Bürgermeister Olaf Scholz sprach sein Mitgefühl aus. Er wolle vor allem dem Vater helfen, der seine Familie bei dem Brand in Altona Nord verlor - der Mann war nur kurz bei der Trauerfeier.

Hamburg. Der Tod einer Flüchtlingsfamilie hat auch bei den Hamburger Parteien Entsetzen und Erschütterung ausgelöst. Die FDP, die Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft und die Türkische Gemeinde in Hamburg riefen zur Teilnahme an einem Trauermarsch an diesem Sonnabend auf. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) zeigte sich bestürzt. „Dass bei dem Brand in Altona eine Mutter und zwei Kinder ihr Leben verloren haben, schmerzt alle“, erklärte er am Freitag. Hamburg fühle mit allen Leidtragenden. „Wir trauern.“

Scholz sagte, ihm sei wichtig, dass die Stadt und ihre Behörden nun insbesondere dem Mann, der seine Frau und zwei Söhne verloren hat, hilfreich zur Seite stehen. Gleichzeitig verlangte er Aufklärung über die Brandursache in dem Flüchtlingsunterkunft. „Ich vertraue den Experten von Staatsanwaltschaft, Feuerwehr und Polizei, die sich jetzt um Klarheit bemühen.“

Bei dem Brand in einer Flüchtlingsunterkunft waren am Mittwochabend eine 33-Jährige aus Pakistan und ihre beiden Söhne ums Leben gekommen. Nun hat die Polizei erste Erkenntnisse gewonnen. „Es gibt einen sehr guten Hinweis von einer Fußgängerin, den wir sehr ernst nehmen“, sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Die Ermittler gehen davon aus, dass bislang unbekannte Täter einen Kinderwagen angezündet haben und damit das Feuer in dem fünfstöckigen Wohnhaus auslösten.

„Die unfassbare Tragödie, die zwei Kindern und ihrer Mutter das Leben gekostet hat, entsetzt und macht einen traurig“, teilte die Hamburger FDP am Freitag mit. „Wir Hamburger müssen jetzt zusammenstehen, um denen, die bei uns Schutz suchten, nicht nur Schutz, sondern auch Trost und Hilfe zukommen zu lassen“, erklärte der integrationspolitische Sprecher der Hamburger FDP, Najib Karim. Ein Trauermarsch sei ein Symbol und könne nur ein Anfang sein. Die Hamburger müssten sich mehr gegen Hass und Gewalt in ihrer Stadt einsetzen.

Verdacht der Brandstiftung „macht den Fall noch tragischer“

Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christiane Schneider, betonte, der schreckliche Tod dreier Menschen und die zahlreichen Verletzten erschütterten zutiefst. „Noch sind die Ursachen nicht völlig aufgeklärt, der oder die Täter nicht ermittelt und der Hintergrund nicht erhellt. Doch die bundesweite Entwicklung der letzten Monate gibt allen Anlass dazu, extrem sorgfältig dem Verdacht eines möglicherweise rechten Hintergrundes nachzugehen.“ Die Polizei hat bisher keine Hinweise auf ein fremdenfeindliches Motiv.

Die Bürgerschaftsfraktion der Grünen stellte eine Kleine Anfrage an den Senat. „Die Tatsache, dass es sich offenbar um Brandstiftung handelt, macht den Fall noch tragischer“, erklärte die innenpolitische Sprecherin Antje Möller. „Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer.“ In der Kleinen Anfrage wollen die Grünen unter anderem wissen, welche Erkenntnisse bisher zum Hergang des Feuers ermittelt wurden und ob es in dem Haus bereits früher gebrannt hat.

Die Organisation Pro Asyl zeigte sich ebenfalls erschüttert. Pro Asyl unterstütze die Aufrufe der Zivilgesellschaft in Hamburg, den Überlebenden zur Seite zu stehen und Solidarität mit Flüchtlingen zu zeigen.

Der Brandschutz hat alle Auflagen erfüllt

Der Träger der Flüchtlingsunterkunft hat am Freitagnachmittag dem Brandschutz im Gebäude einen einwandfreien Zustand bescheinigt. „Für die normale Nutzung war das Haus in gutem bis akzeptablem Zustand. Der Brandschutz hat alle Auflagen erfüllt“, sagte der Geschäftsführer des zuständigen Landesbetriebs „Fördern & Wohnen“, Rembert Vaerst. Nach einem Gutachten der Feuerwehr hätten die Wohnungstüren den „Belastungen und Widerständen“ Stand gehalten. Auch die Rauchmelder in den Räumen hätten funktioniert, sagte Vaerst weiter.

Am Freitag hatte auch eine kleine Trauerfeier vor dem Mehrfamilienhaus an der Eimsbüttler Straße stattgefunden: Menschen legten Blumen und Kerzen nieder, und gedachten der zwei Kinder und ihrer Mutter, die am Mittwochabend in dem grünen Haus durch das Feuer gestorben sind. Fanny Dethloff, Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche, hielt eine kurze Ansprache. „Das Schicksal dieser Menschen macht mich sprachlos“, sagt sie. „Es beschädigt unsere Lebensfreude, wenn die Lebensfreude anderer aufs Spiel gesetzt wird“, sagte die Pastorin.

"Keine Interviews, bitte respektieren sie unsere Trauer"

Auch der Vater, der im Feuer seine Frau Nacia und seine Söhne verloren hat, kam am Donnerstag an dem Haus an. Er fuhr in einem dunklen BMW mit Augsburger Kennzeichen vor. Immer wieder verbirgt er sein Gesicht in den Händen, zwischendurch schaut er fassungslos zum Haus hinüber, in dem die Pakistaner seit einem Jahr gewohnt haben. Der Wagen hält an, zwei Männer kommen heraus: Ein Freund, der aus Bayern gekommen ist, sobald er von dem Unglück gehört hat, und der Onkel der kleinen Jungs, die gestorben sind: Daniel, 6, und Rahman, 7. Die beiden Begleiter reden mit den Männern, die das Haus bewachen. "Keine Interviews, bitte respektieren sie unsere Trauer", sagt der eine. Dann kehren sie zu dem Auto zurück, in dem der verzweifelte Vater sitzt, und fahren nach einiger Zeit wieder weg.

(dpa/mia/fru)