Vor wenigen Wochen wurde Stefan M. sein wichtigster Begleiter gestohlen. Jetzt stritt sich der blinde Mann vor Gericht mit einem Taxifahrer, weil dieser ihm und seinem Hund die Beförderung verweigerte.

Hamburg. Er ist auf seinen Hund angewiesen. Denn als Blinder braucht er das Tier, um sich in seinem Leben und in der Stadt zurechtzufinden. Insofern reagiert Stefan M. hoch sensibel, wenn jemand gegen seine Schäferhündin Julie ätzt. Vor allem, wenn es ein Taxifahrer ist, der sich weigert, ihn mit seinem Hund zu befördern. Und das komme durchaus öfter vor, ist die Erfahrung des 51-Jährigen. „Da fühle ich mich als Blinder von den Taxifahrern diskriminiert“, betont der Hamburger. Und so schrieb er eine Beschwerde gegen einen Fahrer, der Julie am Hauptbahnhof nicht habe mitnehmen wollen. Gerade an diesem zentralen Platz erlebten Blinde das häufiger, meint Stefan M. „Es kann nicht angehen, dass sich ständig Taxifahrer weigern.“

In diesem konkreten Fall, der jetzt vor dem Amtsgericht verhandelt wird, soll es der selbstständig arbeitende Saffer N. gewesen sein, der am 2. Juni vergangenen Jahres dem Blinden und dessen Hund den Transport verweigert habe. Weil der 32-Jährige damit gegen die Beförderungspflicht verstoßen habe, wurde ihm ein Bußgeld von 450 Euro auferlegt, gegen das der Taxifahrer Einspruch einlegte und es somit jetzt zum Prozess kommt. „Ich habe die Tour nicht abgelehnt“, verwahrt sich der Mann mit dem sorgfältig getrimmten Kinnbart gegen die Vorwürfe. Allerdings habe der Hund noch „urinieren müssen, das dauerte einen Moment“. Andere Fahrgäste hätten auch für eine Tour angestanden, „die waren in Eile, dann waren die eben eher dran“, erzählt der Beschuldigte. Er habe sogar noch organisiert, dass dann ein Kollege die Fahrt mit Stefan M. und dem Hund übernehme.

Julie wurde gestohlen

Doch der Zeuge hat die damaligen Ereignisse ganz anders in Erinnerung. Von seinem Blindenhund geleitet, ist der 51-Jährige in den Verhandlungssaal gekommen. Erst vor wenigen Wochen waren Tier und Herrchen getrennt worden, als ein Mann Stefan M. den Vierbeiner gestohlen hatte – ein Fall, der für Schlagzeilen sorgte. Einen Tag später wurde der Täter ermittelt, Herr und Hund waren wieder vereint.

Blinde mit ihren Hunden stießen oft auf merkwürdige Ausreden von Taxifahrern, erzählt der Zeuge. Auch hier hat der Fahrer nach Überzeugung von Stefan M. nicht mit offenen Karten gespielt. Sicher, das Tier habe tatsächlich urinieren müssen, „aber das hat nur ein paar Sekunden gedauert“, widerspricht Stefan M. der Behauptung des Taxifahrers. „Er sagte, er habe seinen Wagen gerade eine Stunde lang wegen eines anderen Hundes sauber machen müssen und könne uns deshalb nicht fahren.“ Auch andere Gründe würden oft vorgeschoben: „Mittlerweile muss etwa die Hälfte aller Taxifahrer eine Tierhaarallergie haben. Die legen dann ein Attest vor. Wir kennen das schon.“

Wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Beförderungspflicht verhängt die Amtsrichterin schließlich ein Bußgeld von 250 Euro. „Ein blinder Mensch braucht seinen Hund, um sich zurechtzufinden. Und Sie sind verpflichtet, ihn mitzunehmen“, erklärt die Richterin dem Beschuldigten Saffer N.