Der Kreuzer “Wiesbaden“ war im 1. Weltkrieg im Skagerrak versenkt worden. An Bord starben 600 Seeleute, darunter der Schriftsteller Gorch Fock.

Hamburg/Thyborøn. Stundenlang treibt der deutsche Kreuzer "Wiesbaden" am 1. Juni 1916 zwischen den Fronten der großen Seeschlacht im Skagerrak vor der dänischen Küste. Britische und deutsche Admiräle liefern sich dort die große Entscheidungsschlacht ihrer Flotten. Es ist die Hölle auf See: Die "Wiesbaden" wird frühzeitig getroffen, ist manövrierunfähig. Um vier Uhr schließlich ein Torpedotreffer, die 142 Meter lange "Wiesbaden" sinkt im Morgengrauen. Die wenigen Überlebenden der fast 600-köpfigen Besatzung versuchen, sich zu retten. Mit an Bord ist auch der damals 36-jährige Finkenwerder Schriftsteller Johann Kinau, alias Gorch Fock. Auch er findet den Tod.

Montag, 4. Juli, 2011: Ein sechsköpfiges Team um Expeditionsleiter Frank Olbert und den 39 Jahre alten Hamburger Derk Remmers erreicht das Zielgebiet in der Nordsee - N 57° 05‘ E 5° 58‘ - hier vermuten die Männer das Wrack der "Wiesbaden". Mit einem Side-Scan-Sonar einer Kieler Firma geht das Team an die Arbeit: „Zu unserem großen Erstaunen hatten wir das Wrack schon nach zweieinhalb Stunden geortet“, sagt Derk Remmers. Das Schiff liegt etwa eine halbe Seemeile von dem Punkt entfernt, an dem die Marine es 1983 erstmals gefunden hatte. Die ungefähren Koordinaten waren im vergangenen Jahr in die Hände der Taucher gelangt.


+++ Wer war Gorch Fock? +++

Mittags wagen die Männer den ersten Tauchgang: "Ich hatte ein Gefühl der Erleichterung, als ich das Wrack zum ersten Mal sah", sagt Derk Remmers zu abendblatt.de. Die "Wiesbaden“ liegt mit dem Kiel nach oben in 52 Meter Tiefe. "Das Schiff ist schwer beschädigt“, berichtet der Hamburger Tauchlehrer, der die Expedition mit initiiert hat. "Sie ist übersät mit den Narben der Skagerrak-Schlacht.“ Die Einschläge aus den Geschützen der englischen Royal Navy sind am Wrack noch deutlich zu erkennen. Der Rumpf habe sich im Laufe der Jahrzehnte teilweise bereits in seine Einzelteile zerlegt. „Einer der Geschütztürme mit den 15-Zentimeter-Kanonen liegt etwa fünf Meter vom Rumpf entfernt auf dem Meeresgrund“, so Remmers. Außerdem fehlten die beiden Schrauben, die vermutlich schon in den 1950er-Jahren gehoben wurden.

Zum Gedenken an die etwa 600 Seemänner, die mit dem Schiff in der Skagerrak-Schlacht untergegangen waren, legten die Taucher eine Gedenkplakette - gestiftet vom Magistrat der hessischen Landeshauptstadt - an der „Wiesbaden“ ab. Aus Respekt vor den Gefallenen brachte das Team keine Gegenstände der "Wiesbaden“ mit an die Wasseroberfläche.

Stattdessen wurde das Wrack ausführlich inspiziert und der Zustand dokumentiert. „Dabei ist uns am dritten Tag der Expedition fast das 30.000 Euro teure Side-Scan-Sonar abhanden gekommen“, sagt Derk Remmers. „Als wir gerade besonders präzise Aufnahmen mit dem Sonar machen wollten, hat sich das Schleppseil in einer der Markierungsbojen verfangen und ist gerissen.“ Das Spezialgerät sank auf den Meeresboden. „Wir haben dann entschieden, den 40 Kilogramm schweren Fisch so schnell wie möglich zu bergen“, sagt Remmers. Das Unternehmen gelang buchstäblich in letzter Minute kurz bevor ein schweres Tief mit Böen bis zu 8 Windstärken aufzog und die Tauchercrew wieder in Richtung des dänischen Hafens Thyborøn, steuern musste. „Wir sind mit dem Ausgang der Expedition sehr zufrieden“, sagt Derk Remmers. „Team und Schiffscrew haben sehr gut zusammengearbeitet.“