Die Hamburger CDU geht neue Wege bei der Kandidatenkür. Statt einer Festlegung hinter verschlossenen Türen soll es eine breite Beteiligung der Mitglieder geben. Die Entscheidung fällt am 2. Dezember.

Hamburg „Hast du einen Opa, schick ihn nach Europa“ – das war über viele Jahre das Motto der Parteien, wenn es um Kandidaturen für das Europaparlament ging. Doch statt einem verdienten Parteifreund einen sonnigen Herbst seiner politischen Karriere zu schenken, will die Hamburger CDU bei der Europawahl 2014 einen anderen Weg gehen. „Die Kandidaten für Europa hinter verschlossenen Türen und ohne transparentes Vorstellungsverfahren aufzustellen, ist politisch nicht mehr zeitgemäß“, sagt Parteichef Marcus Weinberg. Europa sei für Hamburg und die CDU zu wichtig, „um die Kandidatenauswahl als Fußnote zu verstehen“.

Wenn die Union am heutigen Sonnabend ihre Mitglieder zum „Europäischen Frühstück“ einlädt, dann werden sich mindestens sechs Bewerber um den begehrten und allein aussichtsreichen Listenplatz 1 vorstellen. Die frühere Zweite Bürgermeisterin und Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram, die die Union seit 2009 in Brüssel und Straßburg vertritt, ist nicht darunter. Schnieber-Jastram hatte frühzeitig erklärt, nicht erneut zu kandidieren. Weinberg gibt das Profil des Schnieber-Jastram-Nachfolgers schon einmal vor. „Ich erwarte in Zukunft eine starke Präsenz unseres CDU-Europaabgeordneten in Hamburg und für Hamburger Themen“, sagt der Parteivorsitzende.

Klarer Favorit ist der 40 Jahre alte Haushaltsexperte Roland Heintze, stellvertretender Bürgerschafts-Fraktionschef. „Ich halte Europa zukünftig für die wichtigste Ebene der Politik. Europa ist eine zentrale Schnittstelle, gerade für Hamburg“, sagt Heintze. Entscheidungen in der Finanz- und Wirtschaftspolitik, die den Standort Hamburg stark betreffen, fielen mittlerweile auf europäischer Ebene. „Ich möchte mich als Europaabgeordneter für eine frühzeitige Rückkoppelung mit der Stadt einsetzen“, sagt der CDU-Politiker, der bereits jetzt stellvertretendes Mitglied im europäischen Ausschuss der Regionen ist. „Ich glaube, die CDU muss in Hamburg der Europapolitik mehr Aufmerksamkeit schenken, als sie es bislang getan hat“, so Heintze.

Der frühere Justizsenator Carsten Lüdemann, der ebenfalls seine Kandidatur angemeldet hat, war als Staatsrat in der Senatskanzlei von 2008 bis 2011 nicht nur Hamburgs Bevollmächtigter beim Bund, sondern auch bei der EU. „Für mich wäre das Europamandat die Fortsetzung meiner früheren Tätigkeiten auf anderer Ebene“, sagt der 49-jährige Rechtsanwalt, der über umfangreiche Erfahrung in der Hamburger Politik und Verwaltung verfügt.

Auf europäischer Ebene kennt sich auch die frühere Bürgerschaftsabgeordnete Brigitta Martens aus. Die 52 Jahre alte Kunsthistorikerin ist Mitarbeiterin der EU-Abgeordneten Birgit Schnieber-Jastram und will sich vor allem für die Bereiche Forschung, Wissenschaft und Bildung einsetzen. „Die Forschungspolitik der EU wird in den kommenden Jahren neu ausgerichtet“, sagt Martens. Dabei gehe es auch darum, Forschungsgelder für Hamburg zu sichern.

Zunächst hatte auch Carsten Ovens, der Vorsitzende der Jungen Union (JU), seinen Hut in den Ring geworfen. Doch inzwischen hat Ovens erklärt, Roland Heintze im Rennen um die Spitzenkandidatur den Vortritt zu lassen und allenfalls auf den Folgeplätzen anzutreten. Beide gehören dem Kreisverband Eimsbüttel an. Ovens’ Rückzieher ist nicht ganz uneigennützig: Sollte Heintze das Europaticket ziehen, würde der JU-Chef in die Bürgerschaft nachrücken.

Die weiteren Bewerber um die Spitzenkandidatur bei der Europawahl dürften allenfalls Außenseiterchancen haben. Ein innerhalb der CDU bislang weitgehend unbeschriebenes Blatt ist der Rechtsanwalt Ralf Lüdeke, der dem Ortsverband Blankenese angehört. „Es gibt nach wie vor ein Demokratiedefizit auf europäischer Ebene und eine überschießende Bürokratie“, sagt Lüdeke, der als Fachanwalt für Steuerrecht die europäische Gesetzgebung kennt.

„Nach dem enttäuschenden Abschneiden bei der Bürgerschaftswahl ist es jetzt für die CDU wichtig, jungen Politikern eine Chance zu geben“, sagt der 40 Jahre alte Marko Neuschulz, Vorstandsmitglied der Luruper CDU. Ihm ist das Thema einer verbindlichen EU-Datenschutzverordnung wichtig. Eher folkloristischen Charakter dürfte die Bewerbung von Detlef Bandow-Tadsen haben. Der Rahlstedter Rentner hatte 2011 bei dem Versuch, CDU-Landesvorsitzender zu werden, ein Lied gepfiffen. Die Entscheidung über die CDU-Europakandidaten fällt am 2.Dezember.