ThyssenKrupp verkauft die Hamburger Werft Blohm + Voss nicht wie geplant an arabischen Schiffbauer. Bundesregierung bietet Hilfe an.

Hamburg. Der sicher geglaubte Verkauf der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss an arabische Schiffbauer ist geplatzt. Der Mischkonzern ThyssenKrupp hatte geplant, die Werft an die Gruppe Abu Dhabi Mar zu verkaufen. Das Unternehmen wollte die zivilen Teile von Blohm + Voss übernehmen. Doch die Verhandlungen sind gescheitert - nicht zuletzt aus politischen Gründen: "Innerhalb des langen Verhandlungszeitraums haben sich die politischen Rahmenbedingungen im Mittleren Osten geändert“, lässt ThyssenKrupp mitteilen. Die „kommerziellen Anreize“ für die Transaktion hätten sich in einer Weise abgeschwächt, dass erwartete Geschäftschancen nicht mehr tragfähig erschienen, teilte das Unternehmen am Freitag mit.

Auch ein angedachtes Joint Venture mit den Arabern im militärischen Bereich wird es nicht geben. Ursprünglich wollte man gemeinsame Märkte im Mittleren Osten und Nordafrika erschließen. Abu Dhabi Mar wird jetzt lediglich den zivilen Bereich der Kieler Werftentochter HDW übernehmen. Für den zivilen Bereich von Blohm + Voss soll innerhalb der kommenden 18 Monate ein neuer Käufer gefunden werden. Der Kriegsschiffbau bleibt beim Unternehmen. Die Bundesregierung bedauert den geplatzten Verkauf der zivilen Teile. Ihr Koordinator für die maritime Wirtschaft, Hans-Joachim Otto, bot dem Eigner ThyssenKrupp Hilfe bei der Suche nach einem Investor an. „Die Bundesregierung steht gern als Türöffner zur Verfügung, denn die Investoren werden mutmaßlich aus dem Ausland kommen“, sagte Otto am Freitag zu Reuters. „Wir haben ein hohes Interesse daran, den Standort Hamburg zu nicht nur zu erhalten, sondern sogar auszubauen.“

Eigentlich galt der Deal schon als besiegelt

Dabei galt der Verkauf an Abu Dhabi Mar eigentlich als perfekt. Schon im Herbst 2009 hatten sich beide Seiten im Grundsatz auf das Geschäft verständigt, mit dem die Araber den Schiffsneubau von bis zu 700 Millionen Euro teuren Mega-Yachten, das Reparaturgeschäft und eine Maschinenbausparte mehrheitlich übernehmen sollten. Beim zivilen Teil von Blohm + Voss geht es nach Angaben von ThyssenKrupp um einen Umsatz von rund 476 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2009/10 und aktuell rund 1440 Mitarbeiter.

Zudem war ein Gemeinschaftsunternehmen für den militärischen Teil von Blohm + Voss geplant. Einen entsprechenden Vertrag unterzeichneten beide Seiten im April 2010, die EU-Kommission gab im August 2010 grünes Licht für das Geschäft. Doch dann traten immer neue Verzögerungen ein, unter anderem als der Staatsfonds Mubadala bei Abu Dhabi Mar einstieg.

Wie geht es nun weiter für Blohm + Voss? Für einen Verkauf des zivilen Teils würden bereits Gespräche mit einem Interessenten geführt werden, heißt es vom zuständige ThyssenKrupp-Vorstand Olaf Berlien am Freitag. Der Konzern hat bereits den größten Teil der Emder Nordseewerke an die Siag-Gruppe verkauft. Abu Dhabi Mar übernahm rund 75 Prozent der Anteile an der griechischen Werftentochter HSY.

Die Börse reagierte sofort

Der gescheiterte Verkauf hat ThyssenKrupp am Freitag ins Minus gedrückt. Die Titel des Mischkonzerns gaben 2,1 Prozent auf 35,07 Euro nach und waren damit größter Verlierer im Dax. „Ob die finanziellen Auswirkungen so groß sein werden, bleibt abzuwarten, aber für die Stimmung ist das negativ“, sagte ein Händler. Das Scheitern der Gespräche mit dem Schiffbaukonzern Abu Dhabi Mar könnte den Prozess der Restrukturierung bei ThyssenKrupp ins Stocken bringen. Ein weiterer Börsianer nannte als Belastungsfaktoren für die ThyssenKrupp-Aktie zudem, dass sich Anleger nach der jüngsten Aufwärtsbewegung nun umorientierten. Seit der Erdbeben-Katastrophe in Japan Mitte März haben die Papiere mehr als 33 Prozent an Wert gewonnen. Auch die Meldungen über mutmaßliche Kartellabsprachen im Schienengeschäft drückten dem Händler zufolge die Aktie. Im MDax notierten die Titel von Salzgitter 0,4 Prozent fester.

(abendblatt.de/dpa/dapd)