Auf der größten Schlagerparade Deutschlands haben hunderttausende Fans bis zum frühen Sonntagmorgen gefeiert.

Hamburg. Wenn ein ganzer Schwarm „Biene Maja“ über das Heiligengeistfeld schwirrt und mannsgroße Schlümpfe Bier aus Dosen trinken, wenn „Speedy Gonzales“ und „Pretty Belinda“ sich ein Stelldichein geben, wenn es „Hossa Hossa“ von geschmückten Lastwagen schallt und „Ein Bett im Kornfeld“ nicht fehlt ­ dann ist wieder Schlagermove in Hamburg. Bei angenehmen Temperaturen haben am Samstag hunderttausende schrill verkleidete Hanseaten und Gäste im Geist der 1970-er Jahre die 14. Ausgabe der größten Schlagerparade Deutschlands auf den Straßen des Stadtteils St. Pauli gefeiert.

Zwischen Millerntor, Landungsbrücken und Reeperbahn jubelten sie beim „Festival der Liebe“ 44 Musik-Trucks mit tanzenden und winkenden Mitfahrern zu. Bis in den Abend tuckerten die Fahrzeuge über eine 3,3 Kilometer lange Strecke. Menschen mit knallbunten Perücken, Riesen- Sonnenbrillen, Hawaiiketten in allen Regenbogenfarben, Hotpants und Schlaghosen schwenkten Plastiksonnenblumen und Luftballons. Die Veranstalter schätzten 500 000, die Polizei rund 300 000 Teilnehmer.

Die Ordnungshüter mussten wegen Streitigkeiten und Körperverletzungen in Folge von Alkoholkonsum nur selten einschreiten. „Wir nahmen 17 Personen vorläufig fest und setzten 17 Personen in Gewahrsam“, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. Feuerwehr und Rettungsdienste leisteten in fast 500 Fällen Hilfe - etwa bei Schnittwunden.

SCHÖNE MAID UND FIESTA MEXICANA

„Hier kann ich mich davon erholen, das ganze Jahr über ernst genommen zu werden“, schwärmt Deutsch- und Geschichtslehrer Daniel. Der 26-Jährige ist aus Dülmen im Münsterland angereist und trägt Langhaarperücke, runde Nickelbrille, goldenes Rüschenhemd und rote Hosen. „Ich bin John Lennon“, sagt er grinsend und prostet seinem Kumpel Alex (27) zu, der sich für haargenau das gleiche Outfit entschieden hat. Beide sind zum zweiten Mal dabei.

Genau wie die Verkaufstrainerin Martina aus Bonn. „Ich bin Wiederholungstäterin“, ruft die 46-Jährige im bodenlangen Hippiekleid in Neonfarben und mit großen Ohrringen, „das ist wie rheinischer Karneval.“ Mit Freunden hat sie einen Platz auf einem der Trucks ergattert, die von Privat- und Geschäftsleuten betrieben werden.

Bereits am Freitagabend hatte das Festival mit einer Warm-Up-Party auf dem Heiligengeistfeld begonnen. In bester Sommeratmosphäre hatten sich rund 9000 Fans in und vor fünf Zelten von DJs und Live- Auftritten einheizen lassen. In der Nacht zum Sonntag endete dort der Event mit einer Aftermove-Party, auf der Stars wie Bata Illic, Kristina Bach, Tina York und Markus 13 500 zahlende Gäste begeisterten. Den Schlagerfreunden gingen während der Riesensause Oldie-Ohrwürmer wie „Er hat ein knallrotes Gummiboot“, „Er gehört zu mir“ oder „In München steht ein Hofbräuhaus“ ins Blut. Der Verkauf von Fanartikeln, Bier und Bratwurst sorgte für Umsatz.

Aus einer Idee von Freunden geboren, hatte der erste Schlagermove 1997 bereits 14 Trucks und einige zehntausend Fans angezogen. Seither haben laut Sprecher Axel Annink von der Hossa-Hossa Veranstaltungsgesellschaft rund fünf Millionen Schlagerfreunde die Riesenfete gefeiert. Im Großen und Ganzen gehe es immer friedlich zu, sagt Annink: „Das Besondere der Stimmung rührt wohl auch daher, dass hier alle Generationen mitmachen ­ von der Oma bis zum Enkel. Alle amüsieren sich zusammen über den Kitsch von Gestern. Da kommt kaum Aggression auf. Da siegen Toleranz und Frohsinn.“