Trotz des Todes einer Patientin: Die Gesundheitsbehörde lässt Dr. K. weiter operieren. Ärzte in Schönheitskliniken werden nicht überwacht.
Hamburg. Luftlinie drei Kilometer. So weit ist es vom Kiez bis zur Alster-Klinik an der Rothenbaumchaussee. Diese Nähe ist laut Eigenwerbung ein Grund dafür, dass dort Brustoperationen mit besonders großen Implantaten angeboten werden. "Hamburg, das ist auch Reeperbahn und Kiez", heißt es im Internetauftritt der Schönheitsklinik. "Patientinnen äußern nicht selten den Wunsch nach besonders großen Brüsten." Dr. Martin K., in der Alster-Klinik zuständig "für die Innovation und die medizinische Entwicklung", hat sich daher auf Brustvergrößerungen mit Volumen von mehr als 600 Millilitern spezialisiert.
Die verstorbene Carolin Wosnitza wollte sich ein Implantat von rund 800 Millilitern einsetzen lassen, das einen Durchmesser von mehr als 20 Zentimetern haben dürfte.
Die OP missglückte. Bereits nach seinem ersten Schnitt habe ihm die Anästhesistin mitgeteilt, dass die Patientin einen Herzstillstand erlitten hatte, erklärte Martin K. gegenüber dem Abendblatt. Die Medizinerin habe daraufhin unverzüglich mit der Reanimierung inklusive einer Herzdruckmassage begonnen. Der 23-Jährigen sei Adrenalin injiziert und nach einer Viertelstunde sei ein Notarzt gerufen worden.
Dieser brachte die Bewusstlose ins Uni-Klinikum Eppendorf (UKE) und stellte Strafanzeige gegen die beiden Ärzte. Medienberichten zufolge habe er in den lichtstarren Pupillen der 23-Jährigen und den fehlenden Hirnstammreflexen Zeichen für zu späte oder falsche Reanimation erkannt. Die Klinik kontert in ihrer aktuellen Stellungnahme: geprüft werde vielmehr, warum der Notarzt erst 20 bis 25 Minuten nach Absetzen des Notrufs eintraf.
"Wenn ein Arzt einen anderen anzeigt, muss wirklich etwas im Argen gewesen sein", sagt Klaus Müller, Chefarzt der chirurgischen Abteilung in der Asklepios-Klinik Wandsbek, dazu.
Das ambulante Einsetzen besonders großer Implantate erhöhe das Risiko von Nachblutungen und Infektionen. "Weil das Risiko in den ersten 24 Stunden am größten ist, bleiben Patientinnen nach einer Brust-OP ein bis zwei Nächte", sagt er. Dass vieles schiefgehen kann in den sogenannten Privatkrankenanstalten, habe er häufig erfahren. Immer öfter müsse er die Brüste von Patientinnen korrigieren, die aus den Beauty-Kliniken - auch aus der Alster-Klinik - zu ihm kämen.
Tatsächlich werden die Ärzte, die in diesen Einrichtungen tätig sind, weder von der Ärztekammer noch von der Gesundheitsbehörde überwacht. Kontrolliert werden lediglich die Einhaltung der Hygieneverordnung (durch das Bezirksamt) und der Zustand der medizinischen Geräte (durch die Behörde). "Nur bei dem Beantragen ihrer Konzession müssen die Kliniken vorweisen, dass sie entsprechend ausgebildete Ärzte beschäftigen", sagt Rico Schmidt, Sprecher der Gesundheitsbehörde, die K. weiter operieren lässt. "Erst wenn sich Erkenntnisse über klare ärztliche Verstöße erkennen lassen, wird ein Ruhen der ärztlichen Approbation angeordnet", sagt Schmidt. "Im Zweifel gilt die Unschuldsvermutung." Die Asklepios-Klinik agiert vorsichtig. "Wenn gegen einen unserer Ärzte auch nur der Anfangsverdacht einer fahrlässigen Tötung vorläge, dürfte der Betreffende bis zur Aufklärung nicht an den OP-Tisch zurück", sagte Asklepios-Sprecher Rudi Schmidt.
Abschreckend wirkt der Tod von Carolin Wosnitza offensichtlich nicht. Im Internet gibt eine von K.s Patientinnen an: "Ich hatte am 18. Januar mein Beratungsgespräch bei Dr. K. Bin super zufrieden. Im März lasse ich mich ohne Bedenken operieren."