Das für 2,55 Millionen Euro umgebaute Areal in St. Georg wurde eröffnet. Bezirksamtsleiter: “Wir wollen den Hansaplatz aufwerten.“
St. Georg. Auf das graue Betonpflaster unterhalb des 133 Jahre alten Brunnens hat jemand mit roter Farbe die Großbuchstaben LIEBE geschrieben. Daneben liegen Kronkorken, Glassplitter und Elektrokabel für die Wurst- und Getränkebuden. Tausende werden an diesem Wochenende zur Neueröffnung des Hansaplatzes darüber hinweggehen, ohne den feinen Sinn des Wortes gerade hier zu sehen. Weil am altehrwürdigen Hansaplatz die Auswirkungen der Geschäfte mit der käuflichen Liebe immer unerträglicher wurden, hat Hamburg den Platz für 2,55 Millionen Euro umgebaut. Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) hat den Platz am Freitagabend eingeweiht.
"Wir wollen den Hansaplatz aufwerten, er soll jetzt ein Platz sein, auf dem es Straßencafés und Restaurants gibt", sagt er. Durch die Belebung würden sich auch die Anwohner wieder wohlfühlen. Schreiber: "Wir haben es geschafft, die offene Straßenprostitution zu reduzieren."
Seit Ende 2009 wurde am Hansaplatz gebaut, seitdem gibt es den sogenannten "Freierkreisel" nicht mehr. Rot blinkende Elektropoller wachsen jetzt nachts aus dem Boden und verhindern, dass die Freier mit ihren Autos den Platz umkreisen. Die weiteren Umgestaltungen erscheinen durchaus liebevoll: Die gepflanzten Bäume geben dem Platz etwas Gemütliches. Alles wirkt sauber, geordnet und auch organisch.
Das findet auch das Ehepaar Schulz, das aus Würzburg kommend nach einem Musical-Besuch zum Hansaplatz kam und den alten Brunnen mit der Hansa bewundert. Die Hansa ist eine Allegorie auf die Hanse und erinnert die Touristen an den ähnlichen Brunnen in ihrer Stadt. "Schön wie die Frankonia in Würzburg", sagt Reiner Schulz, dem der Platz sehr gefällt.
Sonst sind die Urteile unterschiedlich. Den besten Blick hat Anja Zorika, die seit 40 Jahren im vierten Stock wohnt und von ihrem Eckbalkon einen Panoramablick über den Platz hat. "Es ist viel besser geworden, und es wird noch besser werden", sagt die 71-Jährige, die früher im Hotel Grün arbeitete. Das Hotel Grün, den Tante-Emma-Laden an der Ecke und auch den Schlachter gebe es nicht mehr. "Leider hat sich auch das Quartier geändert", sagt die Frau aus Kroatien und lächelt. "Früher war man hier in Deutschland, heute ist das alles orientalisch ..." Aber auch das werde besser werden.
So optimistisch ist der Postbote nicht, der den Platz seit 25 Jahren kennt und anonym bleiben will. Er zuckt mit den Schultern: "Den Platz hat man schon so oft umgestaltet. Ob das nun etwas bringt, wird sich zeigen." Dann deutet er auf die andere Seite des Platzes und sagt: "Heute kann man über den Platz rübergucken, und die Zuhälter können ihre Prostituierten besser kontrollieren."
Besonders gern und vor allem auch lange haben sich die meist osteuropäischen Zuhälter unter Mauervorsprüngen aufgehalten. Was eine Anwohner-Initiative zu heftigem Protest brachte. Das hat sich seit dem 1. April geändert. Seit dem Datum gilt eine Handlungsanweisung der Polizei, denn der heute so kuschelig erscheinende Platz liegt eigentlich im Sperrgebiet: Straßenprostitution ist verboten - doch in den sechs Bordellen, die am Hansaplatz oder gleich daneben liegen, erlaubt. Wer auf der Straße wiederholt bei der Arbeit von der Polizei erwischt wird, muss 200 Euro Bußgeld zahlen. Das wirkt nach Auskunft der Polizei auch. Die Handlungsanweisung ist einfach: "Wer ortsbekannt ist und schlüssig handelt, muss zahlen", sagt Polizeisprecher Mirko Streiber. Schlüssig handeln heißt? "Zum Beispiel rumstehen", sagt Mirko Streiber.
Der Anwohnerin Yvonne Goy gefällt der umgestaltete Platz gut. "Der hat jetzt schon eine gewisse Pariser Romantik", sagt sie. Noch charmanter wäre es ihrer Meinung nach gewesen, wenn der Bezirk Mitte historische Laternen aufgestellt hätte. "Die neuen Lichtmasten passen gar nicht", sagt sie.
Richtig sauer auf den Bezirk ist Isolde Werner, die seit vier Jahren den Spezialitätenladen "Alles Käse & Co." an der Ecke Hansaplatz/Ellmenreich-straße führt. "Der Bezirk hat vor das einzige Lebensmittelgeschäft hier den Toilettenwagen für die Festbesucher aufgestellt. Ich schicke dem Bezirk eine Rechnung", sagt sie. Den neuen Platz beurteilt sie als "totsaniert". Denn es fehlen Sitzgelegenheiten auf dem Platz. "Wo sollen wir uns denn dort hinsetzen?", fragt sie.