Der Flugzeugbauer geht in die USA. Ein richtiger Schritt, von dem Europa lernen kann
Airbus will ein Montagewerk in den USA bauen. Diese Nachricht weckt bei vielen Hamburgern Ängste und Sorgen. Die Frage nach der Zukunft der Fabrik auf Finkenwerder wird gestellt. Nehmen die uns jetzt unsere Arbeitsplätze weg? Erst die Flugzeugfertigung in China - und jetzt auch noch Amerika. Was wird aus Hamburg? Was hat Airbus vor? Der Lokalpatriot ist alarmiert.
Doch ein Blick auf den drehbaren Globus im heimischen Arbeitszimmer erdet, zeigt er Hamburg doch nur als einen klitzekleinen Punkt auf einer riesigen Kugel. Umrahmt von Riesenreichen wie Russland, China, Indien, Brasilien und eben Nordamerika. Selbst Westeuropa erscheint gegen diese geografischen Giganten dürr. Und sie sind mehr als nur große Landflächen mit vielen Einwohnern, sie stellen ökonomische Machtzentren mit einem nicht abzuschätzenden wirtschaftlichen Potenzial dar.
Westeuropa ist nicht der Mittelpunkt der Erde, so wie es viele seiner Einwohner aus Arroganz und Unwissenheit gerne glauben möchten. Westeuropa - und mitten drin Hamburg - ist einer von vielen wichtigen Wirtschaftsstandorten. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Die ökonomische Musik der Zukunft spielt zudem in anderen Teilen der Erde, wo es nicht das Hauptproblem der Konsumenten ist, welche Bildschirmdiagonale der Fernseher für das Kinderzimmer haben sollte. Milliarden Menschen sind hungrig auf einen Wohlstand, den wir längst als Normalität betrachten, zuweilen als Armut definieren. Ein Auto, ein Smartphone, ein DVD-Spieler - alles selbstverständlich. Aber eben nicht in weiten Teilen Asiens, Südamerikas - und in Afrika schon gar nicht.
Die Unternehmen gehen dort hin, wo die Profite locken. Und sie tun gut daran. Airbus hat ein Werk in China errichtet, um neue Absatzmärkte zu erschließen. Und der Konzern expandiert nach Amerika, weil er die dortige Dominanz des mächtigen Rivalen Boeing brechen will. Daimler, BMW, Volkswagen - auch sie und viele andere deutsche Hightechschmieden sind weltweit mit Fabriken präsent. Die Vorstandsetagen können nicht nur, sie müssen auf anderen Kontinenten aktiv werden, wollen sie die Arbeitsplätze in den westeuropäischen Kernzellen ihrer Konzerne sichern. Denn was nützt die weltweit beste Ingenieurskunst, wenn man sie nicht auf den Märkten der Zukunft verkaufen kann? Und gerade die Asiaten, aber auch die Amerikaner verlangen Entgegenkommen bei Fabrikstandorten und die Schaffung heimischer Arbeitsplätze, bevor sie ausländische Konkurrenzprodukte dulden.
Gegen einen gesunden Lokalpatriotismus ist auch in der globalisierten Welt von heute wenig einzuwenden. Allerdings sollte dieser nicht dazu führen, dass man jede Form der Expansion eines Unternehmens in ein anderes Land sofort als Gefahr für den eigenen Standort ansieht. Dieses engstirnige, pseudo-patriotische Denken prägt derzeit leider auch die Debatte über die Zukunft des Euro. Die Chancen und Vorteile einer gemeinsamen Währung gerade für Deutschland spielen leider nur eine untergeordnete Rolle. Stattdessen bestimmen von Boulevardmedien verbreitete Stammtischparolen über angeblich besonders faule und hochgradig korrupte Südeuropäer die Euro-Diskussion.
Westeuropa wird nur als eine politische und ökonomische Gemeinschaft, die mit geballter Wirtschaftskraft weltweit auftritt, seinen Wohlstand langfristig sichern können. Das europäische Unternehmen Airbus hat hier Vorbildcharakter.