Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer und CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich kritisieren das Busbeschleunigungsprogramm des Senats. „Das alles passt nicht zusammen“, sagt Melsheimer – und Wersich legt nach.
Hamburg. Handelskammer und CDU lassen kein gutes Haar an der Verkehrspolitik des SPD-Senats. „Eine so schlechte Koordination von Baustellen wie im Moment kann sich die Stadt auf Dauer nicht leisten“, sagte Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer im Gespräch mit dem Abendblatt. „Es war ein Fehler, Kompetenzen in diesem Bereich so stark in die Bezirke zu verlagern. Das hat dazu geführt, dass die Gesamtkoordination von Baumaßnahmen schlechter geworden ist.“ Auch was das Busbeschleunigungsprogramm angehe, sei er eher skeptisch, so der Kammer-Präses. „Die Verkehrspolitik ist extrem entwicklungsbedürftig.“
CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich äußerte sich in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ noch schärfer. „Wir erleben die schlechteste Verkehrspolitik seit Jahrzehnten“, sagt Wersich. „Das 260 Millionen Euro teure und völlig sinnlose Busbeschleunigungsprogramm verschärft das Stauchaos, während auf das Zukunftsmodell einer Stadtbahn zur leistungsfähigen Anbindung vieler Stadtteile verzichtet wird. Der notwendige Ausbau von Hafenbrücken für eine leistungsfähigere Eisenbahnanbindung wird verschoben. Zugleich werden Bus und Bahn noch teurer gemacht und Gebühren für die Park-and-ride-Anlagen erhoben.“ Das alles passe nicht zusammen, nerve die Hamburger zu Recht und sei schlicht „falsche Politik“.
Präses Melsheimer kündigte eine Positionspapier der Handelskammer zur Verkehrspolitik an. „Darin werden wir uns auch mit dem Busbeschleunigungsprogramm und der Stadtbahn auseinandersetzen“, so Melsheimer.
„Prinzipiell haben wir da keine kompromisslose Haltung. Bei der Stadtbahn kommt es sehr auf das richtige System und die richtige Streckenführung an. Wir werden dazu demnächst unsere genauen Positionen präsentieren.“
Melsheimer betonte erneut die große Bedeutung einer zügigen Elbvertiefung für die Stadt. Dass sich das Gerichtsverfahren durch die Einbeziehung des Europäischen Gerichtshofes möglicherweise noch viel länger hinziehen könnte als befürchtet, sei „sehr schlimm für die Hafenwirtschaft und die ganze Stadt“, sagte Melsheimer. „Wir hören bereits, dass die großen Reedereien prüfen, wie sie die Verkehre umlenken können. Wenn es dazu kommt, dass immer mehr Schiffe nach Rotterdam statt nach Hamburg fahren, dann ist es sehr schwer, diesen Umschlag wieder nach Hamburg zurückzuholen. Sollte die Elbvertiefung gar nicht kommen, wäre das eine Katastrophe für die gesamte Stadt.“
Diesem Senat, und auch den Vorgängern, könne man zwar keine Vorwürfe machen. „Aber das Verbandsklagerecht der Umweltverbände sorgt dafür, dass sich solche Genehmigungsverfahren unendlich lange hinziehen. Für die Wirtschaft ist das ein großes Problem“, so der Präses. „Ich denke, man sollte darüber nachdenken, ob dieses Recht noch zeitgemäß ist.“
Wie Melsheimer bereits im Abendblatt-Interview vom vergangenen Sonnabend, sprach sich nun auch CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich in der „Welt am Sonntag“ noch einmal gegen den vollständigen Rückkauf der Energienetze aus. „Ein Netzrückkauf wäre schlecht für Hamburg und eine schwere Niederlage für Bürgermeister Scholz“, so Wersich. „Denn es würde bedeuten, dass er zahlreiche eigene Anhänger in dieser Frage nicht von seiner Politik überzeugen konnte.“ Es könne sich hier „die frühere SPD-Propaganda rächen“, denn „gerade im linken Spektrum predigen viele mehr Staat und mehr staatlichen Einfluss“.
Zugleich übte auch Wersich scharfe Kritik an den Umweltverbänden. „Volksentscheide sind eine sehr ernste Sache. Da sie verbindlich für das Handeln der Politik sind, muss sorgsam mit ihnen umgegangen werden. Deshalb muss die Debatte sachlich und mit einer Mindestkultur politischen Anstands geführt werden. Das sehe ich derzeit eklatant verletzt. Initiativen wollen die Politik durch einen Volksentscheid binden, aber andersherum ist das nicht der Fall. Würden BUND und andere Umweltverbände das Ergebnis eines Volksentscheids akzeptieren, würde ich morgen einen Volksentscheid für die Elbvertiefung starten. Aber die Umweltverbände akzeptieren demokratische Entscheidungen nicht, sondern klagen dennoch.“ So entstehe „eine Schieflage, über die gesprochen werden muss“.
Auch mit den Grünen geht Wersich hart ins Gericht – vor allem mit Fraktionschef Jens Kerstan. „Der Grünen-Fraktionschef giftet und greift leider zu schmutzigen Mitteln“, sagte Wersich. „Rückkauf-Gegner werden der Bestechlichkeit verdächtigt, Handwerk, Handel, Gewerkschaften und Betriebsräte diffamiert.“