Die Anwohner der Eimsbütteler Straße stehen unter Schock. Am Unglücksort gedenken sie der verstorbenen Mutter und der beiden Kinder. Trauermarsch für Sonnabend geplant.

Hamburg. Rund 100 Hamburger haben am Donnerstagabend der Opfer des Wohnhausbrandes in der Hansestadt gedacht. Die Anwohner versammelten sich gegen 19.30 Uhr in aller Stille und stellten Kerzen vor das Gebäude, in dem Flüchtlinge, Asylbewerber und Obdachlose untergebracht waren.

Für das Wochenende wurde im Internet zu einem Trauermarsch aufgerufen. Der Marsch soll am Sonnabend um 13 Uhr am S-Bahnhof Sternschanze beginnen.

Bei dem dramatischen Feuer in einem Mehrfamilienhaus in Hamburg-Altona waren am Mittwochabend eine Mutter und ihre beiden kleinen Söhne ums Leben gekommen. Einige Bewohner stehen nach dem Brand vor dem Nichts. Ein Kinderwagen, der im Hauseingang der Unterkunft für Flüchtlinge und Asylbewerber stand, gilt als mutmaßlicher Brandherd. „Das ist die wahrscheinlichste Variante“, sagte Polizeisprecher Holger Vehren am Donnerstag. Die Hamburger Polizei hat eine Sonderkommission eingerichtet. Die Feuerwehr sprach von einem der schlimmsten Brände seit Jahren in der Hansestadt.

Bei dem Feuer am Mittwochabend starben die 33-Jährige aus Pakistan und ihre sechs und sieben Jahre alten Söhne. Sie wollten wohl versuchen, durch das verrauchte Treppenhaus des Altbaus zu fliehen. Der Vater der Kinder war während des Brandes nicht zu Hause. Er kam zurück, als die Einsatzkräfte noch gegen die Flammen kämpften. Der Mann musste psychologisch betreut werden. 27 Bewohner des Hauses wurden nach bisherigen Erkenntnissen verletzt, 15 von ihnen kamen in Krankenhäuser, hieß es bei der Polizei. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Brandstiftung gegen unbekannt.

Die Stadt Hamburg nutzt das Mehrfamilienhaus mit elf Wohnungen als Unterkunft für Flüchtlinge, Asylbewerber und Obdachlose. 46 Menschen hätten bisher dort gelebt, sagte eine Sprecherin des zuständigen Landesbetriebs „Fördern & Wohnen“.

Ob es sich um eine vorsätzliche oder fahrlässige Brandstiftung handeln könnte, war zunächst unklar. Auch über ein mögliches Motiv herrschte Rätselraten. Brandbeschleuniger wurden bisher nicht entdeckt. Die Beamten suchen nun Zeugen, die rund um die Unterkunft verdächtige Beobachtungen gemacht haben. Die Brandermittler des Landeskriminalamts, die den Brandort am Donnerstag untersuchten, könnten allerdings auch einen technischen Defekt nicht restlos ausschließen, sagte Vehren. Der Kinderwagen stand in der Nähe eines Elektroverteilerkastens, über den zunächst als wahrscheinliche Brandursache spekuliert worden war.

Das Feuer war am Mittwochabend im Eingangsbereich des Hauses ausgebrochen, wie Feuerwehrsprecher Hendrik Frese sagte. Dichter, dunkler Rauch zog schnell durch das Treppenhaus nach oben – wie in einem Kamin. Für die Mutter und ihre zwei Jungen kam jede Hilfe zu spät: Sie wurden tot in der Dachgeschosswohnung im vierten Stock entdeckt. Nach Feuerwehrangaben führten die heißen Rauchgase zu Verbrennungen – und dazu, dass die Familie erstickte.

Die 33-Jährige und die Kinder wollten sich aller Wahrscheinlichkeit nach durch das verqualmte Treppenhaus nach draußen retten und hatten daher laut Frese die Wohnungstür geöffnet. Dadurch konnte der beißende Rauch hineinziehen.

Bei der Rettung der anderen Bewohner spielten sich dramatische Szenen ab. Als die ersten Einsatzkräfte eintrafen, standen bereits viele Menschen an den Fenstern und riefen um Hilfe. Die Feuerwehr konnte die Leute aus den Wohnungen unterhalb des Dachgeschosses mit Drehleitern in Sicherheit bringen. Die meisten von ihnen kamen später in Hotels unter.

Die Notfallseelsorge der Feuerwehr und das Kriseninterventionsteam waren im Einsatz, wie Frese erklärte. Nicht nur Bewohner wurden betreut, sondern auch Rettungskräfte: „Für Feuerwehrleute ist es das schlimmste Szenario, das man sich vorstellen kann.“ (dpa/HA)