Der Arbeitsvermittler Hüseyin Aydin ist der Meinung, man müsse die Migration regulieren
Hüseyin Aydin sitzt in Büro 2.29. Ein roter Zettel hängt an seiner Bürotür. "Beratung" steht darauf. Hüseyin Aydin ist 36 Jahre alt, seit vier Jahren arbeitet er für die Arbeitsagentur Harburg. Er wurde nicht nur eingestellt, weil er Volkswirtschaft studiert hat, höflich und effektiv ist. Sondern auch, weil seine Eltern Türken sind und er die Sprache beherrscht.
Aydins Eltern kamen in den 60er-Jahren nach Hamburg, sie waren ungelernte Arbeiter, sie kamen nach Deutschland, weil sie hier den Wohlstand vermuteten. Der Vater arbeitete bei der Norddeutschen Affinerie auf der Veddel, zusammen mit vielen anderen Türken. Sie sprachen Türkisch in den Arbeitspausen. Und zu Hause sprach die Familie Aydin auch Türkisch. Eigentlich sprechen seine Eltern bis heute nicht gut Deutsch, sagt Hüseyin Aydin. Mittlerweile ist sein Vater Rentner.
Aydin hat sein akzentfreies Deutsch von seinen Geschwistern gelernt, er war das dritte von vier Kindern. Seine Eltern sagten ihm, Schule sei alles, er solle sich anstrengen. Er strengte sich an, machte Abitur, studierte, bewarb sich. Er schrieb über 100 Bewerbungen, ohne Erfolg. "Ich glaube schon, dass man mit ausländischem Aussehen und Namen Nachteile bei Bewerbungen hat", sagt er. Heute ist er froh, dass er bei der Arbeitsagentur als Arbeitsvermittler gelandet ist. Hier kann er etwas tun für Integration.
Hier in der Arbeitsagentur Hamburg, Geschäftsstelle Harburg. Von den knapp 10 200 Arbeitslosen im August war jeder Dritte Ausländer. Von den 7600 Hartz-IV-Empfängern war ebenfalls jeder Dritte Ausländer. Das sind die höchsten Werte aller Bezirke in Hamburg. Der Ausländeranteil in Harburg liegt bei 15,5 Prozent. 24 000 Ausländer leben in dem Bezirk. Der Anteil der Menschen, die einen Migrationshintergrund haben - und teilweise einen deutschen Pass -, beträgt 35 Prozent.
"Thilo Sarrazin hat mit vielem recht", sagt der nette Herr Aydin. Er sagt über Integration Dinge, die auch in Sarrazins Buch stehen könnten. "Wir brauchen hier im Land keine Ungelernten", sagt er. Die Anreize, als Ungelernter Arbeit in Deutschland aufzunehmen, seien viel zu gering. Man müsse Migration regulieren, sodass nur qualifizierte Arbeitnehmer nach Hamburg kommen.
Aydin wurde auch eingestellt, damit er türkische Migranten besser betreuen kann. Die Arbeitsagentur will in den kommenden Monaten mehr Menschen mit Migrationshintergrund einstellen. Menschen wie Hüseyin. Viele arbeitslose Ausländer seien betreuungsresistent, weil sie nicht Deutsch sprächen, sagt er. Wütend macht ihn, wenn Türken nach 30 Jahren in Deutschland noch nicht die Sprache beherrschen. Außerdem sagt er: "Es gibt viele Türken in Hamburg, bei denen der Bildungsehrgeiz nicht ausgeprägt ist."
Letztens hat er gelesen, dass Einwanderer in Israel binnen weniger Monate die Sprache können müssen, sonst müssen sie wieder gehen. Nicht schlecht findet er das. "Die Einwanderung nach Deutschland war über Jahrzehnte zu einfach. Die Politik ist viel zu lasch gewesen", sagt er.
Aydin ist jedoch häufig auch machtlos. Die Arbeitsvermittler dürfen Migranten nicht zu Integrationskursen schicken, das dürfen nur die Jobcenter für Langzeitarbeitslose tun. Und häufig, sagt Aydin, vermittelt er Menschen, die nicht Deutsch können, einfach an Landsleute. Einen Türken zu einem türkischen Restaurantbesitzer in die Küche. Ein Beitrag zur Integration ist das nicht, sagt Aydin. Aber was soll er machen? Im Dezember organisiert er eine "Woche der Migration" - Migranten können sich dann in der Arbeitsagentur über Jobs, Bewerbungstrainings und Förderungen informieren. Es liege an den Migranten, daraus etwas zu machen - trotz aller Probleme. Hüseyin Aydin sagt, dass er es als Volkswirt völlig in Ordnung findet, Kosten und Nutzen der Integration zu betrachten.
In diesem Jahr will Hüseyin Aydin heiraten, seine Frau ist auch Migrantin, zu Hause sprechen sie Deutsch. Manchmal wechseln sie ins Türkische. Er sagt: "Ich fühle mich als Deutscher."