Bis Ende dieses Jahres gibt es noch 51 Straßenprojekte – Verkehrsstaatsrat Rieckhof: Auch gute Koordinierung kann Staus nicht „wegzaubern“. „Es ist der Schwerlastverkehr, der Hamburgs Straßen vor allem zu schaffen macht.“
Hamburg. Ausgerechnet vor den St.Pauli-Landungsbrücken. Als Christina Hesse, sie leitet in Hamburgs Wirtschaftsbehörde die Koordinierung der Straßenbaustellen, den Anruf von Vattenfall erhält, ist ihr sofort die Größe des Problems bewusst. Weil der Energieversorger kurzfristig ein wichtiges Stromkabel erneuern will, muss die Kreuzung zur Helgoländer Allee Ende September für eine Woche vollständig gesperrt werden.
Viele Autofahrer werden dann auf der Hafenstraße im Stau stehen und nach einem Umleitungsweg durch angrenzende Wohngebiete suchen. Viele Anwohner wiederum werden sich über den zusätzlichen Autolärm und die Belästigung durch Abgase ärgern.
Verkehrsstaus infolge von Baustellen sind ein leidiges wie allgegenwärtiges Thema in Hamburg. Auf den Autobahnen erreichen die Staulängen oft zweistellige Kilometerwerte. In der Stadt sorgen Baustellen für quälend lange Umwege. An manchen Tagen geht über Stunden nichts mehr.
Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof hatte am Mittwoch in die Wirtschaftsbehörde geladen, um über die größten, in diesem Herbst geplanten Baustellen zu informieren. Immerhin summiert sich die Zahl der Baustellen, die Hamburgs Autofahrer noch bis Ende des Jahres erdulden müssen, auf 51.
Auch wenn Rieckhof mit Stolz in der Stimme verkündete, dass man nach Jahren des Mangels jetzt mehr Geld für den Unterhalt von Straßen und Brücken zur Verfügung habe, weiß er um die Kehrseite des Problems. Zwar sei die Abteilung Baustellenkoordinierung (KOST) personell und technisch aufgestockt worden und man versuche, gut zu planen. Aber keine noch so gute Koordinierung könne Baustellen und die damit verbundenen Staus „wegzaubern“, räumt der Staatsrat freimütig ein.
Die Stadt hat allerdings keine Wahl, will sie ihre Verkehrsinfrastruktur halbwegs instand halten. Mehr als 120.000 Fahrzeuge passieren Tag für Tag den Elbtunnel. Noch einmal so viele Fahrzeuge rollen über die Elbbrücken. Der Autobahnabschnitt zwischen Stellingen und dem Hamburger Nordwestkreuz gehört mit mehr als 150.000 Fahrzeugen täglich zu den meistbefahrenen Teilstücken Deutschlands.
„Es ist der Schwerlastverkehr, der Hamburgs Straßen vor allem zu schaffen macht“, sagt Rieckhof. Deutschlands Exporterfolge und die große Bedeutung von Hamburgs Hafen manifestierten sich in steigenden Zahlen schwerer Transporte. Im Jahr 2010 seien 4000 Transporte mit mehr als 100 Tonnen beantragt worden, sagt Rieckhof. Im vergangenen Jahr habe die Zahl der Anträge bei mehr als 9000 und damit mehr als doppelt so hoch gelegen.
Wer mit einem Lastkraftwagen mehr als 40 Tonnen über die Straße befördern will, benötigt eine Sondergenehmigung. „Es geht dabei immer um den konkreten Fall“, sagt Rieckhof. Dann muss herausgefunden werden, welche Brücke die Last aushält und wo der Sattelschlepper eine Kreuzung oder eine Kurve meistern kann. Dass Straßen unter Schwerlasttransporten besonders leiden, versteht sich von selbst.
Aber wer im Stau steht, der denkt oft nicht an solche „Feinheiten“. Oder daran, dass in den Behörden keine Menschen sitzen, die Autofahrer nerven wollen. Man habe lange darüber nachgedacht, ob für Straßenbauarbeiten an der Kreuzung Ratsmühlendamm/Maienweg eine Vollsperrung wirklich notwendig sei, erzählt Christina Hesse.
Das Bauprojekt ist anspruchsvoll: der Unfallschwerpunkt soll beseitigt und der Radweg besser geleitet werden. Im nördlichen und südlichen Teil wird die Fahrbahn saniert. Man habe mit der Polizei beraten, ob die Bauarbeiten nicht auch bei laufendem Verkehr möglich wären, sagt Hesse. Dann aber hätten die Bauarbeiten bis ins Frühjahr kommenden Jahres gedauert.
„Deshalb haben wir die vier Maßnahmen zusammengefasst und uns für eine achtwöchige Vollsperrung entschieden.“ Wohl wissend, dass viele Anwohner genervt sein werden. Schließlich wird der Verkehr auch durch Nebenstraßen umgeleitet. Außerdem lägen die zweiwöchigen Herbstferien in der Zeit der Vollsperrung, sagt Hesse. In diesem Moment klingt ihre Stimme besonders hoffnungsvoll. Weniger hoffnungsvoll äußerte sich Klaus-Peter Hesse, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Er warf dem mit absoluter Mehrheit regierenden SPD-Senat „Aktionismus“ vor. „Die vorgestellten Maßnahmen sind nicht ausreichend und ein hilfloser Versuch, von dem bisherigen Versagen abzulenken.“ Und auf unvorhergesehene Ereignisse, die zu einer Verlängerung der Baumaßnahmen führen könnten, sei der Senat gar nicht vorbereitet, glaubt der Unionspolitiker. So sei ungeklärt, wohin die Autofahrer beispielsweise bei Unfällen ausweichen sollten.
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