Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung hat die in Tunesien inhaftierte Femen-Aktivistin Josephine Witt (20) besucht. Er habe schlimmere Gefängnisse gesehen, sagte FDP-Politiker Löning.

Erstmals hat der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), die in Tunesien inhaftierte Femen-Aktivistin Josephine Witt besucht. Rund eine Stunde konnte der Politiker mit der Aktivistin sprechen. Die Hamburgerin hatte zusammen mit zwei französischen Mitstreiterinnen Ende Mai barbusig vor dem Justizpalast in Tunis für die Freilassung einer Femen-Aktivistin demonstriert und war deshalb zu vier Monaten Haft verurteilt worden.

Wie Löning berichtet, teile sich die 20-Jährige eine Zelle im Frauengefängnis von Manouba mit 29 weiteren Frauen. Es gehe ihr jedoch gesundheitlich gut und sie werde von ihren Mitgefangenen sehr gut behandelt. "Ich besuche viele Gefängnisse, und ich habe schon schlimmere gesehen", sagte der Menschenrechtsbeauftragte nach dem Gespräch. "Sie hat einen gefassten Eindruck gemacht. Sie scheint eine starke junge Frau zu sein." Dennoch sei sie von dem harten Urteil noch immer überrascht.

Zugleich warnte Löning davor, den Reformprozess in Tunesien allein an der Causa Femen zu messen. „Man muss anerkennen, dass sich die Tunesier nach Jahrzehnten der Diktatur mühevoll den Weg in die Demokratie erarbeiten“, sagte der FDP-Politiker mit Verweis auf die Freiheit der politischen Debatte in dem islamischen Staat. „Den Blick darauf sollten wir uns nicht durch einen Vorfall verstellen lassen, der uns natürlich nicht gefällt.“

Berufungsverhandlung für Freitag angesetzt

Löning gegenüber sagte die Femen-Aktivistin, dass sie mit dem Protest niemals die Gefühle anderer verletzen, sondern lediglich einer bereits inhaftierten tunesischen Aktivistin helfen wollte. Der Menschenrechtsbeauftragte beurteilte die Strafe als „unverhältnismäßig“. Er hoffe nun, „dass das Urteil in der zweiten Instanz abgemildert wird“. Die Berufungsverhandlung wurde für diesen Freitag angesetzt.

Kontakt nach Deutschland hat die Hamburgerin bislang jedoch nicht. Die Botschaft will sich vor Ort dafür einsetzen, dass die junge Frau bald telefonieren kann. Auch die Hamburger Aktivisten der Femen-Gruppe haben derzeit keinen Kontakt zu ihrer inhaftierten Mitstreiterin. Laut Femen-Mitglied Helen L. ist Josephine erst seit ein paar Monaten dabei, hat aber bereits bei zahlreichen größeren Aktionen mitgewirkt. In der Hansestadt sind derzeit fünf Aktivistinnen an den Femen-Protesten regelmäßig beteiligt.