NDR zeichnet Gruß an Bord auf. Was ursprünglich über Ätherwellen in die Ferne gefunkt wude, funktioniert auch im Internetzeitalter noch.
Hamburg. Die Glocken des Michel läuten schon an diesem Sonntag den Heiligabend ein, wenn im Funkhaus des NDR an der Rothenbaumchaussee die Sendung "Gruß an Bord" entsteht. Und das seit 58 Jahren. Das, was ursprünglich als einzige Brücke der Angehörigen über knarrende Ätherwellen und Norddeich Radio in die Ferne gefunkt wurde, funktioniert auch im Internetzeitalter noch.
"Erst kommt Heiligabend das Satelliten-Telefonat mit der Familie, dann hört man in der Mannschaftsmesse die Sendung", weiß Kerstin von Stürmer über den Ablauf an Bord. Die Moderatorin kam als "Seefrau" vor zwei Jahren zum Team und liegt damit voll im Trend der Zeit, denn zu den Kadetten an Bord gesellen sich immer mehr Frauen, die Nautik studieren oder schon in verantwortungsvoller Position sind. Es berührt sie, wenn Eltern ihre Kinder grüßen, die so alt sind wie ihr eigener Sohn. "Da denkt man dann: Das könnte auch ich sein." Redakteur Wolfgang Heinemann ergänzt: "Wir provozieren keine Emotionen, aber wir unterbinden sie auch nicht." Im vorigen Jahr konnte das Team vorab 150 Grußwünsche einsammeln - zu viele für die knapp zweistündige Sendung. Dann wird ausgesucht, was statt im Hauptprogramm in der "Mittelwellen-Stunde" vor Mitternacht (siehe unten) noch verlesen wird.
Ob wieder ein Heiratsantrag dabei ist, weiß das Team noch nicht. Vor zwei Jahren bekam ein Seemann irgendwo zwischen Singapur und den Philippinen von seiner Liebsten den Wunsch herübergefunkt, den Weihnachtsglocken Hochzeitglocken folgen zu lassen. "Das ist etwas für junge Frauen", weiß das Team; bei jungen Männern sei die Hemmschwelle für einen Gruß am Mikro meist zu groß. So müssen sich die meisten Seefrauen damit begnügen, von ihren Eltern gegrüßt zu werden.
Wichtig war für die Sendung von Anfang an, auch Binnenländer anzusprechen, die keinen Bezug zur Seefahrt haben. "Die Hamburger fühlen sich dem Maritimen ja ohnehin stark verbunden", sagt Heinemann, und Kerstin von Stürmer ergänzt: "Was in Bayern das Biergarten-Gen, ist in Hamburg wohl das maritime Gen!" Das Fernweh, die Faszination des Mythos Seefahrt, Meer und Palmenstrände funktionieren noch genauso gut wie in den 50er-Jahren. Ein wichtiger Bestandteil sind gute Geschichten. Von Stürmer: "Wir sprechen auch Reedereien an und fragen, wer sie erzählen könnte."
Auch viele Künstler, die in der Sendung auftreten, hören "Gruß an Bord" schon seit ihrer Kindheit. Dazu gehören Stefan Gwildis, Eddy Winkelmann und Lars-Luis Linek.
Aufzeichnung: 11. Dezember, 16 Uhr, NDR, Rothenbaumchaussee 132-134, Haus 12. Anmeldung und Grußwünsche: gruss-an-bord@ndr.de
Sendung: Heiligabend, 20.05 Uhr, NDR Info und 90,3. Weitere Grüße: 23.15 bis 24 Uhr (Mittelwelle)