Der Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen fordert, die Jugendlichen in Pflegefamilien unterzubringen. Dies sei effektiver und günstiger.

Hamburg. Nach den Misshandlungsvorwürfen gegen Kinder- und Jugendheime in Brandenburg hat sich der Kriminologe Christian Pfeiffer gegen geschlossene Unterbringungen ausgesprochen. „Sie bergen ein hohes Risiko und sind wenig erfolgreich“, sagte Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. Statt in einer Einrichtung wie der derzeit umstrittenen Haasenburg GmbH, sollten die Jugendlichen in Pflegefamilien untergebracht werden, lautet seine Forderung.

„Die Pflegeeltern müssten eine Zusatzausbildung erhalten sowie eine Top-Bezahlung. Ein Netto-Monatseinkommen von 1700 Euro etwa“, so Pfeiffer weiter. Die Familien dürften jeweils nur eines dieser Kinder zur Pflege aufnehmen. In Baden-Württemberg hätte sich dieses Konzept bereits bewährt. Zudem wäre es deutlich kostengünstiger als geschlossenen Unterbringungen. Diese haben Tagessätze pro Jugendlichen von durchschnittlich etwa 250 Euro. Auf diese Weise kommen leicht Kosten in Höhe von 7500 Euro im Monat zusammen.

Pfeiffer geht es in erster Linie um den pädagogischen Ansatz. „Jugendliche gehen nur widerwillig in diese gefängnisähnliche Situation einer geschlossenen Unterbringung.“ Diese könnte aus seiner Sicht etwa zur kurzfristigen Krisenintervention sinnvoll sein. Etwa wenn Jugendliche sich und andere gefährden. „Das darf aber nicht länger dauern als ein Viertel Jahr“, sagt Pfeiffer.

Der Grund, warum Kinder und Jugendliche auffällig würden liege hauptsächlich darin, dass ihnen aus ihren eigenen Familien Liebe und Geborgenheit fehle. „Das auszugleichen, ist der Job der Pflegefamilien.“ Aus seiner Sicht käme das Einhalten von Regeln dann von allein. Etwa das morgendliche Aufstehen oder der Schulbesuch. „Das Einsperren in einer geschlossenen Einrichtung macht alles nur noch schwieriger.“ Die Wut gegen andere oder die Auflehnung gegen Autoritäten würden sich dort verstärken, sagt der niedersächsische Kriminologe.

Dass es sich bei den Jugendlichen, die in Einrichtungen wie etwa der Haasenburg GmbH um Kriminelle handelt, streitet Pfeiffer ab. „Es wird kräftig auf die Pauke gehauen und aus einer Mücke ein Elefant gemacht“, so Pfeiffer. „Das hat einzig und allein den Grund, die hohen Kosten der geschlossenen Einrichtung zu rechtfertigen.“