Die fast nackten Frauen wurden von den Personenschützern des Bürgermeisters abgeführt. Mehrere hundert Unterstützer der Hamburger „Lampedusa-Flüchtlinge“ haben am Dienstagabend zudem eine Kreuzung im Stadtteil Lokstedt blockiert.

Hamburg. Während einer Bürgersprechstunde von Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz im Lokstedter Seniorenhaus „New Living Home“ wurde die Bühne von Femen-Aktivistinnen gestürmt. Die fast nackten Frauen wurden von den Personenschützern des Bürgermeisters abgeführt. Scholz setzte seine Rede unbeeindruckt fort.

Auch andere Unterstützer der „Lampedusa-Flüchtlinge“ haben am Dienstagabend gegen die Politik des Senats protestiert. 400 bis 500 Teilnehmer einer Fahrraddemonstration blockierten nach Polizeiangaben eine Kreuzung vor dem Veranstaltungsort im Stadtteil Lokstedt. „Kein Mensch ist illegal“, lautete eine Parole der Demonstranten. Die Polizei schritt nicht ein.

Auch im Veranstaltungsraum machten sich die Unterstützer der Afrikaner lautstark bemerkbar. Während Scholz auf die aktuelle Lage der Flüchtlinge in der Stadt einging, riefen sie in Sprechchören Parolen.

Scholz habe seine Position bekräftigt, dass sich die Afrikaner der Lampedusa-Gruppe genauso verhalten müssten wie alle anderen Flüchtlinge in der Stadt, sagte ein Senatssprecher. Sie müssten ihre Identität preisgeben und Anträge bei den Behörden stellen. Die 15 bis 20 Unterstützer der Lampedusa-Gruppe hätten die Veranstaltung verlassen, nachdem das Thema abgehandelt gewesen sei.

Etwa 80 Afrikaner leben seit Juni in der St.-Pauli-Kirche. Sie sind nach eigenen Angaben vor dem Bürgerkrieg in Libyen nach Italien geflüchtet und weiter nach Deutschland gereist. Sie fordern als Gruppe ein Bleiberecht in Hamburg. Vor anderthalb Wochen hatte die Polizei damit begonnen, die Personalien von vermutlich illegal in Hamburg lebenden Afrikanern zu kontrollieren.

Die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs sprach sich unterdessen für Einzelfallprüfungen durch die Behörden aus. „Inzwischen bin ich zuversichtlich, dass der Senat eine Lösung finden wird, die den Lampedusa-Flüchtlingen den vorgeschriebenen Gang in ein behördliches Verfahren erleichtert“, teilte Fehrs am Dienstag mit. Momentan seien die Flüchtlinge noch sehr verunsichert, so die Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck. Sie appelliere aber an sie, die Chance auf ein faires Verfahren zu nutzen.

Die Bischöfin verurteilte zugleich die Gewaltausübung bei Protesten. „Wir lehnen jede Art von Gewalt ab. Nur friedliche Formen des Protests können im Sinne der Flüchtlinge sein. Sie dürfen nicht instrumentalisiert werden“, erklärte Fehrs. Dass knapp 80 der rund 300 Menschen der Lampedusa-Gruppe Nacht für Nacht in der St.-Pauli-Kirche schlafen könnten, sei nur möglich, weil sich viele Ehrenamtliche sehr engagierten. Die Bischöfin rief die Einwohner Hamburgs auf, in ihrem friedlichen Einsatz für Menschen in Not nicht nachzulassen. Am Dienstag vergangener Woche waren zehn Polizisten bei Protesten linksgerichteter Gruppen leicht verletzt worden.