Achtung, FDP: Wer den Parteichef stürzt, braucht eine Alternative.

Die Bilder, die Guido Westerwelle strahlend mit der Hamburger Überraschungssiegerin Katja Suding zeigten, könnten die letzten dieser Art gewesen sein. Der Erfolg zum Auftakt des Superwahljahrs zählt nicht mehr. Nach dem März des Missvergnügens verlangt die Parteibasis nach Opfern, die größer sind als Bauern.

Die Landesvorsitzenden in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt, wo die FDP ins Bodenlose stürzte, gehören zu den prominentesten Bundespolitikern. Die stellvertretende Parteichefin Cornelia Pieper weckt seit Längerem Zweifel an ihren Fähigkeiten. Ihre Position hat sie dem Umstand zu verdanken, dass es an profilierten ostdeutschen Liberalen mangelt. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle verkörpert eine Energiepolitik, die nach Fukushima kaum noch Unterstützer hat. Sein Auftritt vor Industrievertretern, denen er die Wende in der Atompolitik als Wahlkampfmanöver verkaufte, hat die Glaubwürdigkeit der gesamten Bundesregierung beschädigt. Und für Birgit Homburger, die Fraktionsvorsitzende, stellen Parlamentsreden eine erhebliche Herausforderung dar. Ihr schlägt in der Partei die schärfste Kritik entgegen.

Bringt Westerwelle die Kraft auf, sich seiner umstrittensten Mitstreiter zu entledigen, hat er die Chance, beim Bundesparteitag im Mai wiedergewählt zu werden. Schafft er es nicht, sich auch nur von einem der drei Wahlverlierer zu trennen, dürfte er selbst das Opfer sein.

In einer Lage, die manche als Existenzkrise werten, sollte sich die FDP an die Umstände erinnern, unter denen Edmund Stoiber gestürzt wurde. Sein Ende lehrt: Wer einen Parteivorsitzenden auswechseln will, braucht einen Grund - und eine Alternative. Ein Grund ließe sich bei Westerwelle finden: die programmatische, strategische und personelle Verengung der FDP auf ein Thema (Steuersenkungen), einen Koalitionspartner (die Union) und eine Führungsfigur (sich selbst). Eine überzeugende Alternative haben die Liberalen allerdings ebenso wenig wie seinerzeit die CSU.

Christian Lindner, Philipp Rösler und Daniel Bahr sind jung in hohe Positionen gelangt: Generalsekretär, Bundesminister, Staatssekretär. Ihnen wird zugetraut, einmal das höchste Parteiamt zu bekleiden. Doch hat Entwicklungsminister Niebel recht, wenn er sagt, die Hoffnungsträger bräuchten noch ein paar Jahre, um ihre Fähigkeiten zu veredeln. Lindners Schnellschüsse in der Atompolitik, die Stammwähler verschrecken, belegen dies.