Insolvenzverwalter Heiko Fialski erhebt im Abendblatt-Interview Vorwürfe gegen die Kassenärztliche Vereinigung. Die Übernahme der Hanserad-Gruppe von Prof. Wolfgang Auffermann könnte scheitern.
Hamburg. 150 Angestellte - Ärzte und medizinische Mitarbeiter - bangen nach der Insolvenz der Hamburger Klinikgruppe Hanserad um ihre Jobs. Obwohl es einen potenziellen Übernehmer gibt, droht eine vollständige Pleite. Grund ist eine juristische Auseinandersetzung um die Arztsitze zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung, den Insolvenzverwaltern und dem schillernden, abgetauchten Radiologen Prof. Wolfgang Auffermann. Auffermann wird Abrechnungsbetrug in zweistelliger Millionenhöhe vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat bundesweit 41 Wohnungen und Geschäftsräume durchsuchen lassen. Nachdem sich Auffermann beim Abendblatt gemeldet hat und sagte, sein Interesse gelte dem Fortbestand der Praxen, stellte sich Insolvenzverwalter Heiko Fialski im Interview.
Hamburger Abendblatt: Herr Fialski, was muss getan werden, um die 150 Arbeitsplätze bei Hanserad zu retten?
Heiko Fialski: Entscheidend ist, dass ein Interessent zur Übernahme bereit ist. Und diesen Interessenten gibt es. Aber ohne, dass die Kassenarztsitze auf das neue Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) übertragen werden, kann das Unternehmen in neuer Konstruktion nicht fortgeführt werden.
Wer blockiert die Übernahme der insolventen Hanserad?
Fialski: Der Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg hat nach unserer Auffassung eine falsche Rechtsmeinung. Dort glaubt man, dass Prof. Auffermann einen neuen ärztlichen Leiter bestellen muss. Wir glauben, dass wir einen benennen können. Diese Auffassung wird auch von der Aufsichtsbehörde der KV in Hamburg und anderen Kassenärztlichen Vereinigungen geteilt. In Hamburg hat die Öffentlichkeitsarbeit der KV dazu geführt, dass Patienten und Mitarbeiter verunsichert werden. Die KV hat die Entscheidung des Zulassungsausschusses den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) die Zulassung zu entziehen in einer Pressemitteilung veröffentlicht – ohne einen möglichen Widerspruch abzuwarten oder die Hanserad Radiologie selber zu informieren. Zwei Tage später folgte eine winzige Meldung auf der Homepage der KV Hamburg, dass die Behandlung wegen des eingelegten Widerspruchs weiter gehen könnte.
Stellt sich Prof. Auffermann gegen eine Übernahme?
Fialski: Nach den Mitteilungen, die wir von ihm erhalten, ist er daran interessiert, die Hanserad zu erhalten.
Mit ihm als ärztlichem Direktor?
Fialski: Das kann ich mir nicht vorstellen.
Es drängt sich der Eindruck auf, dass der Streit zwischen Ihnen und der KV auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen wird.
Fialski: Es ist richtig, dass wir eine andere Rechtsauffassung haben als die KV, von einem Streit kann keine Rede sein; ohne eine Übertragung der KV-Sitze ist aber niemand an der Übernahme interessiert. Wenn demnach in absehbarer Zeit die KV-Sitze nicht rechtssicher übertragen werden können, müssen allerdings weitere Maßnahmen ergriffen werden. Der potenzielle Übernehmer hat sich bei den Mitarbeitern schon vorgestellt. Die Reaktionen sind sehr positiv. Sicher könnten die qualifizierten medizinischen Mitarbeiter auch woanders unterkommen. Aber der Zusammenhalt unter den Hanserad-Angestellten ist sehr groß.
Wer ist der Käufer?
Fialski: Das ist ein größerer radiologischer Praxenverbund aus dem süddeutschen Raum.
Wie viele Mitarbeiter werden nach Ihrem Sanierungskonzept übrig bleiben?
Fialski: Einige sind bereits ausgeschieden, aber 140, 150 Mitarbeiter sind es noch.
Kann mit ihnen der Betrieb aufrechterhalten werden und wirtschaftlich für Tausende Patienten arbeiten?
Fialski: Die Mitarbeiter sind sehr motiviert und können in der aktuellen Anzahl die qualitativ hochwertige medizinische Versorgung der Patienten sicherstellen.
Warum ist Hanserad dann pleite gegangen?
Fialski: Die Investitionen in Hamburg in die Diagnoseklinik am Stephansplatz ist alleine aus den laufenden Einnahmen finanziert worden. Das hat das Unternehmen nicht verkraftet.
Wer sind die Gläubiger?
Fialski: Das sind verschiedene Banken, Leasinggeber für die Geräte, die Arbeitsagentur wegen des Insolvenzgeldes und natürlich die Krankenkassen. Sie haben Rückforderungen wegen möglicherweise falsch abgerechneter Kontrastmittel in Höhe von etwa 20, 25 Millionen Euro.
Welchen Einfluss hat das Strafverfahren gegen Prof. Auffermann wegen angeblichen Abrechnungsbetruges auf den Verkauf der insolventen Gruppe?
Fialski: Wir sind relativ früh von der Staatsanwaltschaft angesprochen worden. Der laufende Geschäftsbetrieb war nicht beeinträchtigt. Wir würden einen Asset Deal machen, also einen Kaufvertrag, bei dem der Übernehmer die Leasingverträge und Mitarbeiter übernimmt und eine völlig neue GmbH betreibt. Die Verbindlichkeiten bleiben bei den alten GmbHs.
Wie lange dauert es, bis der Kauf abgeschlossen ist und das neue Unternehmen wie das alte arbeitet?
Fialski: Das ist schwierig zu sagen. Es kommt darauf an, wie schnell die Arztsitze rechtswirksam übertragen werden können.