer, 59, wurde eingeklemmt. Dabei wurde der Mann so schwer verletzt, dass er noch in dem Lkw-Wrack starb. „Der 40 Jahre alte Fahrer und sein 32-jähriger Beifahrer aus dem direkt vor dem Unfallverursacher stehenden Lkw wurden leicht verletzt“, sagt Hauptkommissar Holger Vehren. Der 38 Jahre alte Fahrer des dritten beteiligten Lkw blieb unverletzt.

In beiden Fällen ermittelt der Unfalldienst der Polizei. Zur Rekonstruktion der Unfälle zogen die Beamten Sachverständige hinzu. Auf der A 7 setzte die Polizei auch einen 3-D-Scanner zum Vermessen der Unfallstelle ein. Beide Unfälle hatten erhebliche Auswirkungen auf den Verkehr. Allein auf der A 1 stauten sich vor dem Abzweiger zur A255 die Fahrzeuge auf mehr als 20 Kilometer Länge. Auf der A7 gab es wegen der Sperrung des Elbtunnels in Richtung Süden einen Stau von mehr als zehn Kilometern bis hinter das Autobahndreieck Hamburg-Nordwest.

Auch auf den Ausweichstrecken stauten sich die Autos. Die Polizei leitete den Verkehr in Bahrenfeld von der Autobahn ab. Durch den Ausweichverkehr kam es schließlich im gesamten Stadtgebiet zu Behinderungen bis in den Abend. Pendler, die beispielsweise von der City nach Ahrensburg wollten, benötigten mindestens zwei Stunden, andere steckten noch um kurz vor 20 Uhr im Hamburger Westen fest, ohne voranzukommen. Erst am Abend wurde die Unfallstelle geräumt und der Elbtunnel wieder freigegeben. In der Nacht zu Freitag normalisierte sich der Verkehr im weiten Umkreis dann wieder.

Der letzte auch nur halbwegs vergleichbare Unfall mit einem Reisebus in Hamburg liegt elf Jahre zurück. Aus Unaufmerksamkeit krachte damals ein 59 Jahre alter Busfahrer am Elbtunnel in einen Sattelschlepper. Wie durch ein Wunder erlitten von den 47 Schülern aus Harburg, die von einer Klassenreise kamen, nur 21 leichte Verletzungen.