Bundesrichter rufen im Fall der Weser-Ausbaggerung den EuGH in Luxemburg an – mit Folgen auch für Hamburg
Leipzig. Schwerer Rückschlag für die Hafenwirtschaft in Bremen – und neue Zweifel an der Umsetzung der Elbvertiefung: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat das Verfahren über die Vertiefung von Unter- und Außenweser am Donnerstag ausgesetzt. Derselbe Senat des Gerichts muss demnächst auch über die Ausbaggerung der Elbe entscheiden.
Das Gericht rügte Verfahrensmängel im Planfeststellungsbeschluss, gegen den der Umweltverband BUND geklagt hatte. Vor allem aber leiteten die Bundesrichter grundsätzliche Fragen zur Vertiefung des Flusses an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weiter. Die Luxemburger Richter sollen beantworten, ob die Weservertiefung überhaupt mit der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union vereinbar ist oder ob das Projekt die ökologische Lage an dem Fluss verschlechtert. Bremerhaven ist nach Hamburg der zweitgrößte deutsche Seehafen.
Die Zwischenentscheidung des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts könnte auch – so die Sorgen im Hamburger Hafen – auf die geplante Vertiefung und Verbreiterung der Unterelbe durchschlagen. Auch gegen dieses Großprojekt gibt es Klagen vom BUND und anderen Beteiligten. Eine öffentliche Anhörung vor dem Bundesverwaltungsgericht für das Elbeprojekt wird bislang für das vierte Quartal erwartet. „Die Richter sehen sich den Planfeststellungsbeschluss für die Elbe an und beurteilen, ob der heutige Beschluss zur Weservertiefung Auswirkungen darauf hat“, sagte Gerichtssprecher Werner Neumann dem Abendblatt. Es sei nicht auszuschließen, dass sich durch die Einbindung des EuGH im Falle der Weservertiefung auch die Anhörung zur Elbvertiefung verzögere.
Professor Ulrich Karpen, emeritierter Verwaltungsrechtsexperte in Hamburg, rechnet mit deutlicher Verzögerung im Verfahren zur Elbvertiefung. „Die Planer der Elbvertiefung haben zwar eine Stellungnahme der Europäischen Kommission eingeholt“, sagte Karpen dem Abendblatt. „Aber wenn das Bundesverwaltungsgericht jetzt vom Europäischen Gerichtshof grundsätzliche Rechtsfragen klären lässt, betrifft das zwangsläufig auch die Elbvertiefung. Ich erwarte, dass über das Projekt nicht vor 2015 entschieden wird.“
Die Umweltverbände, die gegen die Elbvertiefung klagen, sehen sich im Zwischenentscheid zur Weservertiefung bestätigt: Man erwarte, „dass sich nun die gerichtliche Entscheidung über die Elbvertiefung verzögert“. Die Wahrscheinlichkeit steige, dass das Bundesverwaltungsgericht das Projekt ablehne.
Der Chefplaner der Elbvertiefung hingegen, Jörg Osterwald vom Wasser- und Schifffahrtsamt Hamburg, sieht durch den Beschluss zur Weservertiefung keinen Nachteil für die geplante Erweiterung der Elbfahrrinne: „Wir haben keine Erkenntnisse darüber, dass die heutige Entscheidung das Projekt zur Vertiefung und Verbreiterung der Elbfahrrinne schwieriger macht“, sagte er dem Abendblatt.