ThyssenKrupp gibt Verkaufspläne auf. Hamburger Werft Blohm + Voss geht nicht an arabischen Schiffbauer. Neue Eigentümer gesucht.

Hamburg. Der sicher gegelaubte Verkauf der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss an arabische Schiffbauer ist geplatzt. Der Mischkonzern ThyssenKrupp hatte geplant, die Werft an die Gruppe Abu Dhabi Mar zu verkaufen, die die zivilen Teile von Blohm + Voss übernehmen wollte. Doch die Verhandlungen sind gescheitert - nicht zuletzt aus politischen Gründen: "Innerhalb des langen Verhandlungszeitraums haben sich die politischen Rahmenbedingungen im Mittleren Osten geändert“, lässt ThyssenKrupp mitteilen. Auch ein angedachtes Joint Venture mit den Arabern im militärischen Bereich wird es nicht geben. Es war geplant, sich gemeinsame Märkte im Mittleren Osten und Nordafrika zu erschließen. In den vergangenen Monaten hätten sich allerdings wesentliche Voraussetzungen für ein gemeinsames Vorgehen verändert. Abu Dhabi Mar wird jetzt lediglich den zivilen Bereich der Kieler Werftentochter HDW übernehmen. Für den zivilen Bereich von Blohm + Voss wolle ThyssenKrupp nun mittelfristig neue Eigentümer suchen.

Die Entscheidung zu verkaufen fiel vor etwa eineinhalb Jahren. Der Deal schien in trockenen Tüchern. Nur der endgültige Abschluss des Geschäfts verzögerte sich immer wieder. Noch im Mai hieß es von ThyssenKrupp, der Verkauf sei lediglich eine Frage von wenigen Wochen. Es gehe nur noch um Details. Schon zuvor war man bei Blohm + Voss darüber so alarmiert, dass man ein Hilfsgesuch an die Stadt richtete. Hamburg zeigte sich nach den Worten von Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) bereit, die Traditionswerft zumindest vorübergehend zu stützen. "Wir würden helfen, wenn es notwendig ist", sagte Horch damals dem Abendblatt, als der Kauf immer unsicherer wurde. Der Wirtschaftssenator stellt nicht nur gute Worte und politischen Einfluss in Aussicht. "Wir können uns auch finanzielle Unterstützung in Form von Krediten und Bürgschaften vorstellen - aber nur für einen überschaubaren Zeitraum." Horch verwies in diesem Zusammenhang auf die mehr als 1400 Arbeitsplätze auf der Werft und die Bedeutung des Schiffbaus für den Standort Hamburg.

Abu Dhabi Mar versuchte zuletzt, die Finanzierung der Übernahme auf eine breitere Basis zu stellen. Das Unternehmen gehört Scheich Hamdan bin Zayed Al Nahyan, einem Mitglied der Herrscherfamilie des Emirats, und dem libanesischen Kaufmann Iskandar Safa. Es wurde sogar ein Staatsfonds aus Abu Dhabi mit eingebunden. Über den Kaufpreis hatten ThyssenKrupp und Abu Dhabi Mar Stillschweigen vereinbart. Ein zentrales Problem beim Verkauf von Werft, Maschinenbau und Reparatur dürfte sein, dass der Schiffbau bei ThyssenKrupp zuletzt nicht profitabel war. Anfang Mai hat Blohm + Voss mit dem Bau der ersten von vier Fregatten für die Deutsche Marine begonnen. Nun ist der Deal endgültig geplatzt.

Der gescheiterte Verkauf hat ThyssenKrupp am Freitag ins Minus gedrückt. Die Titel des Mischkonzerns gaben 2,1 Prozent auf 35,07 Euro nach und waren damit größter Verlierer im Dax. „Ob die finanziellen Auswirkungen so groß sein werden, bleibt abzuwarten, aber für die Stimmung ist das negativ“, sagte ein Händler. Das Scheitern der Gespräche mit dem Schiffbaukonzern Abu Dhabi Mar könnte den Prozess der Restrukturierung bei ThyssenKrupp ins Stocken bringen. Ein weiterer Börsianer nannte als Belastungsfaktoren für die ThyssenKrupp-Aktie zudem, dass sich Anleger nach der jüngsten Aufwärtsbewegung nun umorientierten. Seit der Erdbeben-Katastrophe in Japan Mitte März haben die Papiere mehr als 33 Prozent an Wert gewonnen. Auch die Meldungen über mutmaßliche Kartellabsprachen im Schienengeschäft drückten dem Händler zufolge die Aktie. Im MDax notierten die Titel von Salzgitter 0,4 Prozent fester. (abendblatt.de/dpa/Reuters)