Die Bürger sind aufgerufen ihre Stimme bei der Wahl des 18. Deutschen Bundestags abzugeben. Beim Volksentscheid wählen die Hamburger, ob die Stadt die Energienetze zurückkaufen soll.

Hamburg/Hannover/Bremen. Rund 1,28 Millionen Hamburger sind am Sonntag aufgerufen, ihre Stimme bei der Wahl des 18. Deutschen Bundestags abzugeben. Gleichzeitig steht ein Volksentscheid über die vollständige Rekommunalisierung der Energienetze an. Abstimmungsberechtigt sind dabei rund 1,29 Millionen Hamburger – auch Jugendliche ab 16 Jahren können sich dabei beteiligen.

Die Wahllokale öffnen um 8.00 und schließen um 18.00 Uhr. 13 der 598 Bundestagsmandate stehen der Hansestadt zu. Bei der Bundestagswahl 2009 hatten rund 900.000 Hamburger ihre Stimme abgeben. Das entsprach einer Wahlbeteiligung von 71,3 Prozent.

Beim Volksentscheid entscheiden die abstimmungsberechtigten Hamburger darüber, ob die Stadt die Energienetze zurückkaufen soll oder nicht. Mit der Privatisierung von HEW und Hein Gas hat Hamburg auch die Energienetze verkauft. Weil die Konzessionen auslaufen, hätte Hamburg jetzt die Möglichkeit, das Netz wieder zurück in städtische Hand zu überführen. Dazu müsste die Stadt sich um die Konzessionen bewerben und die Energienetze von den derzeitigen Betreibern Vattenfall (Strom und Fernwärme) und E.on (Gas) zurückkaufen. Das ist es, was die Initiative "Unser Hamburg – Unser Netz" mit dem Volksentscheid durchsetzen will.

2,26 Millionen Schleswig-Holsteiner und 6,1 Millionen Niedersachsen zur Bundestagswahl aufgerufen

Mit knapp 2,26 Millionen Stimmberechtigten entscheiden so viele Schleswig-Holsteiner wie nie zuvor mit über den Ausgang der Bundestagswahl. Für die meisten von ihnen ist es nach der Kommunalwahl im Mai bereits der zweite Urnengang im laufenden Jahr. Dem nächsten Bundestag werden wieder 22 Abgeordnete aus dem nördlichsten Bundesland angehören – jeweils zur Hälfte per Direktmandat und über die Listen der Landesparteien.

Rund 6,1 Millionen Bürger sind in Niedersachsen zur Teilnahme an der Bundestagswahl aufgerufen. Im kleinsten Bundesland Bremen dürfen knapp 500.000 Menschen abstimmen.

Spannend wird die Wahl in Niedersachsen auch für prominente Spitzenpolitiker: Unter anderem haben SPD-Parteichef Sigmar Gabriel, FDP-Chef Philipp Rösler, Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin und Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen von der CDU ihre Wahlkreise in Niedersachsen. Insgesamt bewerben sich in Niedersachsen 358 Kandidaten um einen Sitz im Parlament. Derzeit gibt es 62 niedersächsische Abgeordnete und 6 aus Bremen im Bundestag.

Wahlkampfendspurt von Merkel, Steinbrück und Westerwelle

Vor der Bundestagswahl war laut Umfragen völlig offen, wer eine Koalition mit der von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geführten Union bilden kann. Die bisherige Koalition von CDU/CSU und FDP liegt in den jüngsten Umfragen etwa gleich auf mit der Opposition aus SPD, Grünen und Linken. Wenn es für Schwarz-Gelb nicht mehr reichen sollte, könnte die Koalitionsfrage wie schon 2005 auf Schwarz-Rot zulaufen. Auch Schwarz-Grün wäre denkbar; allerdings ist dieses Farbenspiel ausgeschlossen worden. Dasselbe gilt für ein rot-rot-grünes Bündnis. Für SPD und Grüne allein dürfte es nicht reichen.

Am Sonnabend kämpften die Spitzenpolitiker von CDU, SPD und FDP weiter um Wählerstimmen. Nach knapp 60 Wahlkampfauftritten in ganz Deutschland beendete Merkel die Werbetour für die CDU in ihrem Wahlkreis in Stralsund. „Ja, es wird knapp“, sagte sie mit Blick auf die Umfragen. „Aber so ein knapper Wahlkampf spornt an, bis zum letzten Moment zu kämpfen.“

Bei ihrem Wahlkampfabschluss in Berlin hatte die CDU zuvor um die Unentschlossenen geworben. Merkel bekräftigte dabei zudem, sie wolle die Koalition mit der FDP fortsetzen. Zwar seien auch im schwarz-roten Bündnis mit der SPD von 2005 bis 2009 viele Probleme gelöst worden. „Aber wir waren erfolgreicher in der christlich-liberalen Koalition.“

In Frankfurt am Main warb SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zusammen mit dem Spitzenkandidaten für die hessische Landtagswahl, Thorsten Schäfer-Gümbel, um Stimmen für einen Politikwechsel. Mit Blick auf jüngste Meinungsumfragen sagte Steinbrück: „Ich wünsche mir manchmal etwas mehr Respekt gegenüber dem Wählerwillen statt dieser ewigen Kaffeesatzleserei.“ In Hessen wird ebenfalls am Sonntag ein neuer Landtag gewählt. Auch hier gilt es als offen, ob Schwarz-Gelb noch einmal eine Mehrheit bekommt.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) appellierte in Düsseldorf an die Bürger, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. „Jedes Mal, wenn Sie nicht wählen, ist das eine Ohrfeige ins Gesicht der Menschen auf der Welt, die einmal in ihrem Leben wählen möchten, es aber nicht dürfen.“ Ungeachtet der Kritik aus der Union warb Westerwelle gezielt um Zweitstimmen für die FDP. In Stralsund bat Merkel dagegen erneut um beide Stimmen – für sich und die CDU.

SPD und Grüne streben offiziell nach wie vor ein rot-grünes Bündnis an, obwohl dies die Umfragezahlen nicht hergeben. Grünen-Spitzenmann Jürgen Trittin nannte bei „Zeit Online“ ein besseres Ergebnis als die 10,7 Prozent von 2009 als Wahlziel.

CSU-Chef Horst Seehofer forderte den Koalitionspartner FDP auf, die Zweitstimmenkampagne zu beenden und sich auf die eigenen Themen und das eigene Wählerpotenzial zu konzentrieren. Zugleich zeigte er in der „Welt“ Bereitschaft, bei möglichen Koalitionsverhandlungen nach der Wahl über den Abbau des Solidaritätszuschlags zu sprechen. „Wenn die FDP dieses Thema auf den Tisch legt, werden wir darüber in den Koalitionsverhandlungen reden. (...) Der Soli ist eine vorübergehende Steuer.“ Allerdings bestehe keine Eile, „der Solidarpakt läuft ja erst 2019 aus“.

Der Solidarpakt ist ein Finanztransfer von Bund und Ländern für den Aufbau im Osten. Demgegenüber ist der Solidaritätszuschlag eine allgemeine Bundessteuer, die weder zweckgebunden noch befristet ist. Er wurde im Zuge des Wiederaufbaus nach der Einheit eingeführt. CDU-Chefin Merkel hatte im Wahlkampf wiederholt deutlich gemacht, dass sie – anders als die FDP – diese allgemeine Steuer beibehalten wolle.

FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle knüpfte in der „Welt“ eine weitere Koalition mit CDU und CSU an die Abschaffung des Solidaritätszuschlags. „Eine Voraussetzung für die FDP zur Fortsetzung der christlich-liberalen Koalition ist, dass der Solidaritätszuschlag so schnell wie möglich abgeschafft wird.“ FDP-Chef Philipp Rösler sagte in Düsseldorf: „Wir wollen einen Abbaupfad für den Soli. ... Wenn 2019 der Solidarpakt auslaufen wird, dann darf es in Deutschland auch keinen Soli mehr geben.“

Insgesamt gehen für den 18. Deutschen Bundestag 34 Parteien mit annähernd 4500 Kandidaten ins Rennen. Das neue Parlament mit seinen mindestens 598 Abgeordneten trifft sich spätestens am 22. Oktober zum ersten Mal. Bis dahin ist die schwarz-gelbe Bundesregierung auf jeden Fall noch im Amt.

Sicher ist, dass Union (2009: 33,8 Prozent), SPD (23), Linkspartei (11,9) und Grüne (10,7) wieder ins Parlament kommen. Die FDP, die vor vier Jahren ein Rekordergebnis (14,6) holte, muss zittern. In der FDP nahm vor der Wahl der Druck auf Spitzenkandidat Brüderle und Parteichef Rösler zu. In mehreren Landesverbänden gibt es dem Vernehmen nach Überlegungen, das Spitzenduo für ein schlechtes Ergebnis verantwortlich zu machen.