Die erfolgreiche Hamburger Modekette Tom Tailor kauft Wettbewerber Bonita und will expandieren. Neuer Großaktionär aus Liechtenstein.
Hamburg. Seit Ostern hat Dieter Holzer verhandelt. Ganz diskret und in aller Stille fädelte der Vorstandschef von Tom Tailor den größten Zukauf in der Unternehmensgeschichte der Hamburger Modekette ein. Mitte dieser Woche war das Geschäft dann perfekt: Die Hanseaten übernehmen den nordrhein-westfälischen Rivalen Bonita mit fast 1000 Filialen. "Damit werden wir auf einen Schlag zu einem Schwergewicht im europäischen Modemarkt", sagte Holzer auf einer gestern angesetzten Telefonkonferenz in der Hansestadt. Beide Unternehmen gemeinsam kommen auf einen Umsatz von rund 790 Millionen Euro und rangieren damit auf Platz sieben der größten deutschen Modefirmen, noch vor GerryWeber und der CBR-Gruppe, zu der Marken wie Street One, Cecil oder One Touch zählen.
Aus der Sicht von Holzer ergänzen sich die Firmen hervorragend. Bisher konkurrierte Tom Tailor nämlich mit Unternehmen wie H&M, Zara und Esprit vor allem um eine junge Kundschaft. Legere Freizeitkleidung, Poloshirts oder Jeans für Männer sind die Spezialität der Hamburger. Bonita bietet hingegen überwiegend Damenmode für die wachsende Käufergruppe jenseits von 40 Jahren an. "Diese Zielgruppe verfügt über eine ausgesprochen hohe Kaufkraft", sagte Holzer. Zugleich gebe es in dem Segment nur wenige etablierte Anbieter. Tom Tailor werde durch den Zukauf daher schneller und profitabler wachsen.
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Holzer erklärte, dass die Marken klar getrennt bleiben: Ware von Tom Tailor komme nicht in Bonita-Läden und umgekehrt. Die Zusammenarbeit wird vor allem hinter den Kulissen stattfinden: Bonita hat am Stammsitz Hamminkeln am Niederrhein ein gigantisches Verteilzentrum, das alle Läden von Tom Tailor mitversorgen kann. Umgekehrt könne Bonita vom gemeinsamen Einkauf über das Tom-Tailor-Beschaffungsbüro in Asien profitieren.
Einen Arbeitsplatzabbau wird es durch die Übernahme laut Holzer nicht geben. Eher sei mit zusätzlichen Stellen durch das weitere, gemeinsame Wachstum zu rechnen. So wollen die beiden Modeanbieter jährlich insgesamt etwa 100 neue Filialen eröffnen. Auch für eine Auswechslung des Managements sieht der Tom-Tailor-Chef keinen Anlass. Das 1969 von Günter Biegert gegründete Unternehmen Bonita betreibt mit derzeit rund 4500 Mitarbeitern mehr als 960 eigene Läden. Die niederrheinische Firma verkauft ihre Mode neben Deutschland auch in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, Belgien und Polen und ist hochprofitabel. Im abgelaufenen Jahr setzte Bonita knapp 380 Millionen Euro um; der bereinigte Betriebsgewinn (Ebitda) betrug knapp 60 Millionen Euro.
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Mit einer bereinigten Gewinn-Marge von 15,7 Prozent gehört Bonita zu den profitabelsten Unternehmen der Branche. Tom Tailor kam zuletzt auf eine etwas niedrigere Rendite von 11,7 Prozent. "Wir erwarten daher eine beträchtliche Ergebnissteigerung", sagte Holzer. Schon im laufenden Jahr werde der Konzernumsatz deutlich steigen und das bereinigte Ebitda 70 bis 75 Millionen Euro betragen.
Verkäufer von Bonita ist eine gemeinnützige Versorgungs- und Förderungsstiftung mit Sitz in Vaduz/Liechtenstein. Sie erhält 220 Millionen Euro, davon 150 Millionen Euro in bar und den Rest in Tom-Tailor-Aktien aus einer Kapitalerhöhung. Wer genau sich hinter der Organisation verbirgt, wollte Holzer allerdings nicht sagen.
Dabei wird die Stiftung mit einem Anteil von 24,9 Prozent zum größten Einzelaktionär der Hamburger Kette aufsteigen und liegt so nur knapp unter der Sperrminorität, die ihr ermöglichen würde, wichtige Entscheidungen bei Tom Tailor zu blockieren. Mit dem neuen Großaktionär sei aber vereinbart worden, dass die Anteile mindestens drei Jahre gehalten werden müssten und in dieser Zeit auch nicht weiter erhöht werden dürften, betonte Holzer. Einen Posten im Aufsichtsrat strebe der Stiftungsvorstand nicht an. Das Kontrollgremium wird derzeit von Tom-Tailor-Gründer Uwe Schröder geleitet, der über die Gesellschaft Morgan Finance bislang größte Anteilseigner.
An der Börse kam die Übernahme gestern gut an. Die Papiere des im SDAX gelisteten Unternehmens stiegen um rund fünf Prozent, blieben damit aber noch immer unter der Erstnotiz im Frühjahr 2010. "Tom Tailor stellt sich durch den Zukauf breiter auf und hat auch nicht zu viel für den Konkurrenten gezahlt", sagte der Hamburger Analyst Carsten Mainitz von SRH AlsterResearch. Einige Händler äußerten allerdings Zweifel, ob die Hanseaten tatsächlich in der Lage sind, das Geschäft zu stemmen.
Tom-Tailor-Chef Holzer macht sich jedenfalls schon Hoffnungen, bald in die nächsthöhere Börsenliga, den MDAX, aufsteigen zu können. Dies wird aus Sicht von Analyst Mainitz aber noch mindestens zwei Jahre dauern.