In Niedersachsen stieg die Zahl der Minderjährigen, die in Obhut genommen wurden, auf 2588 Fälle. Das entspricht einem Anstieg um 15,8 Prozent im Vergleich zu 2007. Insgesamt wurden in Deutschland 32.300 Kinder aus ihren Familien genommen.

Hannover. Die Jugendämter in Niedersachsen haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Minderjährige in Obhut genommen. Die Zahl stieg im Vergleich zu 2007 um 15,8 Prozent auf 2588 Fälle. Das gab das Sozialministerium in Hannover bekannt. „Das ist auch Indiz für eine größere Wachsamkeit im Umfeld der betroffenen Kinder und Jugendlichen, also bei Nachbarn, Freunden, Bekannten, in der Familie und bei Behörden“, erklärte Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU). „Kinder- und Jugendschutz geht alle an. Hingucken kann Schlimmeres verhindern.“ Die Zahl der Sorgerechtsentziehungen stieg um vier Prozent auf 1274 Fälle.

Auch auf Bundesebene insgesamt gibt es einen deutlichen Anstieg. Die Zahl der Inobhutnahmen belief sich im vergangenen Jahr auf 32.300, ein Anstieg um 14,4 Prozent (Statistisches Bundesamt). Im Vergleich zum Jahr 2005 war dies demnach sogar eine Steigerung um 26 Prozent. Jugendämter nehmen die Kinder bei einer akuten, sie gefährdenden Situation in Obhut. Sie werden meistens für Stunden oder einige Tage etwa in einem Heim untergebracht. Die Jugendämter holen immer mehr Kinder und Jugendliche kurzfristig zum Schutz aus ihren Familien. Die Zahl der Inobhutnahmen hatte den Angaben zufolge zur Jahrtausendwende bereits bei mehr als 31.000 gelegen, war dann aber bis 2005 auf gut 25.000 gesunken. Seither stieg die Zahl wieder deutlich an. Unter Berücksichtigung der zurückgehenden Zahl junger Menschen in der Bevölkerung zeigt sich auch im Vergleich zum Jahr 2000, dass im Verhältnis mehr Kinder in Obhut genommen werden: Im Jahr 2000 waren es 20 von 10.000 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren, im Jahr 2008 bereits 23 von 10.000.

In den vergangenen Jahren wurden zudem deutlich mehr Kleinkinder aus ihren Familien genommen. Der Anteil der unter Dreijährigen an allen in Obhut genommenen Minderjährigen verdoppelte sich von fünf Prozent im Jahr 2000 auf zehn Prozent im vergangenen Jahr. Bei den Drei- bis Achtjährigen stieg der Anteil im gleichen Zeitraum von neun auf 14 Prozent. Der mit Abstand meistgenannte Anlass für die Inobhutnahme war die Überforderung der Eltern in 44 Prozent aller Fälle. In 24 Prozent der Fälle waren Vernachlässigung beziehungsweise Anzeichen für Misshandlung oder für sexuellen Missbrauch festgestellt worden.