Die Hamburger, die eine Schülerin vergewaltigten, haben eine lange Liste an Vorstrafen. Drei der Beteiligten sind noch flüchtig.
Hamburg. Sie hatten ganz oben mitspielen, ein Stück vom Kuchen im lukrativen Geschäft mit der käuflichen Liebe abstauben wollen. Donny L., Kevin S., Georg J., Florian H. und Sascha S. war der Preis dafür egal: das Leben und die Gesundheit einer 16-Jährigen Schülerin, die sie über Monate missbrauchten, um sie zur Prostitution zu zwingen.
Einen Tag nach der konzertierten Aktion des Landeskriminalamts, bei der der 22-Jährige Donny L. in seiner Wohnung in Marienthal überrascht wurde, sind drei seiner Mittäter noch immer auf der Flucht. Georg J., 22, der vermeintliche Freund des Opfers, Florian H., 24, und Sascha S., 28, aus Billstedt und Hamm sind untergetaucht. Kevin S. sitzt bereits wegen einer anderen Tat in Untersuchungshaft.
Unterdessen ist die Polizei bei der Auswertung der sichergestellten Computer und Smartphones einen Schritt weiter: Wie das Abendblatt aus Ermittlerkreisen erfuhr, soll es Hinweise darauf geben, dass mindestens einer aus der Gruppe Kontakte zu den Hells Angels hat, die eine bedeutende Rolle im Rotlichtmilieu spielen. Die Polizei wollte dies nicht offiziell bestätigen.
Ungeklärt bleibt, ob die 16-Jährige das einzige Opfer der fünfköpfigen Bande war. Aufzuarbeiten ist auch, wie aus den ehemals Kleinkriminellen brutale Möchtegern-Zuhälter wurden. Um die Hintergründe dieser kriminellen Karrieren zu durchleuchten, will der CDU-Innenexperte Karl-Heinz Warnholz eine Anfrage an den Senat stellen. An fehlenden oder zu laschen rechtsstaatlichen Sanktionen lag es augenscheinlich nicht, wie ein Blick in die Vergangenheit der jetzt des Menschenhandels und der Zuhälterei Beschuldigten verrät.
Da ist Donny L., der bereits als 14-Jähriger wegen Körperverletzung auffällt, noch ohne Konsequenzen. Doch drei Jahre später muss er als 17-Jähriger eine Jugendstrafe von neun Monaten verbüßen, nachdem er einen Motorroller gestohlen hatte und weiterverkaufen wollte. Noch im Jugendknast dealt er mit Marihuana. 2009 muss er wieder ins Gefängnis: Mit einer zweijährigen Bewährungsstrafe versehen, fährt er eine Frau mit dem Fahrrad an und schlägt sie. Und er kommt mit dem Hundegesetz in Konflikt, züchtet Kampfhunde in seiner Wohnung.
Sascha S., der mit 28 Jahren älteste in der Gruppe, beginnt seine kriminelle Karriere erst "spät", mit 23 Jahren. Dafür ist seine Distanzlosigkeit gegenüber der Obrigkeit besonders ausgeprägt: Mehrfach fällt er auf, weil er Polizisten mit drastischen Worten beleidigt. Einmal uriniert er sogar an eine Polizeiwache. Seine erste Strafe erwartet ihn nach einer Körperverletzung. Zu 2000 Euro Geldstrafe verurteilt ihn ein Richter 2005. Zuletzt fällt er wegen Überweisungsbetrugs auf: Er hatte versucht, fünf gefälschte Überweisungen bei der Commerzbank einzulösen.
Früh spürt auch Florian H. den Arm des Gesetzes. Aufgehalten wird er davon nicht: 2003 versucht er als 17-Jähriger, mehrere 13 Jahre alte Kinder zu einem Raubüberfall auf einen Kiosk zu zwingen. Er droht ihnen, fängt sie an der Schule ab, stattet sie mit einer ungeladenen Gaswaffe aus, will selbst sauber bleiben. Der Überfall scheitert, weil die Kinder zu viel Angst haben. Wenig später versucht er, eine 20-Jährige am Bahnhof Elbgaustraße um ihren MP3-Player zu bringen. Die Frau flüchtet jedoch. 2006 erhält er eine zweijährige Jugendstrafe auf Bewährung: Er begeht mehrere Raube, unter anderem auch in Halstenbek, würgt und schlägt seine Opfer, bricht in ein Jugendzentrum ein, stiehlt einen teuren Gettoblaster.
Georg J. - von dem immer noch nicht klar ist, ob er sich mit der 16-Jährigen schon mit dem Hintergedanken angefreundet hatte, sie später zur Prostitution zu zwingen - fällt von Beginn an wegen Betrugsfällen auf. Nach einer Sachbeschädigung, für die er 2006 zu vier Wochen Jugendarrest verurteilt wird, bestellt er über Ebay mehrere Notebooks und Telefone, bezahlt aber nicht. Im vergangenen Jahr ein ähnliches Spiel: Er bietet Waren über das Internet an, kassiert, liefert aber nicht.
Immer wieder wird er zudem mit Raubtaten auffällig: Ende 2007 zwingt er einen Mann auf einem Parkplatz zwei Handy-Karten herauszugeben. Er erbeutet in einem Getränkemarkt über 800 Euro, stiehlt Altmetall, bietet eine Rolex an, die er nicht hat, und raubt den vermeintlichen Käufer aus, kauft mit Kreditkarten unter Druck gesetzter Frauen ein. Zuletzt wohnt er in einem Therapiezentrum in Altona: Dort soll es auch zu Übergriffen auf die 16-Jährige gekommen sein.
Die Polizei ist unterdessen sicher, die Flüchtenden schnell fassen zu können. "Ihr Umfeld und die Lebensumstände sind zu bekannt, als dass sie sich lange verstecken könnten", so ein Ermittler.