Nur bei der Frage nach Hamburgs Verantwortung gegenüber den USA sind die Fraktionen uneins
Hat Hamburg wegen der Vorgeschichte der Terroranschläge im Jahr 2001 eine besondere Verantwortung, sich an der Schließung des US-Gefangenenlagers Guantánamo zu beteiligen? Über die Äußerung von Senatssprecherin Kristin Breuer, die genau diese Verantwortung betont hatte, sind sich die Bürgerschaftsfraktionen nicht einig. Einige der Terroristen um Mohammed Atta, die am 11. September 2001 knapp 3000 Menschen in New York und Washington mit in den Tod rissen, hatten zeitweise in der Marienstraße in Harburg gelebt.
Kai Voet van Vormizeele (CDU) sagte dazu: "Der Gedanke der besonderen Verantwortung aus der Geschichte heraus war mir so bisher nicht gekommen." Man könne aber durchaus darüber nachdenken. "Ich kann nicht sehen, dass in Hamburg 2001 Fehler gemacht worden sind." Die Tatsache, dass die Attentäter in Hamburg gelebt haben, sei vielmehr dem Zufall geschuldet gewesen. Mit der Entscheidung des Senats könne er aber "gut leben". Er teile nicht die Befürchtung, dass es sich bei dem ehemaligen Häftling um einen "Gefährder" handele. "Wenn er schuldig gewesen wäre, wäre er von den Amerikanern angeklagt worden."
Antje Möller (GAL) hält es "in allererster Linie aus humanitären Gründen geboten, dass Hamburg einen Häftling aus Guantánamo aufnimmt". Das Lager auf Kuba sei ein "Schandfleck für die Idee der Rechtsstaatlichkeit", weil dort Verdächtige ohne Anklage und auf unbestimmte Zeit interniert würden. Auch sei es sicher richtig, dass Hamburg eine besondere Verantwortung gegenüber den USA hat, weil einige der Attentäter zeitweise hier lebten.
Andreas Dressel (SPD) trägt die Auffassung des Senats mit: "Hamburg hat aus der Vorgeschichte des 11. September 2001 eine besondere Verantwortung." Zum einen gegenüber den USA, deshalb sei es richtig, dass Hamburg helfe, das "Unrechtsgefängnis Guantánamo abzuwickeln". Zur Verantwortung aus "9/11" gehöre es aber genauso, islamistische Tendenzen vor der eigenen Haustür zu erkennen und ihnen entgegenzutreten. "Bei dieser Baustelle ist für eine Entwarnung kein Anlass, das hat der Verfassungsschutzbericht gezeigt", betonte Dressel.
Der SPD-Politiker forderte Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) auf zu begründen, warum die Aufnahme die Sicherheit in Hamburg nicht gefährde. Bisher habe der Senator Parlament und Öffentlichkeit trotz Nachfragen im Unklaren gelassen, obwohl hinter den Kulissen bereits sondiert worden sei. Dressel zitierte zudem eine Ahlhaus-Äußerung von Ende 2008: "Deutschland darf nicht das Land werden, in das aus aller Welt Terroristen abgeschoben werden."
Christiane Schneider (Die Linke) hält die Tatsache, dass die Attentäter in Hamburg gewohnt haben, "für Zufall". Sie sieht eine andere Verantwortung. "Hamburg ist eine weltoffene Stadt, die gefordert hat, dass das Lager aufgelöst wird. Deshalb finde ich es völlig in Ordnung, dass auch jemand nach Hamburg kommt", sagte Schneider. "Wenn es dazu beitragen kann, das Lager aufzulösen, kann Hamburg auch noch weitere Häftlinge aufnehmen."
Auch der Hamburger FDP-Bundestagsabgeordnete Burkhardt Müller-Sönksen begrüßt die Entscheidung: "Die Aufnahme ehemaliger Häftlinge, gegen die keinerlei strafrechtlicher Vorwurf zu erheben ist, ist folgerichtig und konsequent."