Mehrere Hundert Menschen protestierten in der Nacht zu Sonnabend erneut gegen die Gefahreninseln. 500 Personen blockierten den Verkehr auf der Reeperbahn. Flaschen und Böller flogen auf Einsatzkräfte.

Hamburg. Unbekannte haben in der Nacht zum Sonnabend auf der Hamburger Reeperbahn und rund um den Paulinenplatz erneut gegen die Gefahreninseln protestiert und teils randaliert. Am frühen Abend versammelten sich Hunderte Menschen in der Wohlwillstraße und am Paulinenplatz, um friedlich mit Musik zu demonstrieren, dabei flogen vereinzelt auch Feuerwerkskörper. Vielerorts kam es zu vereinzelten Protestaktionen, Anwohner stellten Lautsprecher auf ihre Fensterbänke und beschallten den Stadtteil mit Musik.

Gegen 21 Uhr setzte sich spontan ein Demonstrationszug in Richtung Talstraße in Bewegung. Die Polizei stockte ihre Kräfte auf und sprach Personen an, nachdem Parolen wie „Lügner, Lügner“ und „BRD - Bullenstaat, wir haben dich zum Kotzen satt“ gerufen wurden. Als sich ein Anmelder fand, wurde ein Aufzug von etwa 200 Personen genehmigt, der über die Hein-Hoyer-Straße wieder zum Paulinenplatz zog.

Gegen 22 Uhr blockierten etwa 500 Menschen die Kreuzung auf der Reeperbahn vor der Davidwache. Die Straße musste für den Verkehr komplett gesperrt werden. Die Polizei bildete hier eine Kette, um die Davidwache zu schützen.

„Auf den Gehwegen abgelegte Weihnachtsbäume wurden angezündet und Mülltonnen in Brand gesetzt“, sagte ein Polizeisprecher am Morgen. Mitten auf der Kreuzung der Wohlwillstraße mit der Otzenstraße wurde ein großes Feuer angezündet, dessen Flammen laut Augenzeugen bis zu fünf Meter hoch gewesen sein sollen. Die Feuerwehr musste anrücken, um das Feuer zu löschen. Dabei soll es nach Angaben der Polizei zu Flaschenwürfen auf die Einsatzkräfte gekommen sein. Eine Polizistin sei verletzt worden.

Nach Mitternacht wurden erneut Feuer angezündet, wieder flogen während eines Löscheinsatzes Flaschen auf Beamte von Feuerwehr und Polizei. Polizisten setzten Pfefferspray gegen die Randalierer ein. In der Nacht wurden insgesamt 52 Personen überprüft, dabei wurden fünf Aufenthaltsverbote und ein Platzverweis ausgesprochen.

Am Freitagnachmittag hatten bereits Hunderte Menschen friedlich mit einer Kissenschlacht auf der Reeperbahn gegen die Polizeikontrollen in den Gefahrengebieten demonstriert. Es kam zunächst zu keinen Zwischenfällen. Als Zeichen des friedlichen Protests ließen die Teilnehmer auf dem Spielbudenplatz – in der Nähe der von Randalierern attackierten Davidwache – aufgewirbelte weiße Federn statt Böller durch die Luft fliegen. Bereits in den Tagen zuvor waren Protestler mit Klobürsten als Symbole des gewaltlosen Widerstands durch die Straßen gezogen, andere hatten sich einem Fahrradkorso mit mehreren hundert Radlern angeschlossen.

Innensenator Michael Neumann verteidigte derweil die umstrittene Entscheidung das Gefahrengebiet einzurichten: „Das Gefahrengebiet war ein Erfolg“, sagte er im Interview mit dem Abendblatt.

Innensenator: Kleineres Gefahrengebiet kam möglicherweise zu früh

Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) hat die Frage aufgeworfen, ob das großflächige Gefahrengebiet in Hamburg möglicherweise zu früh verkleinert worden sei. „Das ist eine Frage, die man sich wirklich stellen muss“, sagte er dem Sender NDR 90,3 am Sonnabend nachdem es in der Nacht zuvor erneut Randale gegeben hatte.

Das Gefahrengebiet, in dem die Polizei Bürger verdachtsunabhängig überprüfen darf, war am vergangenen Sonnabend eingerichtet worden und umfasste Teile von Altona, St. Pauli und des Schanzenviertels. Am Donnerstag hatte die Polizei die Zonen deutlich verkleinert und die Zeiten eingeschränkt.