198 Millionen Euro mehr als zuletzt geplant kostet das Bauwerk. Die Übergabe verzögert sich auf Mitte 2016, die Eröffnung auf Frühjahr 2017.
Hamburg. Die Entscheidung ist gefallen: Der SPD-geführte Hamburger Senat setzt beim Weiterbau der Elbphilharmonie auf den Baukonzern Hochtief. Die Landesregierung traf die Entscheidung am Sonnabendmittag nach dreistündiger Beratung um kurz vor 12 Uhr einvernehmlich, wie Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) kurz darauf vor Journalisten im Rathaus berichtete. Am frühen Morgen hatte der Essener Baukonzern sein Angebot noch einmal nachgebessert. Das Unternehmen sicherte der Stadt schriftlich ein außerordentliches, fristloses Kündigungsrecht zu. Für den Fall einer Kündigung durch die Stadt verpflichtet sich Hochtief, die Baustelle am Hafenrand sofort zu übergeben.
Und so sieht das Angebot aus: Hochtief verpflichtet sich, das Konzerthaus für noch einmal 198 Millionen Euro „schlüsselfertig“ zu Ende zu bauen. Alles in allem wird die Elbphilharmonie damit 575 Millionen Euro kosten. Hochtief übernimmt alle Risiken und die Gewährleistung. Die Stadt ist nur noch klassischer Bauherr und nimmt das Gebäude am Ende ab. Hochtief wird nach dem Vorschlag einziger Verhandlungspartner der Stadt. Die Generalplaner, das Baseler Architektenbüro Herzog & de Meuron, arbeitet künftig unter dem Dach von Hochtief. Im Juli 2016 soll das Haus fertig sein. Die Eröffnung dürfte dann 2017 erfolgen.
„Der Senat hat zur Kenntnis genommen, dass Hochtief ein interessantes Angebot vorgelegt hat“, sagte Scholz in gewohnter Zurückhaltung. Denn wirklich in trockenen Tüchern ist die Vereinbarung noch nicht. Der Senat beauftragte formal die städtische Bau KG, bis zum 28. Februar 2013 die Details der Verträge mit Hochtief zu verhandeln. „Sollte es am 28. Februar nicht zu einem Vertrag kommen, werden wir den Weg allein gehen und kommen auch gleich auf die Baustelle“, sagte Scholz. „Wir verlieren keine Zeit, wenn es nichts wird. Aber wir wollen, das es etwas wird.“
Scholz bekannte, dass es ihm „unglaublich schwer“ falle, den Mehrpreis von 198 Millionen Euro zu akzeptieren. „Andererseits wissen wir, dass wir mit einem Betrag in vergleichbarer Höhe rechnen müssen, wenn wir allein weiterbauen.“ Grundsätzlich sei es eine „schwierige Abwägungsfrage“ gewesen, ob das Vertrauen zu dem Baukonzern nach den jahrelangen Auseinandersetzungen ausreiche. „Ich habe mir die ganze Nacht das Hirn zermartert, ob wir das tun sollen“, sagte der Bürgermeister. Und er machte deutlich, dass wenig fehlte und die Entscheidung wäre anders ausgegangen. „Wenn Hochtief nicht noch nachgelegt hätte, dann hätten wir am Dienstag der vergangenen Woche gekündigt“, sagte Scholz.
Der Essener Baukonzern nannte die Kosten in Höhe von 575 Millionen Euro einen „endgültigen Pauschalfestpreis“. Hamburg erhalte volle „Planungstransparenz“, eine Mitwirkung an der Planung sei aber nicht mehr erforderlich und nicht vorgesehen. „Die Neuordnung des Projekts wird möglich, weil alle Parteien zu weitgehenden finanziellen Zugeständnissen bereit sind“, sagte Hochtief-Vorstandschef Marcelino Fernandéz Verdes.
„Die nun zu erwartende Kostensteigerung ist bitter, aber war zu erwarten“, sagte Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer in einer ersten Reaktion. Es sei gut, dass sämtliche Risiken nun bei Hochtief liegen sollen. Entscheidend werde sein, dass eine „neue Kultur des Vertrauens“ einkehre.
CDU-Bürgerschafts-Fraktionschef Dietrich Wersich warf Scholz vor, dass sich in seiner Regierungszeit die Bauverzögerung von 14 Monaten auf vier Jahre erhöhen werde. „Die über fast zwei Jahre verfolgte Strategie der Konfrontation des Bürgermeisters gegenüber Hochtief ist gescheitert“, sagte Wersich. Hamburg müsse fast 200 Millionen Euro mehr für die Elbphilharmonie bezahlen. „Sieht so gutes Regieren aus?“, fragte der CDU-Politiker.
„200 Millionen Euro Nachschlag – das ist eine bittere Nachricht“ sagte Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan. Die Einigung mit Hochtief sei ein „teuer erkaufter Friedensvertrag“. Im Übrigen habe sich das Vertrauen auf einen Pauschalfestpreis schon einmal als Illusion erwiesen.