Schulsenator schlägt Verbesserung des G8-Konzepts vor und zeigt sich offen für Gespräche - doch das reicht den Eltern nicht. Sie wollen eine längere Schulzeit durchsetzen.
Altstadt. Schulsenator Ties Rabe will einen Schulkrieg über die Frage, ob Hamburgs Gymnasiasten acht oder neun Jahre bis zum Abitur zurücklegen sollten, um jeden Preis verhindern. Der Sozialdemokrat geht auf die Volksinitiative "G9-Jetzt-HH" zu, die derzeit Unterschriften für eine Wahlmöglichkeit an allen Schulen sammelt, und bietet ihr Gespräche an. "Ich habe von Anfang an gesagt: G8 kann man verbessern, und ich wünsche mir hierzu Gespräche mit der Initiative. Ich bin zuversichtlich, dass diese nach den Ferien, wenn die Initiative sich auch selbst ein Stück gefunden hat, beginnen können", sagte Rabe der "Welt am Sonntag". Dabei werde er so weit gehen, "wie es sein muss, um einen neuen Schulkrieg in Hamburg zu verhindern".
Die Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre hätten bei den Beteiligten an den Schulen Spuren hinterlassen; eine erneute Fraktionierung der Schulöffentlichkeit mit tiefen Gräben tue Hamburg nicht gut. Kompromissideen - die Grünen in der Bürgerschaft hatten sich kürzlich offen gezeigt für ein neunjähriges Gymnasium in jedem Hamburger Bezirk - will Rabe nicht zuerst im Parlament besprechen, sondern mit den Beteiligten selbst diskutieren. "Öffentliche Schauverhandlungen führe ich nicht." Sehr beeindruckt zeigt sich das Elternbündnis allerdings nicht von dem Angebot Rabes. "Wir sprechen gern mit jedem, aber wir wollen unsere Volksinitiative erst einmal zu Ende führen", sagte Initiatorin Mareile Kirsch auf. Und: "Wir wollen G9, nicht ein verbessertes G8."
Auch unabhängig von der Volksinitiative will der Schulsenator die Belastung an den achtjährigen Gymnasien senken. Die Prüfung habe ergeben, dass nicht alle Schulen die Obergrenze von 34 Wochenstunden auch tatsächlich einhielten. Dies müsse abgestellt werden, so Rabe. Bessere Absprachen an den Schulen müssten zudem dafür sorgen, dass sich Klausuren nicht in wenigen Wochen des Schuljahres zu stark häuften. Notfalls müsse die Behörde eine Obergrenze von vielleicht zwei Klausuren pro Woche festlegen.
Auch bei den Hausaufgaben müssten sich die Lehrer besser abstimmen. Bei der Umsetzung dieser Änderungen will Rabe die Eltern, Lehrer und Schulleiter intensiv einbinden. Diese Veränderung schaffe man nicht in den heißen Wochen vor den Ferien. "Wir haben zehn Jahre mit G8 gelebt, da kommt es jetzt nicht auf drei Monate an, sondern auf einen sorgfältigen Prozess - und den beginnen wir nach den Ferien", kündigte der 52-Jährige an.
Der Neubau und die Modernisierung von Schulen kommen hingegen nicht so schnell voran wie ursprünglich geplant, räumte der Senator ein. Die Zielmarke von 300 Millionen Euro im Jahr, die der Senat jährlich für den Schulbau zur Verfügung stelle, könnten in diesem Jahr wohl nicht verbaut werden. Man habe den Schulbau umstrukturieren müssen, und das Ganze funktioniere nur, wenn die Beteiligten vor Ort Verantwortung übernähmen und bürokratische Planungsprozesse ein Stück weit abgebaut würden - das sei aber ein langwieriger Prozess. Senator Rabe appellierte an alle Beteiligten: "Wenn wir uns weiter monatelang über die Farbe von Klinkersteinen streiten, dann werden wir den Schulbau nicht weiter ankurbeln. Wir brauchen das richtige Maß zwischen Ästhetik und Geschwindigkeit." Im Dialog mit Schulen stelle er häufig fest, dass sie sagten: Wir warten lieber ein Jahr länger und bekommen dann ein besonders schönes Gebäude. "Wenn das alle tun, geht der Schulbau nicht voran", so Rabe.
Wegen der maroden Schulgebäude und der Umbauten muss die Schulbehörde zum neuen Schuljahr 43 weitere mobile Klassenzimmer aufstellen - etwas weniger als vor einem Jahr. Zwischen 400 und 450 Container stehen allerdings schon an den Schulen. Die Kosten dafür sind in die Mittel für den Schulbau eingerechnet.
Der Forderung von Wilhelmsburger Schulleitern, bei seinem Maßnahmenpaket für Schulen in sozial benachteiligten Schulen noch einmal nachzubessern, erteilte Rabe eine Absage. "Wir haben ein vernünftiges Konzept auf den Weg gebracht, und ich führe keine Tarifverhandlungen mit einigen Schulleitern über die Frage, wie viele Stellen sie gern hätten", sagte Rabe. Das Behördenprogramm werde mindestens acht bis zehn Millionen Euro kosten. Er erwarte aber auch von den Schulleitern einen Beitrag, die Schule weiterzuentwickeln, so Rabe. Er halte es für falsch, wenn Stadtteilschulen den Eindruck erweckten, dass sie sich nur Schülern widmeten, die es schwerhaben. "Die Stadtteilschule kann sich nur profilieren, wenn sie sehr klar auf Leistung setzt", sagte der Senator.