Blitz und Donner hatten den gesamten Norden im Griff. Keller liefen voll, Bäume krachten auf Autos, Schiffe kollidierten. Neue Windböen am Sonnabend.

Hamburg/Pinneberg. Vollgelaufene Keller, überflutete Straßen, umgestürzte Bäume, kollidierte Ausflugsschiffe und ein abgebrochenes Open-Air-Konzert: Das Unwetter hat in der Nacht zum Sonnabend Feuerwehr und Polizei im gesamten Norden in Atem gehalten. Erst in den frühen Morgenstunden entspannte sich die Lage. Der Deutsche Wetterdienst hob die Unwetterwarnungen für den Norden wieder auf. Es wurde jedoch vereinzelt mit Windböen gerechnet. Von Südwesten sollte die feuchtwarme Luft durch deutlich kühlere Luft verdrängt werden.

Mit dem Hochsommer ist es auch in der kommenden Woche erst einmal vorbei. Das Wetter bleibt wechselhaft, vor allem im Norden gibt es Schauer, wie der Deutsche Wetterdienst am Sonnabend in Offenbach mitteilte. Das Nordseetief Bert bringt kühle Meeresluft. Im Süden des Landes macht sich derweil "der nach Frankreich gerichtete Keil des Azorenhochs mit etwas freundlicherem Wetter bemerkbar“. Die Temperaturen sind dabei aber nicht mehr richtig sommerlich.

Der Sonntag präsentiert sich im Norden wechselnd bewölkt mit Aufheiterungen und einzelnen Schauern. Im Süden ist es heiter bis wolkig und meist trocken. Die Höchstwerte erreichen im Norden um die 18 oder 19 Grad, im Süden meist zwischen 20 und 22 Grad, in Südbaden sind es vereinzelt etwas mehr. In der Nacht sinkt die Temperatur auf 14 bis 8 Grad.

Am Montag gibt es in der Nordhälfte Bewölkung und Schauer, vereinzelt auch kurze Gewitter. In den übrigen Regionen ist es heiter bis wolkig und meist trocken. Am Alpenrand ist allerdings ein vereinzeltes Gewitter möglich. Die Werte liegen zwischen 16 Grad im Norden und bis 23 Grad im Südosten.

Am Dienstag ist das Wetter im Norden wechselhaft, es gibt Wolken, etwas Sonne und Schauer. Ansonsten ist es heiter bis wolkig, gebietsweise auch längere Zeit sonnig und weitgehend trocken. Am Alpenrand sind wieder vereinzelte Gewitter möglich. Die Temperaturen bewegen sich zwischen 17 und 21 Grad.

Unwetter richtet Schäden im Norden an

In Hamburg rückten die Einsatzkräfte von 20.30 bis 23 Uhr zu mehr als 70 Einsätzen aus, sagte ein Sprecher der Feuerwehr am Sonnabendmorgen. Vor allem umgestürzte Bäume richteten großen Schaden an und beschäftigten die mehr als 200 Einsatzkräfte. Die Feuerwehr beschäftigten vor allem zahlreiche vollgelaufenen Keller und Tiefgaragen, umgeknickte Bäume und überflutete Straßen.

Im Stadtteil Rahlstedt fiel ein Baum nach einem Blitzschlag auf vier parkende Autos. In Ottensen stürzte ein Baum ebenfalls nach einem Einschlag auf ein Flachdach. Mehr als 55 Mal musste die Feuerwehr zudem vollgelaufene Keller und überflutete Straßen abpumpen, sagte der Sprecher. In Rissen drohte die Decke eines Wohnhauses durch die Wassermassen einzustürzen.

Im Stadtpark musste wegen des Unwetters das Konzert der Band "Wir sind Helden“ abgebrochen werden. Es sei zu gefährlich, bei Starkregen, Gewitter und Wind weiter zu spielen, entschuldigte sich Sängerin Judith Holofernes bei den etwa 4000 Fans. Die Fans zeigten sich trotz des abrupten Endes größtenteils verständnisvoll - nur wenige reagierten mit Unmut und Pfiffen.

In Schleswig-Holstein war ab dem frühen Freitagabend vor allem der Kreis Pinneberg betroffen. Mehr als 152 Mal musste die Feuerwehr hier ausrücken, sagte ein Sprecher der Leitstelle. Rund150 Einsatzkräfte mussten sich um die vollgelaufenen Keller und umgestürzten Bäume kümmern. Die Gewitterfront streifte nach Polizeiangaben Pinneberg und zog in den Osten ab, wo der Bereich um Quickborn besonders betroffen war. In Tangstedt stand offenbar nach einem Blitzeinschlag ein Carport in Flammen. Beim Eintreffen der Feuerwehr drohten die Flammen auf das benachbarte Einfamilienhaus überzugreifen. Die Feuerwehr konnte den Brand aber noch rechtzeitig unter Kontrolle bringen.

In anderen Regionen Schleswig-Holsteins richteten Gewitter und Starkregen weit weniger Schäden an. "Blitze und Donner hatten wir ordentlich, aber sonst hatten wir viel Glück“, sagte ein Sprecher der Leitstelle Süd. Auch die Feuerwehr in Kiel sei "gut davongekommen“, sagte ein Sprecher. Zwölf Mal war die Feuerwehr hier im Einsatz.

In Goldenbek (Kreis Segeberg) schlug nach Angaben der Feuerwehr allerdings in der Nacht ein Blitz in das Dach eines Schweinestalles ein, entfachte ein Feuer in der Zwischendecke des Gebäudes und setzte die Belüftung außer Betrieb. Der betroffene Landwirt wurde durch eine Alarmanlage auf das Feuer aufmerksam und konnte es selbst löschen. Menschen und Tiere kamen nicht zu Schaden.

Vor Helgoland kollidierten während des Unwetters am Freitag zwei Passagierschiffe leicht. Bei dem Zusammenstoß der "Helgoland“ und der "Funny Girl“ wurde niemand verletzt, wie die Polizei in Elmshorn mitteilte. Eine der beiden Fähren lief auf Grund, weshalb die Passagiere für eine Weiterfahrt auf das Einsetzen der Flut warten mussten.

Auf der Ostseeinsel Fehmarn machte ein Blitzeinschlag ein Wohnhaus unbewohnbar. Der Brand sei erst am Sonnabendvormittag gelöscht worden, sagte ein Feuerwehrsprecher. Niemand wurde verletzt. Das Feuer brach gegen 1.50 Uhr in dem 30 mal 10 Meter großen Wohnhaus in Johannesberg aus. Etwa 140 Feuerwehrleute waren im Einsatz.

In Niedersachsen prallte ein Zug der Nordwest-Bahn auf der Strecke zwischen Oldenburg und Leer auf einen entwurzelten Baum. Verletzt wurde bei der Kollision während eines Unwetters am Freitagnachmittag niemand, teilte ein Sprecher der Bundespolizei mit. Die Strecke war am Sonnabendmorgen noch gesperrt. Durch das Unwetter wurde der Baum entwurzelt und auf die Fahrbahn und in eine Oberleitung gedrückt; kurz darauf passierte der Unfall. Der Lokführer hatte das Tempo wegen des Starkregens zuvor schon verringert. Die 27 Reisenden setzten mit einem Bus ihre Reise fort. Die Bundespolizei schätzt den Sachschaden auf rund 50.000 Euro.

In Adelebsen mussten wegen einer Windböe drei Heißluftballone notlanden . Dabei wurden Passagiere zum Teil aus den Körben geschleudert, zehn Menschen wurden verletzt und ins Krankenhaus gebracht.

Bereits am Freitagnachmittag hatte es in Niedersachsen Starkregen und Orkanböen gegeben. In Oldenburg gingen innerhalb von 20 Minuten bei der Polizei etwa 80 Notrufe ein. Binnen kurzer Zeit fielen 30 Liter Wasser pro Quadratmeter. Im Emsland musste ein Mann nach einem Blitzeinschlag verletzt ins Krankenhaus gebracht werden. Im Landkreis Stade wurden 92 wetterbedingte Einsätze registriert. Mehr als 100 Einsatzkräfte waren im Dauereinsatz. Der Sachschaden wird auf mehrere Tausend Euro geschätzt.

Glimpflicher davon kam Mecklenburg-Vorpommern . Lediglich vereinzelt seien Bäume umgefallen, sagte ein Sprecher der Polizei in Schwerin. Ein Blitzeinschlag habe aber am Sonnabendmorgen ein Mehrfamilienhaus in Lübberstorf (Kreis Nordwestmecklenburg) in Flammen gesetzt. Die Anwohner konnten sich noch rechtzeitig in Sicherheit bringen, sagte der Polizeisprecher. Vor allem eine Dachwohnung soll von dem Brand betroffen sein. Die Höhe des Sachschadens war zunächst nicht bekannt.

Koblenz: Frau von Ast tödlich getroffen

Auch in weiteren Teilen der Republik wütete das Unwetter und richtete Sachschaden in Millionenhöhe an. Von Regen, Wind und Blitzschlag besonders betroffen war Rheinland-Pfalz. In Koblenz starb eine 36-jährige Frau in einem Biergarten am Rheinufer. Sie wurde laut Polizei von einem dicken Ast einer Kastanie getroffen. In Mülheim in der Nähe von Trier wurden 17 Helikopter demoliert, die dort wegen eines Treffens gelandet waren. "Alleine der Schaden an den Fluggeräten geht in die Millionen“, teilte die Polizei mit.

In Nordrhein-Westfalen sorgte vermutlich eine Windhose für erhebliche Flurschäden. "In Bergisch Gladbach steht auf einem Gebiet von 250 Meter mal 250 Meter kein Baum mehr“, erklärte die Feuerwehr. Der Wind habe die Bäume wie Streichhölzer abgeknickt. Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln habe die Feuerwehr das Gebiet nicht frei räumen können, hieß es weiter. (dpa/dapd)