Jugendämter griffen 2009 deutlich häufiger in Familien ein. Die Zahl der in Obhut genommenen Kinder stieg in Hamburg um sieben Prozent.

Hamburg. Die Jugendämter in Deutschland haben im vergangen Jahr deutlich häufiger Kinder und Jugendlich in Obhut genommen. Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, wurden 33.700 Kinder und Jugendliche in Obhut genommen. Das waren 4,5 Prozent mehr als 2008. Im Vergleich zu 2004 stieg die Zahl um 30 Prozent. In Hamburg ist die Tendenz stärker: 7 Prozent mehr Kinder und Jugendliche wurden im Vergleich zu 2008 vom Jugendamt in Obhut genommen.

Eine Inobhutnahme ist eine kurzfristige Maßnahme der Jugendämter zum Schutz von Kindern und Jugendlichen, die sich in einer akuten, gefährlichen Situation befinden. Auf eigenen Wunsch oder aufgrund von Hinweisen der Polizei, Betreuern oder Erziehern kann das Jugendamt diese gefährdeten Kinder in Heimen unterbringen.

In den vergangenen Jahren sorgten immer wieder Fälle von tödlicher Misshandlung oder extremer Vernachlässig für Schlagzeilen, bei denen die Jugendämter die Kinder nicht rechtzeitig aus den Familien genommen hatten. Seit Anfang 2005 gilt eine Erweiterung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, das Jugendämter verpflichtet, ihren Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung wahrzunehmen. Sie müssen die Risiken für einzelne Kinder abschätzen und mit anderen Institutionen - etwa Kindergärten - zusammenarbeiten, um diese Kinder zu schützen.

Eine starke Zunahme war jedoch bei den Kindern und Jugendlichen zu sehen, die unbegleitet eingereist sind. Betraf dies im Jahr 2008 noch 1100 Jugendliche, waren es 2009 bereits 1950. Eine Steigerung von 77 Prozent. Auffällig war, dass es sich zu 83 Prozent um männliche Jugendliche handelte. Auch In Hamburg stieg die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die wegen unbegleiteter Einreise in Obhut genommen wurden, hier sogar um 300 Prozent.

Knapp 27 Prozent der in Obhut genommenen Kinder und Jugendlichen waren zuvor aus der eigenen Familie, einem Heim oder einer Pflegefamilie ausgerissen. Dabei war der Anteil der Ausgerissenen bei Mädchen mit 30 Prozent höher als bei Jungen mit 22 Prozent. Der Anteil der jungen Ausreißer ging allerdings in den vergangenen Jahren zurück, 2004 betrug deren Anteil noch insgesamt 34 Prozent.

Deutliche Veränderungen gab es auch bei der Altersstruktur: Der Anteil der unter Dreijährigen an allen in Obhut genommenen Minderjährigen steigerte sich im vergangenen Jahr gegenüber 2008 noch um 3,1 Prozent und gegenüber 2004 sogar um 90,4 Prozent. Dagegen verringerte sich gegenüber 2008 der Anteil der Drei- bis Sechsjährigen an allen in Obhut genommenen Minderjährigen (minus drei Prozent) sowie der Anteil der Sechs- bis Neunjährigen (minus 12,5 Prozent). Die Inobhutnahme der 16- bis 18-Jährigen (plus 12%) sowie der Anteil der 14- bis 16-Jährigen (plus 5,1%) hat 2009 im Vergleich zum Vorjahr zugenommen.