Hamburg erlässt für Balkan-Flüchtlinge kein „Wintermoratorium“. Hamburgs Bürgermeister und SPD-Bundesvize Olaf Scholz hat den in Berlin ausgehandelten Koalitionsvertrag von Union und SPD verteidigt.
Hamburg. Kein Wintermoratorium für Balkan-Flüchtlinge in Hamburg: Anders als beim Nachbarn Schleswig-Holstein werden Balkan-Flüchtlinge in Hamburg auch während der Wintermonate abgeschoben. Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) wies am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde der Bürgerschaft Forderungen von Grünen, Linken und FDP nach einem „Wintermoratorium“ für Sinti- und Roma-Minderheiten zurück.
„Die immer wieder erhobene Forderung nach pauschalen Ausnahmen für bestimmte Jahreszeiten oder bestimmte Herkunftsregionen ist so weder im Gesetz vorgesehen noch halte ich sie politisch für richtig“, sagte Neumann.
Vielmehr sei wichtig, jeden Fall individuell zu betrachten und zu entscheiden. Niemand, der tatsächlich schutzbedürftig sei, werde aus Deutschland abgeschoben, betonte der Senator. Durch einen pauschalen Abschiebestopp würden jedoch Hoffnungen auf einen längeren Aufenthalt geweckt, die letztlich nie erfüllbar seien.
Im übrigen wäre ein exklusiver Abschiebestopp für die Balkanregion Flüchtlingen aus anderen Ländern kaum zu vermitteln. „Im Winter ist es in vielen Regionen kalt und die Lebensbedingungen sind äußerst schwer“, sagte Neumann. Unterstützung erhielt Neumann von der CDU-Opposition.
Harsche Kritik und den Vorwurf des Zynismus handelte sich Neumann bei den Grünen ein. Und auch Linke und FDP warfen dem SPD-Senat ein herzloses Verhalten vor. Sie verwiesen dabei auf Schleswig-Holstein, Bremen, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern, die alle auf eine Abschiebung von Minderheiten in die Balkan-Staaten verzichten.
Zuletzt hatte Kiel am vergangenen Freitag entschieden, ein „Wintermoratorium“ aufzulegen und bis Ende März 2014 niemanden nach Serbien, Mazedonien, Kosovo, Montenegro, Albanien oder Bosnien-Herzegowina auszuweisen.
Bürgermeister Scholz verteidigt schwarz-roten Koalitionsvertrag
Hamburgs Bürgermeister und SPD-Bundesvize Olaf Scholz hat den in Berlin ausgehandelten Koalitionsvertrag von Union und SPD verteidigt. In einer Aktuellen Stunde der Hamburgischen Bürgerschaft sagte er am Mittwoch: „Ich glaube, das ist ein ordentlicher Koalitionsvertrag.“ Er hoffe, dass die Sozialdemokraten dies in ihrem Mitgliederentscheid an diesem Samstag genauso sehen. „Wenn es so ist, werden wir vier Jahre eine Regierung begleiten, die auch viele Gesetze auf den Weg bringen wird, die Hamburg und den Bürgerinnen und Bürgern nützen.“ Während die CDU ähnlich für das Bündnis aus CDU, CSU und SPD warb, kritisierten Grüne, Linke und FDP die Vereinbarung scharf, sprachen von Wortbruch.
Scholz verwies auf die bereits „gut gelaufenen“ großen Koalitionen von 1966 bis 1969 und von 2005 bis 2009. Erneut zählte er die aus seiner Sicht guten Dinge im Koalitionsvertrag auf. Dazu gehörten unter anderem die Investitionen in Bildung und Infrastruktur, der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn, das Ende des Optionszwangs für junge Ausländer, das Bleiberecht oder die Rentenregelungen.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dietrich Wersich sagte, er hätte sich die Fortsetzung der schwarz-gelben Regierung gewünscht. Auch Schwarz-Grün wäre seiner Meinung nach möglich gewesen. „Am Ende haben wir den Wählerauftrag erfüllt. Es gibt eine unionsgeführte Bundesregierung und Angela Merkel bleibt unsere Kanzlerin.“
Die bundesweit fast 475.000 stimmberechtigten SPD-Mitglieder können noch bis Donnerstag, 24.00 Uhr, in einem Mitgliedervotum darüber entscheiden, ob die Sozialdemokraten zum dritten Mal mit der Union koalieren sollen. Bislang haben rund 300.000 SPD-Mitglieder abgestimmt. Das Endergebnis will Parteichef Sigmar Gabriel am Samstag verkünden.
Der Opposition aus Grünen, Linken und FDP in Hamburg fiele diese Entscheidung leicht. „Die große Koalition sichert Besitzstände der Vergangenheit“, kritisierte Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan. Sie halte ihre schützende Hand über die schmutzige und klimaschädliche Kohleverstromung. Die Vereinbarungen brächten die Energiewende zum Stillstand, „sie schaden damit auch direkt Hamburg, der Metropole der Windenergie“. FDP-Fraktionschefin Katja Suding sprach mit Blick auf die Mütterrente von einer Gefälligkeitspolitik von Union und SPD. Scharf kritisierte sie auch die Vorratsdatenspeicherung. Die Linken-Fraktionsvorsitzende Dora Heyenn sprach von einer Koalition des Wortbruchs.