Nach 2012 strebt die Hamburger CDU auch für 2013 einen ausgeglichenen Haushalt an. Die finanziell angeschlagene Lage der Partei stabilisiert sich laut Landeschef Marcus Weinberg. Auch stagniert die Zahl der Parteiaustritte.

Hamburg Nach zwei schmerzhaften Jahren sehen die Hamburger Christdemokraten „mehr als Licht am Ende des Tunnels“, wie es ihr Vorsitzender Marcus Weinberg im Gespräch mit dem Abendblatt ausdrückt. Die finanziell angeschlagene Lage der Partei stabilisiert sich. Zudem verzeichnet der Landesverband seit kurzem vermehrt Neueintritte. „Wir blicken wieder positiv in die Zukunft“, sagt Weinberg. Nach Jahren der Konsolidierung arbeitet die Hamburger CDU an ihrer Kampagnenfähigkeit. Bis Ende 2014 wollen die Christdemokraten als „schlagkräftige Alternative zum SPD-Senat wahrgenommen werden“, erklärt Weinberg. Selbst ins Rennen um das Amt des Bürgermeisters möchte der 46-Jährige 2015 nicht gehen.

Die verheerende Niederlage bei der Bürgerschaftswahl vor knapp drei Jahren bedeutete eine Zäsur für die CDU Hamburg, die unter Ole von Beust gut ein Jahrzehnt die Hansestadt regierte. Durch den Stimmenverlust musste der Landesverband massive Einbrüche bei den Einnahmen aus Parteifinanzierung, Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Mandatsträgerabgabe verkraften. Saßen bis 2011 noch 56 CDU-Abgeordnete in der Bürgerschaft, sind es seit der Wahl noch 28. 147 Euro zahlt jedes Bürgerschaftsmitglied pro Monat an die Partei. Die stellvertretenden Fraktionschefs Roland Heintze und Hans-Detlef Roock zahlen aufgrund der doppelten Diäten die doppelte Abgabe, der Fraktionsvorsitzende Dietrich Wersich entsprechend das Dreifache.

In dieser Umbruchsphase hatte Weinberg den am Boden liegenden Landesverband 2011 übernommen: „Ich wollte den zwangsläufigen Erneuerungsprozess so schnell und erfolgreich wie möglich abschließen und nicht auf zehn Jahre ausdehnen.“ Auch sei ihm bewusst gewesen, dass es in einer Partei nicht immer einvernehmlich ablaufe. „Wir haben Konflikte erlebt und überlebt, etwa bei Kandidatenaufstellungen. Aber ich kann sagen: Das tiefe Tal ist durchschritten“, betont der Landeschef. Die Partei sei nicht zerbrochen.

Das spiegelt sich Weinberg zufolge in den Zahlen wieder: Hatte die CDU Hamburg 2011 noch ein Defizit von 200.000 Euro, strebt der Landesverband nun im zweiten Jahr in Folge einen ausgeglichenen Haushalt an. „2012 hatten wir im Haushaltsplanentwurf ein Defizit von minus 76.000 Euro veranschlagt. Abgeschlossen haben wir das Jahr allerdings mit einem Ergebnis von plus/minus Null“, erklärt Weinberg. Die Parteizentrale am Leinpfad musste nicht wie zwischenzeitlich befürchtet verkauft werden. „Vor allen Dingen mussten wir niemanden entlassen“, sagt Weinberg. Für 2013 hatte der Landesverband mit einem Minus von 56.000 Euro kalkuliert. Und möglicherweise gelingt es den Christdemokraten nun erneut, „das Jahr deutlich besser abzuschließen als geplant“, betont der Landeschef.

Auch der dramatische Mitgliederschwund scheint vorerst gestoppt: Zwar hat die Hamburger CDU derzeit nur noch 8050 Mitglieder. Im Sommer waren es 8070 Mitglieder, 2009 noch 9.278 und 2001 noch 10.178. Das entspricht einem Rückgang von rund 21 Prozent seit 2001. Doch registrierte die Partei im September und Oktober dieses Jahres insgesamt 150 Neueintritte. „Normalerweise treten in einem Monat durchschnittlich 15 bis 20 Menschen in die Hamburger CDU ein. Der Landesverband hatte also jüngst mehr Eintritte als Austritte“, sagt Weinberg. Der Erfolg bei der Bundestagswahl, bei der die hanseatischen Christdemokraten ein Zweitstimmenergebnis von 32,1 Prozent erreichten, schlage sich in der Zunahme der Mitgliedsanträge nieder. Die finanzielle Stabilität bleibe aber das Hauptthema der Elb-CDU. Durchschnittlich zahlt ein Mitglied dort 7,08 Euro pro Monat.

Laut Weinberg leiden Parteien seit Jahren unter immer weniger Zulauf. Die Hauptursachen seien die fehlende Bindungskraft und der demografische Wandel. „Die Bundes-CDU hatte 2002 noch 594.000 Mitglieder, 2012 noch 476.000. Bei der SPD ging die Zahl von 694.000 auf 477.000 zurück“, sagt Weinberg. Die Menschen wollten sich heute temporär bei einem Thema engagieren und seltener eine dauerhafte Mitgliedschaft eingehen. Ähnlich sieht es bei der Hamburger SPD aus, die nach Angaben ihres Sprechers Lars Balcke 2001 noch 13.900 Mitglieder hatte und erst seit der Rückkehr von Olaf Scholz als Landeschef wieder einen Zuwachs verzeichnet: Von 10.610 Mitgliedern (2009) über 10.651 (Sommer 2013) zu aktuell 10.900. Im Vergleich zu 2001 bedeutet dies einen Rückgang von rund 22 Prozent.

Weinberg möchte die CDU langfristig für Bürger öffnen und auch Nichtmitglieder etwa mit einer Zukunftskommission ansprechen: „Wir wollen über unsere Mitglieder hinaus mit Multiplikatoren und Experten in unserer Gesellschaft Konzepte für die Zukunft entwickelt. Es muss die Möglichkeit für Menschen geben, sich für eine gewisse Zeit an Planungen und Diskussionen zu beteiligen, auch wenn sie kein Parteimitglied sind.“ Ziel sei es, das Auftreten seiner Partei weiter zu verändern: „Wir müssen moderner und dynamischer werden, schneller Themen aufgreifen, offen diskutieren und zügig, aber stets überlegt, Antworten finden.“ Indes erkennt der Landeschef, dass sich zunehmend junge Menschen in der Union engagieren. „Wir nominieren im Dezember die Kandidaten für die Europawahl 2014, und da wird mit Roland Heintze ein 40 Jahre alter Kandidat auf Platz 1 vorgeschlagen. Auf Platz 2 steht der Vorsitzende der Jungen Union, Carsten Ovens, der Anfang 30 ist“, sagt Weinberg. Gerade wurde die Junge Union Hamburg abermals als erfolgreichster Landesverband ausgezeichnet. Denn seit Jahresanfang verzeichnet der Verband an Alster und Elbe einen Zuwachs von zwölf Prozent und hat nun mehr als 900 Mitglieder.

So wagt die CDU einen Blick in Richtung Bürgerschaftswahl. Der Erneuerungsprozess müsse 2015 darin münden, „dass sich die Hamburger die CDU wieder in Verantwortung vorstellen können“, betont Weinberg. Je mehr vom Lack bei Bürgermeister Scholz abbröckele, umso mehr würden die Gegenpositionen der Christdemokraten deutlich. „Wir wollen klar machen, dass Hamburg derzeit nicht gut regiert wird. Bei den Stichworten Einsparungen in den Bezirken oder falsche Investitionen wie der Busbeschleunigung wollen wir Alternativen zeigen“, sagt Weinberg. Eine Stadt wie Hamburg müsse stets weiterdenken. „Wohin entwickelt sich diese Stadt 2030 oder 2050? Das vermisse ich in der Politikgestaltung des SPD-Senats neben den täglich zunehmenden handwerklichen Fehlern“, erklärt der Landeschef. Hamburg brauche eine klare Formulierung zum Industrie- und Hafenstandort. „Wir müssen das Verkehrschaos lösen. Ebenso sollen die Bereiche kinderfreundliche Stadt und Erhöhung der Wohnqualität mit der CDU Hamburg verbunden werden. Für all das erkenne ich kein Konzept beim aktuellen Senat“, kritisiert Weinberg.

Seinen Hut als Bürgermeisterkandidat in den Ring werfen möchte der 46-Jährige nicht: „Ich werde nicht antreten“, sagt der Bundestagsabgeordnete. Die Entscheidung, wer Bürgermeister Scholz als CDU-Spitzenkandidat herausfordert, werde seine Partei im Sommer 2014 treffen. Fest steht für Weinberg zudem, dass er sich bereits im März erneut zur Wahl als Landeschef stellt.