Hamburger gründen Supermarkt.de. Auch andere Firmen wagen sich auf das schwierige Geschäftsfeld mit dem Versand von Lebensmitteln.

Hamburg. Lebensmittel im Internet anzubieten und damit auch noch Geld zu verdienen war bisher in etwa so schwierig, wie Bananen per E-Mail zu verschicken. Also praktisch unmöglich. Der weltweit größte Versandhändler Otto hat seine Pläne für einen Online-Supermarkt kürzlich nach jahrelangen Vorarbeiten verworfen, und auch der mächtige Internetkonzern Amazon hat mit seinem Bestellshop für Lebensmittel noch einige Hausaufgaben vor sich.

Aller Hürden zum Trotz gehen jetzt allerdings gleich drei Firmen mit Supermarkt-Konzepten ins weltweite Netz: Emma-Mobil, food.de und Supermarkt.de. Während Emma-Mobil auf ein deutschlandweites Netzwerk aus Partner-Supermärkten setzt, will Food. de ab Oktober selber ein Vollsortiment liefern. Mit Supermarkt.de gehen von diesem Winter an die Hamburger Dominik Mühl, Arne Stock und Robert A. Kabs ins Risiko. Aufsichtsratschef und Geldgeber Kabs, der einen siebenstelligen Betrag in das Projekt investiert, ist zuversichtlich: "Wir wollen den Kunden ihren Alltagseinkauf abnehmen." Die Verbraucher könnten viel Zeit sparen, wenn sie die Dinge des täglichen Bedarfs wie Butter, Gemüse oder Drogerieartikel regelmäßig im Internet bestellten, auf Wunsch auch im Abo. Kabs ist als geschäftsführender Gesellschafter der Kabs Möbelhäuser in Hamburg alles andere als unerfahren im Handel, hat darüber hinaus mit Internetportalen wie der Suchmaschine moebel.de bereits erfolgreiche Online-Konzepte umgesetzt.

In ihrem neuen Bestellshop wollen Kabs und seine Mitstreiter ein breites Sortiment anbieten, anfangs zwar noch kein Frischfleisch, ansonsten aber soll das Angebot vergleichbar sein mit dem eines Supermarktes. Den Schwerpunkt wollen die Unternehmer dabei auf regionale Lebensmittel legen. "Äpfel aus dem Alten Land oder Milch aus Schleswig-Holstein schonen mit kurzen Transportwegen die Umwelt", sagt Dominik Mühl zur Begründung. Die Preise bei Supermarkt.de sollen nicht höher liegen als im stationären Handel.

Für den Versand, der nach der Anfangsphase nur einen Tag in Anspruch nehmen soll, zahlt der Kunde drei bis sechs Euro. Lagern und verpacken will das Unternehmen die Produkte in einem eigenen Logistikzentrum bei oder in Hamburg. Eine Fläche so groß wie zwei Fußballfelder ist dafür vorgesehen, über den Standort schweigt sich Kabs noch aus. Derzeit sucht das Start-up 30 bis 40 Mitarbeiter, Auftragsspitzen wollen die Gründer zudem mit freien Kräften ausgleichen. Der jährliche Umsatz im deutschen Lebensmittelhandel erreicht 3,5 Milliarden Euro, nur 0,2 Prozent davon setzen bisher Onlinehändler um. "Prognosen gehen von einem Potenzial von vier bis sechs Prozent aus", sagt Kabs. Von diesem Wachstum wolle Supermarkt.de profitieren und bei einem Erfolg im Testmarkt Hamburg den Handel auch in anderen deutschen Städten ausbauen.

Kabs und sein Team wagen sich mit Supermarkt.de in ein Geschäftsfeld, das speziell in Deutschland mit großen Herausforderungen zu kämpfen hat. Nach Aussage der Marktforscher von Nielsen können sich zwar acht Prozent der Deutschen vorstellen, frische Lebensmittel online zu bestellen. Aber oft fehlt den Konzepten noch der Service-Gedanke, das Plus an Bequemlichkeit im Vergleich zum Einkauf im Supermarkt, den es fast an jeder Ecke gibt.

Rewe experimentiert mit einem Internetshop, in dem Kunden ihren Einkauf online bestellen und später im Laden abholen können. Aber selbst mit dieser einfachen Logistiklösung ist das Warenwirtschaftssystem des Konzerns schnell überfordert, wissen Insider. Tengelmann ist im Internet ebenfalls noch nicht der Durchbruch gelungen, zumal viele Kunden zwischen Passau und Flensburg wegen der hohen Discounterdichte lieber im realen Leben auf Schnäppchenjagd gehen, als im Internet ein paar Euro mehr für Brot und Käse zu zahlen.

Der US-Konzern Amazon bietet zwar seit Anfang Juli mehr als 50 000 Supermarkt-Produkte per Mausklick an. Der Haken an dem Geschäft ist aber bisher, dass die Kunden mehrere Pakete von einzelnen Lieferanten bekommen. Amazon will dieses Dilemma bis Weihnachten lösen und selbst als An- und Verkäufer der Ware auftreten, anstatt nur eine Plattform für die Händler zu bieten. Auch hier kommt ein bekannter Kaufmann aus der Hansestadt ins Spiel: Erster deutscher Partner im Weinsortiment ist Rindchen's Weinkontor. Christoph Dippe von Rindchen freut sich auf das Zusatzgeschäft: "Der Wein für die Amazon-Kunden kommt in Zukunft von uns aus Hamburg."