Senat, Wirtschaft und Gewerkschaft verlängern Masterplan zur Stärkung des Produktionsstandorts. Damit die Akzeptanz in der Bevölkerung steigt, soll für die Industrie geworben werden.
Hamburg. Nicht immer ziehen Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften an einem Strang. Und wenn es doch dazu kommt, dann ist der Bürgermeister eingebunden. Zusammen mit Wirtschaftssenator Frank Horch, dem Präses der Handelskammer, Fritz Horst Melsheimer, dem Chef des Industrieverbands, Michael Westhagemann, und dem Vorsitzenden des DGB Nord, Uwe Polkaehn, kam Olaf Scholz (SPD) in das Rathaus, um einen Vertrag zu unterzeichnen, mit dem der sogenannte Masterplan Industrie fortgeschrieben werden soll. 2007 wurde er vom damaligen Senat mit dem Ziel eingeführt, den Industriestandort zu fördern. Am Dienstag wurde seine Fortsetzung beschlossen, und erstmals sind auch die Gewerkschaften mit an Bord. „Wenn wir die industrielle Basis in Hamburg stärken wollen, dann geht das nur miteinander“, sagte Scholz. Gute Rahmenbedingungen würden am ehesten zusammen mit den in der Wirtschaft aktiven Kräften geschaffen. Und Handelskammer-Präses Melsheimer ergänzte: „Die Erweiterung der Trägerschaft um den DGB zeigt, dass es um übergeordnete Interessen geht, um Wachstum, Wertschöpfung und Arbeitsplätze.“
22 Seiten umfasst das Programm, dass Ziele und Maßnahmen für sieben Handlungsfelder definiert, in denen die Industrie in der Hansestadt unterstützt werden soll. Das reicht von der Zusicherung des Senats, ausreichend Flächen für Industriebetriebe bereitzustellen, über den gemeinsamen Einsatz für bestimmte Infrastrukturprojekte bis zur Energieversorgung und der allgemeinen Akzeptanz der Industrie in der Bevölkerung. Gerade der letzte Punkt schien dem Chef des Industrieverbands besonders wichtig: „Wir müssen bei den Menschen in der Stadt für Vertrauen und Akzeptanz der Industrie werben“, sagte Westhagemann. Das seien notwendige Voraussetzungen für gute Rahmenbedingungen der Industrie: „Wir müssen den gesellschaftlichen Konsens über den Wert der Industrie für unser Gemeinwohl erhalten.“ Dazu wollen die Betriebe dem Masterplan zufolge verstärkt die Öffentlichkeit zu Werksbesichtigungen einladen.
Damit es eine zentrale Übersicht über alle Angebote gibt, erstellt der Industrieverband ein Jahresverzeichnis für alle „Tage der offenen Tür“. Zusammen mit der Politik will die Industrie auch auf die Naturschutzverbände zugehen, zwecks „gegenseitiger Vertrauensbildung“ wie es in dem Programm heißt. Kammerpräses Melsheimer sagte, auf einigen Gebieten seien die Partner bereits gut vorangekommen, auf anderen hingegen nicht „Bei der Lösung der Verkehrsprobleme geht es sehr langsam, und in der Energiepolitik stehen wir vor großen Herausforderungen“, erklärte er. Bei den Gewerbesteuern seien gar keine Fortschritte zu verzeichnen.
Senator Horch wiederum versprach, die Koordinierung von Baustellen zu verbessern. Dazu würden auch die Informationsmöglichkeiten der Industrie genutzt. Erstmals wurde im neuen Masterplan ein Punkt aufgenommen, der vor allem die Hafenbetriebe derzeit Sorge bereitet: Die schlechte Erreichbarkeit des Hafens für Großraum- und Schwertransporte aufgrund maroder Straßen und Brücken. Hier will die Politik dafür sorgen, dass solche Transporte besser ans Ziel kommen.
Dass dafür vor allem eine umfangreiche und teure Sanierung der Brücken notwendig ist und wie diese finanziert werden soll, dazu findet man in dem Programm nichts. Zudem stehen alle im Programm beschriebenen Maßnahmen unter dem Vorbehalt der Finanzierung durch den Senat und privater Zuwendungen aus der Industrie. Horch erklärte darüber hinaus, er wolle Forschungseinrichtungen, wie das Zentrum für angewandte Luftfahrtforschung weiter ausbauen. Die Gewerkschaften hätten „auf Augenhöhe“ an dem Masterplan mitgearbeitet, sagte Polkaehn vom DGB. Er sprach von einer Renaissance der Industrie: „Gute Industriepolitik fördert attraktive Arbeitsbedingungen für Fachkräfte, Beschäftigung und Qualifizierung.“
Die Industrie trägt 13,8 Prozent zur Wertschöpfung in Hamburg bei und beschäftigt mehr als 92.000 Mitarbeiter. Mit der Energiewirtschaft und den industriellen Dienstleistungen sind es sogar rund 19 Prozent der Wertschöpfung und ungefähr 130.000 Beschäftigte. „Wir sind eine Industriestadt, was nicht jede Stadt mehr von sich behaupten kann“, sagte Bürgermeister Scholz.