Büros, Hotels und Einkaufspassagen sind bei Investoren gefragt. In diesem Jahr sollen gewerbliche Immobilien im Wert von vier Milliarden Euro den Besitzer wechseln. Immobilienfonds müssen sich von Objekten trennen.
Hamburg. Frank Adelstein blickt gern nach Hamburg. „Wir sind hier immer auf der Suche nach attraktiven Immobilien“, sagt der Direktor Immobilien der Ärzteversorgung Niedersachsen, einem Versorgungswerk, das sich um die Altersversorgung der niedergelassenen Ärzte kümmert. „In München sind die Preise im Moment zu teuer“, sagt Adelstein. Doch in der Hansestadt ist er noch fündig geworden. Unter den zehn größten gewerblichen Immobilienverkäufen des vergangenen Jahres taucht die Ärzteversorgung Niedersachsen zwei Mal als Käufer auf und sicherte sich mit dem Entwicklungsprojekt Stadthöfe an der Stadthausbrücke und dem Hotel Le Royal Meridien An der Alster gleich zwei Top-Lagen in Hamburg innerhalb von nur einem Jahr. „Wir schätzen an Hamburg die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Nachhaltigkeit und das Wertsteigerungspotenzial“, sagt Adelstein.
An einem Objekt, das die Niedersachsen erworben haben, lässt sich ablesen, welches Wertsteigerungspotenzial manche Hamburger Immobilien noch haben und warum der Standort bei Investoren immer beliebter wird. Die Stadthöfe sind die ehemalige Stadtentwicklungsbehörde, ein Verwaltungsgebäude aus dem Jahr 1888. Bereits 2009 hatte die Quantum Immobilien AG das Gebäude für rund 54 Millionen Euro von der Stadt erworben. Zum vierfachen Verlaufspreis ging es jetzt an die Ärzteversorgung Niedersachsen. Natürlich ist darin der Umbau zum Luxus-Quartier mit Einzelhandel, Wohnungen und Büros bis 2017 eingeschlossen. Im vergangenen Jahr wechselten in Hamburg gewerbliche Immobilien wie Büros, Einzelhandelsobjekte und Hotels im Gesamtwert von knapp drei Milliarden Euro den Besitzer. Gegenüber dem Vorjahr ist das eine Steigerung um 48 Prozent. Insgesamt wurden über solcher 130 Deals registriert.
„Das Ergebnis hätte noch besser ausfallen können, wenn das Angebot größer gewesen wäre“, sagt Frank Albers, Leiter des Bereichs Investment bei Jones Lang LaSalle in Hamburg. Für das laufende Jahr rechnet er mit einem weiteren Zuwachs an Immobilienverkäufen. „Die Käufer suchen hier Sicherheit und Stabilität und das bieten die etablierten deutschen Standorte wie Hamburg“, sagt Albers. Seine Prognose für Hamburg liegt bei einem Transaktionsvolumen von rund vier Milliarden Euro. Das wäre erneut ein Zuwachs um ein Drittel. Jahrelang lagen die Immobilienverkäufe in der Stadt bei rund zwei Milliarden Euro. Doch inzwischen entwickelt sich der Hamburger Markt sehr dynamisch, weil auch ausländische Akteure zunehmend Interesse haben. „Sie schätzen die stabile wirtschaftliche Entwicklung und den Branchenmix“, sagt Christoph Ringleben, Geschäftsführer von Grossmann & Berger. So hat sich der Anteil der ausländischen Käufer im vergangenen Jahr auf 28 Prozent mehr als verdoppelt. Das ist insbesondere auf die Ankäufe des Alsterhauses durch die österreichische Signa Holding und des Center Bahnhof Altona (s. Tabelle) durch die Immobilienfirma Redfine International zurückzuführen.
Für die Zukunft erwartet Albers, dass die Käuferschaar noch bunter wird. „Chinesische Staatsfonds können jetzt in Europa investieren“, sagt er. Doch Hamburg wird davon eher nicht profitieren. Denn es fehlt an Objekten, die mehr als 100 Millionen kosten und so auch die Aufmerksamkeit von Großinvestoren wie asiatischen oder skandinavischen Staatsfonds finden, die gern auch mal 300 Millionen Euro für eine Immobilie ausgeben. „Hamburg hat solche Objekte nicht, die nur in Frankfurt und Berlin zu finden sind“, sagt Andreas Wende, Direktor Investment, beim Immobiliendiesntleister Savills in Hamburg. „Aber in diesem Jahr kommen Hamburger Immobilien auf den Markt, die deutlich über dem durchschnittlichen Verkaufspreis von 25 Millionen Euro liegen.“ Eines dieser Spitzenobjekte sind die Tanzenden Türme an der Reeperbahn, heißt es in Branchenkreisen. Geschätzter Verkaufspreis mehr als 100 Millionen Euro.
Das Monopoly (Verkaufsgeschehen) in Hamburg wird noch durch einen anderen Umstand gefördert. Durch die Krise einiger offener Immobilienfonds müssen in Hamburg noch eine ganze Reihe großer Immobilien verkauft werden. Denn elf offene Immobilienfonds werden aufgelöst, alle Objekete müssen verkauft werden. Allein der Fonds CS Euroreal, der bis 2017 liquidiert wird, hat in Hamburg zwei Spitzenobjekte, die Kehrwiederspitze (Sandtorkai 74 - 77) und das Bürogebäude am Millerntorplatz 1. In den Büchern stehen beide Objekte mit einem Verkekrswert von je rund 100 Millionen Euro. Noch mehr Druck beim Verkauf hat der TMW Immobilien Weltfonds, der bis Ende Mai 2014 aufgelöst sein soll. Ihm gehört das Sumatrakontor in der Hafencity. Es vereint auf einer Fläche von 37.000 Quadratmetern Büros, Einzelhandel und exklusive Wohnungen. Noch ist das Objekt allerdings nicht voll vermietet.
Doch gut und langfristig vermietete Immobilien verkaufen sich besser. Der offene Immobilienfonds SEB Immoinvest hat gerade den Mietvertrag mit dem Online-Spieleentwickler Bigpoint bis zum Jahr 2021 verlängert. Das Unternehmen sitzt in dem Bürogebäude Drehbahn 47 - 48 in der Hamburger Innenstadt, das dem Fonds gehört. Gleich um die Ecke, am Dammtorwall, besitzt der Immobilienfonds ein weiteres Bürohaus. Ob die Objekte in diesem Jahr auf den Markt kommen, ist noch offen. „Der Verkaufszeitpunkt wird für jede Immobilie individuell entschieden und wir stehen nicht unter Zeitdruck“, sagt eine Sprecherin des Immobilienfonds. Der SEB Immoinvest wird bis zum Jahr 2017 aufgelöst. An Kaufinteressenten wird es nicht fehlen. Gerade an Objekten in der Innenstadt ist das Interesse groß. „Da die Nachfrage das verfügbare Angebot hier übersteigt, weichen die Investoren auch auf andere Lagen wie St. Pauli, die City Süd oder Harburg aus“, sagt Wende.
Für Manager Adelstein von der Ärzteversorgung Niedersachsen sind in Hamburg vor allem Objekte interessant, die hochwertige Wohnungen bieten. „Ohne die Wohnungen wären die Stadthöfe für uns nicht interessant gewesen“, sag er. Auch das neue Katharinenquartier mit 130 Mietwohnungen gehört inzwischen den Niedersachsen. Ihr neuestes Projekt in Hamburg sind 125 Wohnungen in bester Alsterlage. Dazu wird gerade das alte Volksfürsorge-Haus neben dem Luxushotel Le Royal Meridien abgerissen.
Der Verkauf der Nobelherberge an die Ärzteversorgung Niedersachsen gehört zu den den zehn größten Immobiliengeschäften des vergangenen Jahres. Schlagzeilen machte auch der Verkauf des Alsterhauses für 132 Millionen Euro an die Signa Holding. Hinter ihr steht René Benko, der zu den 50 reichsten Österreichern zählt. An den Gesamtverkäufen hatten Einzelhandelsobjekte einen Anteil von 18 Prozent. Bürogebäude machen mit 66 Prozent den größten Anteil aus. Unter den Käufern der Hamburger Immobilien sind Vermögensverwalter mit einem Anteil von 17 Prozent am stärksten vertreten, wie aus einer Studie von Grossmann & Berger hervorgeht. Dicht darauf folgen schon vermögende Privatanleger mit einem Anteil von 16,5 Prozent. Einer der größten Deals deiser Käufergruppe war der Kauf des Firmensitzes des Germanischen Lloyds in der HafenCity durch den Tchibo Erben Günter Herz für rund 107 Millionen Euro.