Angeschlagener Schuhhändler möchte sich von Tochtergesellschaft Pasito-Fricker trennen. Bei den Hamburgern selbst laufen Gespräche mit Investoren weiter auf Hochtouren. Bis zu vier Interessenten.
Hamburg Als die Schuhhandelskette Görtz im Frühjahr 2010 den Schweizer Konkurrenten Pasito-Fricker übernahm, da schien die Welt der Hamburger noch in Ordnung zu sein. Jahr für Jahr baute das Unternehmen das eigene Filialnetz aus, kaufte fleißig zu. Die Übernahme der eidgenössischen Traditionskette mit einem damaligen Umsatz von rund 60 Millionen Franken passte ins Konzept. Görtz wähnte sich selbst auf dem Weg zu einem bedeutenden Anbieter im europäischen Schuhhandel.
Doch nur knapp vier Jahre später rudern die Hamburger zurück. Nach Informationen dieser Zeitung will sich Görtz möglichst bald von seiner Tochtergesellschaft mit 58 Geschäften und etwa 320 Mitarbeitern trennen. Gespräche mit einem Interessenten laufen bereits und sollen im ersten Quartal dieses Jahres abgeschlossen sein, wie aus Unternehmenskreisen verlautete. Käme der Verkauf zustande, würde sich das bereits auf 223 Geschäfte geschrumpfte Filialnetz der Hamburger noch einmal auf einen Schlag um mehr als ein Viertel reduzieren.
Görtz-Sprecher Michael Jacobs wollte sich zu den Plänen auf Nachfrage nicht äußern, dementierte die Informationen aber auch nicht.
Der Rückzug aus der Schweiz ist Teil des umfassenden Sanierungs- und Umstrukturierungsprozesses des angeschlagenen Hamburger Unternehmens, das seit Jahren unter der wachsenden Konkurrenz von Onlinehändlern und der aus heutiger Sicht überzogenen Expansionsstrategie der vergangenen Jahre zu leiden hat.
Vor diesem Hintergrund haben die Geschäftsführer Thorsten Hermelink, Christian Moritz und Jörn Peters zusammen mit den Eigentümern Ludwig und Friedrich Görtz beschlossen, sich wieder auf das deutsche Kerngeschäft zu konzentrieren. Motto: „Zurück zu den Wurzeln“. Bereits im Jahr 2012 wurde ein missglücktes Engagement in Polen beendet, wo Görtz eine Handvoll eigener Läden für jugendliche Käufer aufgemacht hatte, danach aber nicht weiter vorankam. Darüber hinaus verfügen die Hamburger nur noch über zwei Filialen unter eigenem Namen in Österreich.
In Deutschland hat Görtz das eigene Filialnetz bereits um 25 Geschäfte in den vergangenen beiden Jahren reduziert und damit den eigenen Restrukturierungsplan, der die Schließung von 30 Geschäften vorsieht, weitgehend abgearbeitet. Vor allem Läden der Vertriebslinie Görtz 17 wurden geschlossen, die sich mit falschen Kollektionen selbst ins Abseits manövriert hatte.
Ende vergangenen Jahres machte Görtz aber auch eine der bisherigen Vorzeigefilialen des Unternehmens am Hamburger Neuen Wall dicht. Grund dafür sollen die hohen Mieten an der Nobelmeile gewesen sein, die nach Auslaufen eines langjährigen Mietvertrags noch einmal erhöht werden sollten. Während man sich in besseren Jahren unrentable Geschäfte wie diese noch als besondere Aushängeschilder unter Marketinggesichtspunkten leistete, hatte die Filiale in der jetzigen Situation keine Zukunft mehr.
In Hamburg steht in diesem Jahr noch die Schließung eines Geschäfts an der Osterstraße bevor. Bundesweit sollen im Gegenzug aber auch fünf Filialen neu eröffnet werden.
Einen Schritt weiter ist das Unternehmen bei der eigenen Suche nach Investoren gekommen, die bei den Hamburgern einsteigen und so für frisches Kapital sorgen sollen. Nachdem die Beteiligung des Hamburger Otto-Konzerns an Görtz im Herbst vergangenen Jahres an unterschiedlichen Vorstellungen über die Strategie gescheitert war, sollen sich nun Gespräche mit mehreren, alternativen Investoren auf der Zielgeraden befinden.
Aus einem Dutzend Interessenten habe Görtz eine kleine Gruppe von bis zu vier ernsthaften, möglichen Partnern ausgewählt, sagten zwei mit den Vorgängen vertraute Personen. Diese hätten ihre Kaufabsichten durch offizielle Dokumente (Letters of Intent) zu erkennen gegeben. Auch in diesem Prozess rechnet man bei Görtz damit, im ersten Quartal zu einem Ergebnis zu kommen.
Um wen es sich bei den Interessenten handelt, dazu wollten sich die beteiligten Personen nicht äußern. Nach der Absage von Otto hatte Görtz aber vor allem nach etwa gleich großen Schuhhandelsunternehmen Ausschau gehalten, mit denen man sich zu einem größeren Verbund zusammenschließen wollte.
Die Eigentümerfamilie Görtz hatte sich unter dem Druck hoher Verluste und eines starken Finanzbedarfs im vergangenen Jahr grundsätzlich dazu bereit erklärt, das 1875 gegründete Traditionsunternehmen für Investoren von außen zu öffnen. Dafür wurde in Berlin eigens eine Beteiligungsgesellschaft unter Federführung des Rechtsanwalts und Sanierungsexperten Andreas Ziegenhagen gegründet, der die Suche nach Teilhabern steuert.
Durch die Sanierungs- und Sparmaßnahmen ist die Schuhkette für Investoren zumindest ein Stück weit attraktiver geworden. „Im Jahr 2013 ist es uns gelungen, operativ in die schwarzen Zahlen zurückzukehren“, sagte Unternehmenssprecher Jacobs. Der Umsatz sei auf vergleichbarer Fläche, also ohne die Filialschließungen leicht gestiegen. „Dies zeigt, dass unsere Maßnahmen greifen“, so Jacobs. 2012 waren die Erlöse noch um vier Prozent auf 387 Millionen Euro zurückgegangen, unter dem Strich fiel ein Verlust von einer Million Euro an.