Hamburger Juristen fordern vom Hamburger US-Konsulat die Bestätigung, dass der US-Geheimdienst NSA von der Alster aus keine Mobiltelefone überwachen lässt. Auch Bürgermeister Scholz ist informiert.

Hamburg. Die Initiative „Rechtsanwälte gegen Totalüberwachung“ hält es für möglich, dass der Geheimdienst NSA auch das US-Generalkonsulat an der Hamburger Außenalster als Abhörstation nutzt. Der Zusammenschluss aus zwölf Hamburger Juristen hat sich jetzt in einem offenen Brief sowohl an Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) als auch an die US-Konsulin Nancy Corbett gewandt.

Die jüngsten Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden, denen zufolge die NSA deutsche Politiker offenbar bis zur kommunalen Ebene abhöre, hätten der Initiative den „begründeten Anlass zur Sorge“ gegeben, dass auch in Hamburg Spionage betrieben werden könnte, heißt es in dem Schreiben der Anwälte an die US-Konsulin. Darin fordert die Initiative Corbett auf, zu bestätigen, dass vom Hamburger Konsulat aus keine Mobilfunkgespräche mitgehört werden, wie es Medienberichten zufolge auf dem Dach der US-Botschaft in Berlin der Fall gewesen sein soll.

Auch Olaf Scholz haben die Anwälte eine Kopie des Schreibens mit der Bitte um „besondere Beachtung“ zukommen lassen. Schließlich liege das Hamburger Rathaus in Abhörreichweite des Konsulats. „Uns interessiert sehr, ob der Bürgermeister auf unser Anliegen reagiert“, sagt Rechtsanwältin Sabine U. Marx, Mitinitiatorin der überparteilichen Initiative. „Schließlich ist die mögliche Spionage ein Thema, das unsere Stadt etwas angeht“, fügt sie hinzu. Die Forderung an die US-Konsulin sei zwar provokativ, aber begründet. Das Generalkonsulat war zu einer Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Initiative kritisiert die bekannt gewordenen Abhörpraktiken der US-Sicherheitsbehörden in Deutschland und hatte in der Vergangenheit bereits durch Demonstrationen sowie durch eine Onlinepetition auf sich aufmerksam gemacht. Insgesamt 5690 Juristen und Nicht-Juristen haben die sogenannte „Hamburger Erklärung zur Totalüberwachung“ bisher unterzeichnet.

Schreiben an alle Bundestagsabgeordneten und 30 Dax-Vorstände

Neben den Schreiben an den Hamburger Bürgermeister und die US-Konsulin hat die Initiative zudem allen Bundestagsabgeordneten sowie den Vorständen der 30 im Dax notierten Unternehmen einen Fragebogen zur „Geheimdienst-Affäre“ geschickt. Anhand eines Kataloges aus 16 Fragen werden diese aufgefordert, Position zu beziehen. Auf ihrer Website will die Initiative veröffentlichen, wie welcher Politiker und welches Vorstandmitglied geantwortet hat. Um den Druck zu erhöhen, wollen die Anwälte die Daten der Befragten offen legen, sollten sie eine Antwort verweigern.

Bei den Fragen handelt es sich zum Großteil um Entweder-Oder-Fragen. So heißt es etwa: „Ich stimme der These, dass ein totalüberwachter Mensch niemals frei ist“ entweder „zu“ oder „nicht zu“. Ein zu tendenziöses Vorgehen? Nein, meint Anwältin Marx. „Es ist zwar schwierig die richtigen Fragen bei so einem komplexen Thema zu stellen, schließlich sind wir auch kein statistisches Erhebungsinstitut“, sagt sie, fügt aber hinzu: „Jeder Befragungsteilnehmer hat die Möglichkeit, eigene Kommentare zu Fragen und Antworten abzugeben, die wir genau auswerten werden.“

Dass es deshalb jedoch schwierig werden könnte, von allen Befragten eine Rückmeldung zu erhalten, dessen sind sich die Hamburger Anwälte bewusst. So ließ der Vorstandvorsitzende des Chipherstellers Infineon, Reinhard Ploss, bereits mitteilen, dass er keine Stellung zu der Umfrage nehmen werde. „Wir rechnen mit einem begrenzten Rücklauf. Mehr als 30 Prozent wäre schon eine Aussage“, so Marx.

Der Anwältin und ihren Mitstreitern gehe es bei der Umfrage darum, dass führende Politiker und Unternehmer den „Mut haben, sich der Öffentlichkeit zu stellen“. Wenn es um den „Angriff auf die Privatsphäre als Grundlage jeder freiheitlich demokratischen Grundordnung“ gehe, sei das Schweigen und Weggucken nicht akzeptabel. Bis zum 20. Februar haben die Vertreter aus Politik und Wirtschaft Zeit zu antworten.