Offenbar haben die Flüchtlinge aus Libyen noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob sie ihre Identitäten den Hamburger Behörden offen legen wollen. Eine Entscheidung soll jetzt am Dienstag veröffentlicht werden.

Wie geht es weiter mit den Flüchtlingen der sogenannte Lampedusa-Gruppe in Hamburg? Am Wochenende hatten Medien berichtet, die Afrikaner wollten ihre Identitäten gegenüber den Behörden vorerst nicht offenlegen. Statt dessen forderten sie, dass die bei direkten Gespräche mit den zuständigen Behörden verhandelten Details zunächst „rechtsverbindlich“ erklärt werden.

Ein Sprecher der Gruppe widersprach nun am Montag dieser Darstellung. „Es gibt keine Entscheidung“, sagte Ralf Lourenco, Ansprechpartner der Unterstützer, dem Abendblatt. Allerdings werde es am Dienstag ein Pressegespräch geben, bei dem ein Entschluss verkündet werden solle. Die „Lampedusa-Flüchtlinge“ hatten sich am Wochenende zu einer Vollversammlung getroffen, auf der sie sich auf das weitere Vorgehen einigen wollten.

Der Streit um den Aufenthaltsstatus der sogenannten Lampedusa-Flüchtlinge währt nun schon einige Monate. Etwa 300 Flüchtlinge waren vor gut einem Jahr von Italien aus nach Hamburg gekommen. Den Winter verbrachten sie in den Notunterkünften der Stadt, die für Obdachlose zur Verfügung gestellt werden. Nachdem die Unterkünfte im Frühjahr geschlossen wurde, teilte sich die Gruppe. Etwa 80 Personen fanden beispielsweise in der St. Pauli-Kirche Unterschlupf.

Die Innenbehörde sagte eine Prüfung von Anträgen auf Asyl oder Duldung zu, forderte aber zuvor die Offenlegung der Identität der Flüchtlinge. Das lehnen die Flüchtlinge bislang ab. Sie fürchten, nach Afrika abgeschoben zu werden. Im Falle eines offiziellen Asylverfahrens müssten die Flüchtlinge ihre bisherigen italienischen Papiere abgeben und würden stattdessen eine Duldung erhalten.

Unklar ist auch, ob eine Gesetzesänderung am 1. Dezember die Erklärung des Hamburger Innensenators Michael Neumann (SPD) wieder zunichte machen könnte. Demnach bestehe dann die Möglichkeit, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Entscheidungskompetenzen an sich ziehe. Neumann hatte in der vergangenen Woche das Angebot fairer Einzelfallprüfungen an die Afrikaner erneuert und ein transparentes, rechtsstaatliches Verfahren garantiert.

Der Innensenator verteidigte in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ die bisherige Flüchtlingspolitik des Senats, signalisierte zugleich aber ein Entgegenkommen. „Voraussetzung ist, dass die Flüchtlinge wie von uns stets gefordert, ihre Identität offenlegen und ihre Fluchtgeschichte schildern“, sagte Neumann. „Wenn es gesetzliche Spielräume gibt, nutzen wir sie.“ Die Polizei hatte in den vergangenen Wochen gezielt Afrikaner überprüft, ob sie illegal in Deutschland leben und an die Ausländerbehörde überstellt werden müssen.

Am vergangenen Wochenende waren wieder an verschiedenen Orten der Stadt Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Flüchtlingspolitik des Hamburger Senats zu demonstrieren. Die Demonstranten protestierten am Sonnabend erneut gegen die aus ihrer Sicht „rassistischen Kontrollen“ und gegen „Polizeiwillkür“. Nach Angaben der Polizei zogen etwa 760 Demonstranten vom autonomen Kulturzentrum Rote Flora durch den Stadtteil St. Pauli. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit rund 1000 Beamten im Einsatz – allein vor dem Demonstrationszug war sie mit etwa Hundert Kräften präsent. Die etwa dreistündige Kundgebung sei friedlich verlaufen, sagte eine Polizeisprecherin.

Bereits am Freitagabend hatten mehr als 5000 Menschen weitgehend friedlich gegen die Flüchtlingspolitik des SPD-Senats im Anschluss an das Spiel des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli gegen den SV Sandhausen demonstriert. Nur vereinzelt kam es im Anschluss zu Ausschreitungen. Vier mutmaßliche Randalierer wurden kurzzeitig festgenommen. Für kommenden Sonnabend haben linke Gruppen erneut zu Protesten gegen die Flüchtlingspolitik von EU, Bund und Ländern in der Hansestadt aufgerufen.

Innensenator Neumann rechnet mit weiteren Zwischenfällen am Rande der Demonstrationen gegen den Umgang von Politik und Polizei mit den „Lampedusa-Flüchtlingen“.