Fünf Männer wollten die Schülerin mit Alkohol und Drogen zur Prostitution zwingen. Erst nach Wochen der Misshandlungen weihte sie ihre Mutter ein.

Hamburg. Eine 16-jährige Hamburgerin ist Opfer einer äußerst brutalen Gruppenvergewaltigung geworden. Fünf Männer, darunter ihr Freund Georg J., 22, sollen sich über Wochen immer wieder an der Schülerin vergangen haben. Um sie gefügig zu machen und ihren Widerstand zu brechen, verabreichten sie der Jugendlichen Alkohol und Betäubungsmittel. Erst nach Wochen der Misshandlungen und schweren Drohungen wagte es die 16-Jährige, sich ihrer Mutter zu offenbaren. Die tat das einzig Richtige und schaltete die Polizei ein. Die Ermittler erwirkten Haftbefehle. Zwei der fünf Täter wurden bereits verhaftet. Nach den drei weiteren Vergewaltigern wird gefahndet.

Die Männer, denen die schweren Straftaten zur Last gelegt werden, ähneln sich: Sie tragen fast alle einen kurz rasierten Schädel, haben ihre Arm- und Oberkörpermuskeln auf groteske Maße "aufgepumpt". Und noch etwas eint dieses Quintett: Alle haben eine dicke Akte bei Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Tat an der 16-Jährigen jedoch, sie erschüttert selbst erfahrene Ermittler: Zwischen Februar und Mai 2011 sollen Danny L., 22, Kevin S., 23, Georg J., Sascha S., 28, und Florian H. ihr Opfer immer wieder gezwungen haben, ihnen sexuell zu Diensten zu sein.

Wie oft die junge Frau in dieser Zeit vergewaltigt wurde, ist kaum genau nachzuvollziehen. Dass die Schülerin Angst hatte, die Taten ihres Freundes und seiner Clique anzuzeigen oder sich jemandem zu offenbaren, ist angesichts der Vorstrafen der mutmaßlichen Serientäter nachvollziehbar. Danny L. und Kevin S. gelten bei der Polizei als Intensivtäter. Wie ihre Komplizen haben sie mehrere Anklagen und Verurteilungen aufzuweisen, meist wegen Betrugs, Körperverletzung, Raubtaten. Danny L. verstieß außerdem gegen das Hundegesetz, weil er in seiner Wohnung Kampfhunde züchtete. Gegen Georg J. läuft derzeit noch ein Verfahren wegen Körperverletzung und Beleidigung. In einer Hotelbar soll er eine junge Frau übelst beschimpft, beleidigt, geschlagen und getreten haben. Mehrere der Täter sind zudem wegen Betrugs verurteilt. Ihre Masche: gefälschte Überweisungsträger.

Die Polizei kennt die Täter aus dem Umfeld der Reeperbahn. Vor allem Danny L. und Kevin S. sollen über gute Kontakte ins Rotlichtmilieu verfügen. Sie agierten in der Vergangenheit mehrfach als Fahrer und Helfer etablierter Zuhälter. Sie erledigten die schmutzigen Jobs - wohl um in der Hierarchie selbst aufzusteigen.

Auch die 16-Jährige, die sie über Wochen so schwer misshandelten, sollte wohl ihrer Karriere auf dem Kiez dienen. Die Bande hatte sie zur Prostituierten machen wollen. Unklar ist noch, ob Georg J. den Kontakt zu dem Mädchen bereits zu diesem Zweck angebahnt hatte - oder ob die Nachwuchszuhälter diesen Plan erst später entwickelten. Zumindest Kevin S. ist indes nicht zum ersten Mal in einen Fall von versuchtem Menschenhandel verstrickt. Er sitzt wegen eines entsprechenden Delikts seit dem 10. Juni in Untersuchungshaft.

Gestern stürmte das LKA die Wohnungen der vier weiteren Verdächtigen. Danny L. überraschten sie in seiner Wohnung in Marienthal. Georg J., Sascha S. und Florian H. hielten sich zum Durchsuchungszeitpunkt nicht in ihren Wohnungen in Billstedt und Hamm auf. Sie sind noch auf der Flucht. Die Polizei ist jedoch optimistisch, sie in den kommenden Tagen fassen zu können, sofern sie sich nicht selbst stellen. In ihren Wohnungen stellten die Ermittler Computer, Mobiltelefone und Smartphones sicher. Mithilfe der Daten soll das Umfeld der mutmaßlichen Bande ausgeleuchtet werden. Ob es dort weitere Fälle wie den der Schülerin gibt, ist bislang nicht bekannt.

Die 16-Jährige ist seit den traumatisierenden Erlebnissen - gemeinsam mit ihrem Ex-Freund - in ärztlicher und psychologischer Betreuung.

Der Hamburger Arzt und Trauma-Experte Andreas Krüger, Gründer des Netzwerks Ankerland - Hilfe für traumatisierte Kinder und Jugendliche sieht akuten Handlungsbedarf. Krüger: "Durch ein solches Erlebnis wird jedes Grundvertrauen zerstört. Gerade die Tatsache, dass der Freund der jungen Frau sich an den Taten beteiligt hat, macht das Geschehene zu einem nur sehr schwer zu verarbeitenden Trauma." Viele Opfer von traumatisierenden Erlebnissen flüchteten sich in eine Scheinwelt oder schotteten sich ab, sagt Krüger. Aus Angst vor sogenannten Flashbacks, plötzlich wiederkehrenden Erinnerungen, durch die die Betroffenen alles noch einmal wie in Echtzeit erlebten, würden Kontakte und Gespräche gemieden - auch Gespräche mit Ermittlern, weshalb Opfer häufig auch darauf verzichteten, Anzeige zu erstatten. In Fällen wie dem der 16-Jährigen, so Krüger, gelte es, den Betroffenen klarzumachen, dass nicht sie verrückt sind, sondern die Dinge, die sie erlebt haben. Gelinge dies nicht, so Krüger, drohen lebenslange schwere Folgen.